Auf den Punkt. gebracht #14.25 : General M über das Problem Roman Reigns und Vince McMahon’s mangelnden Zeitgeist

Warnung: Die folgende Kolumne setzt sich auf satirische Weise mit dem Geschehen innerhalb der WWE auseinander. Ja, wir müssen das tatsächlich immer noch jedes Mal schreiben, wenn General M einen Kommentar verfasst. 

Warnung 2: Die folgende Kolumne ethält Spoiler zum Matchausgang des Main Events von WWE Fastlane 2016. Aber hey…den kannten wir auch schon, bevor die Show gestartet ist, oder? 

Heute spare ich mir mal den Witz. Ich spare mir Bilder, bunte Grafiken und den ganzen anderen Scheiß, der den ein oder anderen Leser vielleicht dazu verleiten mag, diese Seite zu besuchen oder einen Blick auf meine Arbeit zu werfen. TL;DR? Von mir aus. 

Im Jahre 2012 tauchte Roman Reigns erstmals als Teil von „The Shield“ im WWE Programm auf. Die Gruppe um Seth Rollins, Dean Ambrose und besagtem Roman Reigns harmonierte aufgrund des wunderbaren Zusammenspiels dreier völlig verschiedener Charaktere. Und die Zuschauer mochten es. Wie es aber bei erfolgreichen Stables zumeist üblich ist, werden sie irgendwann aufgelöst und jedes Mitglied folgt, mal mehr und mal weniger erfolgreich, dem Weg einer Solokarriere. Seth Rollings schlüpfte in die Rolle des Verräters und chronischen Feiglings, der von der Macht der Authority korrumpiert wurde und damit im Grunde so eine Art Darth Vader der WWE darstellte, bis er verletzungsbedingt aus dem Main Event ausschied und eine längere Auszeit antrat, die bis Heute andauert. Dean Ambrose wurde mit seinem Gimmick des „Lunatic Fringe“ zum Publikumsliebling, auch und besonders bei weiblichen Zuschauern, denen Daniel Bryan seinerzeit zu wenig nach Penner aussah, die Wyatt Family dagegen zu stark. Auch er kann Erfolge vorweisen und wird sicher über die nächsten 10 Jahre bei richtigem Einsatz das Geschehen innerhalb der WWE entscheidend mitbestimmen. Und dann haben wir da Roman Reigns.  Das eher schweigsame Powerhouse von „The Shield“. Als Teil der Gruppierung hat er sich sinnvoll in seine Rolle eingefügt, vor allem seine Schwächen am Mikrofon konnten von Ambrose ebenso ausgeglichen werden wie seine eher limitierten Fähigkeiten im Ring von Rollins aufgefangen wurden. Gleich zu Beginn stand fest, dass Reigns zum absoluten Main Eventer der Company gepusht werden sollte, besonders auf Bestreben von Vince McMahon, der trotz zahlreicher Komplikationen (um es mal vorsichtig auszudrücken) an diesem Plan festhält.

Dabei kam Reigns seinerzeit frisch aus dem WWE Performance Center und hatte abgesehen von einer kurzen Football – Laufbahn keinerlei Erfahrung im Wrestling gesammelt. Anders dagegen Ambrose und Rollins, die bereits seit Jahren erfolgreich im Indy – Bereich tätig waren. Warum also gerade Roman Reigns, der Grünspan der Gruppe? Die Antwort auf diese Frage lautet auch hier wieder mal Vince McMahon. Auch Braun Strowman, dem laut aktuellen Meldungen in Zukunft ein bedeutsamer Push in den Main Event bevorsteht (ratet mal, auf wessen Bestreben), hat vorher nie in einem Ring gestanden, sondern verdiente sich seine Brötchen im Strongman – Bereich. Und genau wie bei Roman Reigns zu seinen Anfängen, debütierte auch Strowman im Rahmen eines Stables, um Erfahrung zu sammeln und gleichzeitig seine mangelnden Fähigkeiten zu kaschieren. Das funktioniert dann aber auch nur solange, bis der Fokus so stark auf eine einzelne Person gelenkt wird, dass Mängel alles sind, nur nicht mehr kaschierbar.  

