MotoGP ´18 – „Ein Schritt vor, zwei Schritte zurück“

 
                                                Getestet und verfasst von General M 

                              Ab sofort erhältlich für PC, PlayStation 4 und XBOX One

71l DNj62cL. SX342 Anders als noch zu Ende der Neunziger, bzw. Beginn des Millenniums, liegen Lizenzen heute nahezu ausschließlich fest in der Hand eines einzigen Publishers/Entwicklers, was natürlich besonders die Anzahl der jeweiligen Titel sehr überschaubar gestaltet. Die MotoGP – Lizenz liegt beispielsweise schon seit geraumer Zeit einzig und alleine bei Milestone, die in dem Genre auch exklusiv Jahr für Jahr abliefern. Bereits im Vorjahr haben wir den entsprechenden Ableger einer gründlichen Bewertung unterzogen, das Ergebnis fiel allerdings durchwachsen aus. Miese Physik, miese Kollisionsabfrage, miese Grafik…kurzum, Teil 17 konnte hauptsächlich durch die umfangreiche Lizenz punkten. In all diesen Belangen verspricht man für dieses Jahr Besserung, auch der Umstieg auf die aktuelle Unreal Engine 4 soll dabei einiges an Gewicht erhalten. Ob das denn auch in der Umsetzung alles funktioniert, oder ob hier abermals heiße Luft auf den Käufer wartet, klären wir natürlich auch in diesem Jahr wieder für euch. 

Alte Probleme

Von Grundauf neu mit der aktuellsten Unreal – Technologie aufgebaut, so lautete das Versprechen. Und tatsächlich tut es auf den ersten Blick wahnsinnig gut, die Reihe endlich in zeitgemäßer Optik bestaunen zu können. Die einzelnen Motoräder strotzden nur so vor Details, auch das Geschehen auf der Strecke wirkt nun deutlich lebendiger, was der Immersion spürbar gut tut.  Zwar ist das Publikum optisch immer noch nicht das Gelbe vom Ei, aber seien wir mal ehrlich, wer verschwendet bei einem Rennspiel darauf schon ausreichend Blicke, als dass es wirklich zum kritischen Punkt werden könnte? Positiv zu vermerken ist allerdings die Tatsache, dass man sich dieses Jahr wesentlich mehr Mühe gegeben hat, den Spieler dank stark verbesserter Perspektiven bei den Replays in Kombinationen mit einem rundherum soliden Kommentar näher an das Gefühl zu bringen, nicht einfach ein Spiel zu erleben, sondern eine richtige TV – Ausstrahlung. 

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Der Blick auf´s Detail ist hier aber trotzdem von einiger Bedeutung, denn trotz Unreal Engine 4 leistet sich das Spiel in Sachen Technik den ein oder anderen nervigen Schnitzer. Dazu gehören unter anderem die gerne mal aufploppenden Objekte, zu denen auch diverse Schilder gehören, deren Texturen und Aufschriften mitunter erst dann auftauchen, wenn man fast schon daran vorbei gedüst ist. Insgesamt wirken die Strecken dafür, dass sie allesamt 1:1 basierend auf Drohnendaten erstellt worden sind, gelegentlich überraschend detailarm im Vergleich zu den Boliden, die sie befahren. Alles in allem stellt der Sprung auf die Unreal Engine 4 also zwar eine deutliche Verbesserung zur veralteten Haustechnik dar, auf die sich Milestone über die letzten Jahre ausschließlich verlassen hat, bleibt aber in der Umsetzung trotzdem weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Das merkt man besonders auch dann, wenn das Wetter zu Regen umschwenkt. Der ist zwar nett anzusehen, wirkt am Boden angekommen aber eher belanglos und taucht die Strecke bei weitem nicht in so ein wunderbar glänzendes Nass voller kleiner Wasseransammlungen, wie es nahezu sämtliche Konkurrenz im Bereich des Rennsports bereits seit Jahren auf die Reihe bekommt. Besonders für Konsoleros kommt die neue Engine außerdem mit einem wichtigen Haken daher, denn das wesentlich leistungshungrigere Grafikgerüst sorgt dafür, dass die Bildrate nun halbiert auf 30 Bildern pro Sekunde läuft, was besonders für Rennspiele einen immensen Einschnitt darstellt, da sich so einfach kein Geschwindigkeitsgefühl einstellen mag. Hier rast die PC – Version mühelos davon, ist sie doch im Gegensatz dazu nicht von diesen Einschränkungen betroffen. Es ist anzunehmen, dass die in Kürze nachfolgende Switch – Version hier weitere Abstriche in Kauf nehmen muss. Wie es sich damit verhält, werden wir aber im Rahmen einer Nachbetrachtung noch klären. 

Gebrochene Versprechen 

Auch in Sachen Physik und K.I. wurden große Versprechen gemacht. Um es gleich offen auszusprechen, sie wurden nicht erfüllt. Die gegnerischen Fahrer verhalten sich immer noch wie Roboter, die stur und ohne Rücksicht auf Verluste Ideallinie fahren. Ärgerlich ist zudem abermals, dass die computergesteuerten Fahrer quasi nie Unfälle bauen, der Leidtragende bei Kollisionen ist meist einzig und alleine der Spieler, der prompt im Rasen landet, während der Gegner unbekümmert weiterfährt. Da spielt es gar keine Rolle, wer die Kollision eigentlich verursacht oder mit welcher Intensität sie stattfindet. In Sachen Physik gibt es wenige Verbesserungen, zum Beispiel hat Regen nun endlich einen wesentlich spürbareren Einfluss auf das Handling, aber auch das steht wieder im krassen Gegensatz zum Gegner, der selbst dann mühelos weiter der Ideallinie folgt. Durch diese Unzulänglichkeiten entsteht für den Spieler einfach ein unfairer Nachteil, der zudem für zahlreiche Frustmomente sorgt. 