Die großen Jungs haben Vince schon immer imponiert. Möglichst riesenhaft müssen sie sein, möglichst muskulös. Talent spielt nur eine untergeordnete Rolle. Leute wie beispielsweise Daniel Bryan, die seit jüngsten Jahren überall auf der Welt Erfahrung gesammelt haben und über großes Talent verfügen, finden trotz allem nur selten Anklang beim Chef. Anders als bei NXT, wo die kreative Kontrolle bei Triple H liegt und wo man als talentierter Athlet gefördert wird, ganz gleich über welche Statur man verfügt, ist man bei allem anderen hemmungslos der Gunst von Vince McMahon ausgesetzt, ebenso seinen zahlreichen Launen und der längst veralteten Denkweise. Die Zeit, wo erfolgreiche Wrestler aussehen mussten wie Klone von „He-Man“ sind seit den Achtzigern vorüber. Der Markt hat sich spätestens seit dem Millennium mehr und mehr verändert und geht hin zu einer jüngeren, eher schlanker gebauten Generation von Athleten. Diese Veränderung ist an Vince McMahon leider vollständig vorüber gegangen, oder aber wird bewusst ignoriert. Denn anders sind Verpflichtungen wie seinerzeit die von „The Great Khali“ ebenso unerklärlich wie der anstehende Push von Braun Strowman oder dem eisenharten Festhalten an Roman Reigns.

Roman Reigns arbeitet bemüht. Er erträgt die Reaktionen tapfer, muss er ja auch. Selbst ich würde mir nach so vielen Buhrufen irgendwann eine Flasche Scotch an der Tankstelle kaufen und mir stockbesoffen und weinend vor dem PC einen runterholen, um all das irgendwie zu vergessen. Das er hart arbeitet, kann man ihm nun wirklich nicht abschlagen. Er fügt sich in die Rolle ein, die ihm zugeteilt wurde und sollte sich eigentlich freuen, dass ihn eine so heroische Zukunft erwartet. Und man könnte meinen, dass eben alles so ist, wie es in der WWE meist immer gewesen ist: Ein großer, aber eher untalentierter Recke debütiert, stößt bei den Fans aber auf wenig Gegenliebe. Doch mit der Zeit arrangiert man sich als Fan mit dem Präsentierten. Man frisst es, akzeptiert es und hofft, dass die Sache spätestens dann ausgestanden ist, wenn besagter Athlet John Cena zum Fraß vorgeworfen wird. Bei Roman Reigns gestaltet sich die Sache aber ungleich schwieriger.

Denn zum einen weiß der Fan dank des Internets gut über die Hintergründe im Wrestling Bescheid, er kennt die zukünftigen Pläne und deren Hintergründe. So weiß er eben auch, dass Roman Reigns nicht aufgrund seines Talents in den Main Event – Himmel gepusht werden soll, sondern eben nur, weil Vince McMahon es so möchte. Der lautstarke Protest der Fans ist daher nicht nur als Protest gegen Roman Reigns zu verstehen, sondern eben auch als Protest an die Denk- und Handlungsweise des Vince McMahon, die irgendwo in grauen Vorzeiten steckengeblieben ist. Zumal auf der anderen Seite wie erwähnt weitaus talentiertere und erfahrenere Superstars in der Midcard verweilen und absichtlich kleingehalten werden, obwohl die sich jahrelang den Arsch aufgerissen haben, während ein Braun Strowman quasi von der Straße geholt wird und lediglich aufgrund seiner Körpermasse gefördert wird. Auch das stößt den Meisten mittlerweile sauer auf.  

Zum anderen hat selbst der uninformierte Fan gemerkt, mit welcher teilweise unrealistischen Beharrlichkeit Roman Reigns an die Spitze geschoben wurde, obwohl er dafür auch im Jahr 2016 längst noch nicht bereit erscheint. Noch immer wirkt der Charakter Roman Reigns blass und erinnert in seinem Auftreten wie der letzte Rest von „The Shield“, der im Gegensatz zu Ambrose und Rollins, die sich in Sachen Gimmick von der Vergangenheit ausgezeichnet lösen konnten nicht weiß, wer genau er ist. Alleine die Tatsache, dass er noch immer das alte Entrance Theme und ein nur wenig verändertes Ring – Attire aufträgt, zeugen von diesem Problem. Obwohl Reigns zum Ende des vorletzten Jahres zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt verletzungsbedingt ausfiel, erhielt er später den Slammy zum Superstar of the Year. Dass diese Wahl natürlich so getürkt war wie eine Wahl in Nordkorea, daran besteht aufgrund der schieren Offensichtlichkeit gar kein Zweifel. Dann war da natürlich noch der Sieg im Royal Rumble, der sehr zu Reigns Pech so schlecht gebookt worden war, dass spätestens da niemand mehr ernsthafte Sympathien für Reigns aufbringen wollte. Daran konnte auch ein eilig herbeigerufener Dwayne Johnson nichts mehr ändern. Wären die Reaktionen seinerzeit positiv ausgefallen, hätte Reigns wohl bei WrestleMania 31 den Titel gewonnen. Aber damals musste man einsehen, dass zum augenblicklichen Zeitpunkt der Push von Reigns so schlecht umgesetzt wurde, dass ein Sieg sehr weitreichende negative Konsequenzen mit sich gebracht hätte. Also gab man Rollins den Titel und nahm sich vor, Reigns im Folgejahr endgültig an die Spitze zu pushen.

Dieser Zeitpunkt ist nun da. Aber die Fans haben es sich mittlerweile abgewöhnt, vorgesetzte Kost einfach zu schlucken. Sie buhen immer noch, sogar lautstark. So lautstark, dass man mittlerweile (wie bei Fastlane wunderbar zu sehen) einfach den Lautstärkepegel nach unten dreht, damit die zahlreichen Buhrufe im Publikum nicht hörbar sind, während die Kommentatoren den Sieg von Reigns eiskalt hypen, als würde um sie herum gerade etwas ganz anderes geschehen. Niemand ist mehr bereit, fragwürdige Entscheidungen so einfach hinzunehmen, wie es früher womöglich noch der Fall gewesen ist. Mittlerweile wird man sich auch, abgesehen von der Chefetage, innerhalb der WWE eingestanden haben, dass der Charakter Roman Reigns nicht mehr als Top – Babyface zu etablieren ist. Das Problem ist nur, man kann jetzt auch nicht mehr zurück. Selbst, wenn Vince McMahon über Nacht von drei Geistern heimgesucht werden würde, wäre das egal. Denn jetzt wieder alle Pläne über den Haufen zu werfen, würde für die WWE einen Gesichtsverlust bedeuten, der über Jahre nachhängen würde. Und auch der Charakter Roman Reigns wäre spätestens dann völlig unten durch. Es würde nur noch mehr offenlegen, auf welche sinistre und unfaire Weise hinter den Kulissen die Strippen gezogen werden. Wir können uns also mit großer Sicherheit darauf einstellen, dass uns bei der kommenden WrestleMania eine kleine Katastrophe erwarten wird, die ich im Grunde genommen sogar begrüße. Denn WrestleMania ist und bleibt das Aushängeschild der WWE, welches auch über das Wrestling hinaus große mediale Aufmerksamkeit genießt, Millionen von Dollar in die Kassen der WWE spült und Fans aus aller Welt in eine große Arena bringt, um etwas Außergewöhnliches in kollektivem Rahmen zu erleben. Man stelle sich vor, dass der größte Wrestlingevent des Jahres unter so lautstarken Buhrufen endet, dass selbst ein Justieren der Lautstärke, was schlichtweg einer Manipulation gleichkommt, das nicht verstecken kann. Und das womöglich selbst dann auch ein sturer, alter Bock wie Vince McMahon einsehen muss, dass sein Projekt endgültig gescheitert ist. 

Roman Reigns ist schlichtweg die unfreiwillige Verkörperung dessen, was seit Jahren innerhalb der WWE verkehrt läuft. Er ist der Sündenbock, die personifizierte Summe falscher Entscheidungen und dem konsequenten Scheißen auf die Fanbase seitens Vince McMahon, der seinen Stuhl einfach nicht abgeben möchte. Im Grunde trifft Reigns ja gar keine Schuld. Er hat sicher nicht gesagt: „Ich will jetzt sofort in den Main Event, legt die Hall of Fame am Besten noch mit dazu!“ Nein, dieser Weg wurde so lediglich für ihn bestimmt. Er ist eben einfach kein Material für den Topspot. Und das wird sich nicht in diesem, nicht im nächsten und auch nicht im übernächsten Jahr ändern, nur weil Vince es eben gerne so haben will. Jedwede andere Annahme ist gänzlich abseits der Realität. Jetzt werden viele Leute sicher sagen, was meckert der schon wieder über Roman Reigns, der ist spitze! Ich respektiere diese Meinung und ich habe nichts gegen Roman Reigns. Wie gesagt, er ist einfach das Opfer zahlreicher Fehlentscheidungen. Dafür kann er nichts. Es ist eher das große Gesamtbild. welches Ziel meiner Kritik ist und ebenso Ziel der zahlreichen Buhrufe. 

Fassen wir das Geschriebene in einer Metapher zusammen: Das Gericht, welches uns die WWE nun seit über einem Jahr zwanghaft vorsetzen will, schmeckt einfach nicht. Die Zutaten harmonieren nicht. Kein Aroma. Nichts. Es wird mit der Zeit nur noch ungenießbarer. Die frischen Zutaten landen im Müll. Und wenn sich auf diesen Teller nach dem gleichen Schema im Laufe des Jahres auch noch ein Braun Strowman legt, während die Köche der WWE weiterhin jeden Wink aus der Kantine ignorieren (weil auch die wahrscheinlich gar keine andere Wahl haben), wird irgendwann eben keiner mehr zum Essen kommen. Aber daran ist am Ende natürlich nicht Chefkoch Vince verantwortlich, sondern die immerwährend meckernden, hungrigen Gäste. Die wissen ja nie, was sie wollen. Doch, und das ist das Schöne, das wissen Sie zum Glück ganz genau.

Semper Fidelis!

General M