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Erschwerend hinzu kommt, dass Größe und Gewicht der einzelnen Fahrer keinerlei Auswirkungen auf das Handling haben, wenn es um Kurvendynamik geht. Ohnehin wirken die einzelnen Fahrer, wenngleich nicht minder detailliert in Szene gesetzt als die Motorräder, extrem puppenhaft und scheinen ganz gleich was auf der Strecke passiert, völlig regungslos auf den Boliden zu hocken. Zwar lässt sich das Spielerlebnis aufgrund zahlreicher Feineinstellungen, darunter auch in Sachen Physik an jeden spielerischen Anspruch anpassen, für eine wirkliche Verbesserung im Angesicht der zahlreichen Probleme sorgt das aber kaum. Die Rewind – Funktion, die auf einfacheren Schwierigkeitsgraden verfügbar ist, stellt aber dennoch eine angenehme Erleichterung dar. So bietet MotoGP ´18 wenigstens sowohl für Veteranen als auch für Einsteiger immer eine jeweils zugängliche Erfahrung. Letztendlich hinterlässt das Gesamtergebnis in diesem Jahr aber einen besonders faden Beigeschmack, denn angesichts der immensen Versprechungen in Sachen Optimierung ist davon viel zu wenig, ja in den wirklich essentiellen Bereichen gar nichts zu spüren. Und das auf eine so offensichtliche Weise, dass man hier beinahe schon von Kundentäuschung zu sprechen ist. 

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Sicher, der Umstieg auf aktuelle Technik ist schon ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Doch was nützt es, wenn deren Stärken nicht voll ausgeschöpft werden können, sondern ihr Potenzial lediglich an der Oberfläche entfaltet wird? Oberflächlich ist auch so vieles andere im Spiel. Man hat zu keinem Zeitpunkt wirklich das Gefühl, dass man hier wirklich basierend auf einem neuen Gerüst ein ganz neues Spiel aufgebaut hat, dafür sind viel zu viele Missstände der Vorgänger erhalten geblieben, die sich besonders negativ auf das Gameplay auswirken. Wo also sind die versprochenen Verbesserungen? Diese Frage kann ich ehrlich gesagt trotz expliziter Suche und bei aller Erfahrung noch immer nicht beantworten. 

Fazit und Wertung

ava3„Ich bin enttäuscht. Über weite Strecken fühle ich mich sogar betrogen. Denn was haben die Entwickler im Vorfeld nicht alles versprochen? Bessere Grafik, bessere Physik und vieles mehr. Was ist davon geblieben? Ja, dank Unreal Engine 4 sieht das Spiel wesentlich zeitgemäßer aus, als all seine Vorgänger. Aber was nützt das, wenn man nicht in der Lage ist, diese auch zu utilisieren? Stattdessen halbiert sich mal eben die Bildraten bei Konsolenspielern, es gibt weiterhin Pop Up´s und auch die Strecken hätten viel besser aussehen können. In allen anderen Belangen hat sich im Grunde entgegen aller Versprechen gar nichts geändert und wenn, dann ist es bei weitem nicht gewichtig genug, um als wirkliche Verbesserung abseits der Grafik anerkannt zu werden. Es mangelt immer noch an den gleichen Dingen wie in den Vorjahren. Kurzum, MotoGP ´18 ist mittlerweile in Sachen Motorsport das, was 2K´s WWE – Reihe seit Jahren ist: Ein durch mangelnde Kreativität und viel zu inkonsequente Überarbeitung in nahezu allen Belangen nur ein enttäuschendes Vollpreisupdate.“

Mikrotransaktionen/Pay-2-Win: MotoGP ´18 enthält weder Mikrotransaktionen noch fragwürdige Pay-2-Win – oder Lootbox – Mechaniken. Eine Abwertung gibt es daher diesbezüglich nicht. 

PRO: 

+ Komplette Lizenz mit sämtlichen Strecken, Fahrern und Co.
+ Dank Unreal Engine 4 wesentlich immersiver als die Vorgänger…
+ …außerdem sehr viel mehr Leben im Boxenbereich
+ Sehr detaillierte Motorräder und Fahrer
+ Deutlich realitätsnaher inszenierte Wiederholungen
+ Motorräder fahren sich allesamt spürbar unterschiedlich
+ Sowohl für Einsteiger als auch für Veteranen geeignet
+ Hübscher Regen
+ Atmosphärische Geräuschkulisse und satte Motorensounds
+ Intuitive, zugängliche Bedienung

CONTRA: 

– Grafikqualität schwankt teilweise stark
– Gegner fahren stur Ideallinie…
– …und werden bei Kollisionen gnadenlos bevorteilt
– Steife, nahezu leblose Fahrer
– Größe und Gewicht der Fahrer haben keinerlei Auswirkungen auf Fahrverhalten
– Halbierte Bildrate sorgt auf Konsolen für wesentlich geringeres Geschwindigkeitsgefühl
– Pop Up´s 
– Problem der seltsamen Farbgebung noch immer nicht behoben
– Schlägt sich nahezu komplett mit den gleichen Problemen wie der Vorgänger herum


                   GESAMTWERTUNG:     61% (PC)
                                              58% (KONSOLEN)

Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.
 

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