Unravel Two™ – „Voll von der Wolle“

                                                 Getestet und verfasst von General M

                                  Ab sofort erhältlich für PC, PlayStation 4 und XBOX One 

unravel 2 6034066Mit „Unravel“ präsentierte EA im letzten Jahr abseits seiner üblichen Hausmarken ein anspruchvolles, berührendes Spiel um den knuffigen Charakter Yarni. Der konnte uns auch im Test überzeugen und heimste eine sehr gute Wertung von 85% ein. Auf der diesjährigen E3 – Konferenz wurde dann nicht nur eine Fortsetzung angekündigt, sondern diese wurde dann auch sogleich veröffentlicht. „Unravel Two“ steht dabei nicht nur für den zweiten Teil, sondern auch für eine zentrale Neuerung des Spiels, denn der kleine Wollmann ist nun zusammen mit einem Partner unterwegs und darf abermals allerlei Rätsel lösen und zwischendurch munter durch die Gegend hüpfen. Ob die Fortsetzung sich dabei mindestens genauso gut, besser oder womöglich schlechter als der Erstling schlägt, wollen wir im Test für euch herausfinden. Die gute Nachricht: Dieses Review enthält keinerlei schlechte Wolle Petry – Anspielungen.

Sagt Hallo zu meinem kleinen Freund!

So ein bisschen vom Pech verfolgt ist Yarni ja schon. Nach allen überstandenen Abenteuern gerät sein Schiff mitten in einen kräftigen Sturm und wird gegen alle Widerstände von den tosenden Wassermassen verschlungen. Aber Yarni kann sich an Land retten und ist von dort an entschlossen, den hiesigen Leuchtturm wieder in Betrieb zu nehmen. Sehr viel mehr Story gibt es im Grunde auch gar nicht, man merkt hier zu jeder Zeit überdeutlich, dass all das hauptsächlich Alibifunktion innehat. Schade, denn die wunderbar leise und emotional erzählte Geschichte des Erstlings ist mir bis heute in liebevoller Erinnerung geblieben. Potenzial dafür, dass dies auch dem zweiten Teil gelingt, ist hier zu zu irgendeinem Zeitpunkt wirklich gegeben. Das soll aber nicht bedeuten, dass man die Fortsetzung nun gleich zu den Akten legen sollte, im Gegenteil! Denn unmittelbar nach seiner unsanften Landung an der Küste kriecht aus einem herrenlosen Koffer ein ebenfalls quicklebendiges, blaues Wollmännchen, welches sich Yarni dann auch prompt anschließt. Ganz ohne Worte übrigens, denn gesprochen wir auch im zweiten Teil nicht, stattdessen stehen die Gesten und Mimiken abermals im Vordergrund. Und die laden dann doch immer wieder zum Schmunzeln und Mitfühlen ein. 

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Das namenlose blaue Kerlchen wird von da an zum essentiellen Bestandteil des Spiels, da er praktischerweise viele Funktionen übernimmt, für die Yarni im ersten Teil noch diverse Umgebungsobjekte benötigt hat, darunter zum Beispiel Gewichte. So muss man für manche Lösungen nicht erst die Umgebung absuchen, da man alle nötigen Werkzeuge längst in Form der Spielfiguren parat hat. Das ist praktisch und beschleunigt den Spielfluss, raubt dem Spiel dabei zum Glück aber nie Anspruch, denn knackige Rätsel gibt es auch dieses Mal. Wer dann mal ins Stocken gerät, kann sich auf Wunsch mit Hinweisen in drei Stufen aushelfen lassen, wobei die erste Stufe einem lediglich grob die Richtung vorgibt und die letzte den Lösungsweg haarklein offenlegt. Frustmomente gibt es hier also nicht, die liegen weiterhin in den (wenigen) Trial and Error – Passagen beim Timing der Bewegungen. Aber auch für Grobmotoriker gibt es Abhilfe, schließlich bietet das Spiel hier zusätzlich zu den Rätselhilfen auch eine optionale Zeitlupenfunktion an. Die sollte aber mit Bedacht eingesetzt werden, denn Bestzeiten und Punktzahlen werden dann am Ende eines Levels nicht mehr vermerkt.  

Wir hängen da gemeinsam dran

Dank der sorgfältig durchdachten Spielmechaniken fühlt sich das kooperative Spiel der beiden Charaktere zu keiner Zeit aufgesetzt oder gar überflüssig an. Sowohl als Solist als auch mit einem Mitspieler funktioniert alles dank viel Komfort wunderbar unkompliziert. Extrem betrüblich ist aber, dass der Zweispielermodus lediglich lokal, also auf einem System verfügbar ist. Ein Onlinemodus gibt es überraschenderweise nicht. Bedenkt man, wie spielerfreundlich (und zudem fair) man bei „A Way Out“ verfahren ist, wo der zweite Spieler nicht einmal im Besitz des Spiels sein musste, um beizutreten, ist das hier ein eindeutiger Schritt zurück.

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Bei allem fällt der Wiederspielwert übrigens extrem gering aus. Zwar ist das Spiel in Sachen Umfang sehr solide ausgefallen, da neben der schon umfangreichen Story auch eine Reihe von Time Trials und Challenges auf den Spieler warten, im erzählerischen Herzstück jedoch ist der Weg ausgenommen von ganz, ganz wenigen alternativen Lösungsmöglichkeiten beim Fortschreiten streng linear gestaltet. Mal müssen Brücken gebaut werden, um Baumstämme über kleine Abgründe manövrieren zu können, ein anderes Mal hängt sich der zweite Charakter an ein Hindernis und macht damit für den ersten Charakter den Weg frei. Dieser beschwert das Hindernis anschließend von oben, Spieler Zwei kann dann bequem folgen. Das Zusammenspiel der beiden Charaktere funktioniert dabei sehr intuitiv und gut. Gut gelöst hat man auch meine anfangs große Sorge, dass man die Spielfiguren stets nacheinander von A nach B manövrieren muss, falls ein zweiter Mitspieler gerade nicht zugegen ist.

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Da sich Yarni und sein Freund gegenseitig tragen können, entfällt diese Sorge glücklicherweise komplett. Auch das sogenannte Abribbeln, was noch im Vorgänger zentrales Spielelement war, ist hier komplett entfallen, was einem zusätzliche Freiheiten einräumt. Kurzum, die Mischung aus alten und neuen Features sorgen dafür, dass sich „Unravel Two“ spielerisch auf gleichem guten Level wie der Vorgänger hält. 

Farbenpracht ade, trotzdem hübsch

Gleiches gilt auch für die Technik, die identisch zum Vorgänger ist und entsprechend flüssiges Gameplay liefert, ganz gleich, auf welcher Plattform man spielt. Allerdings hat sich das Setting doch sehr verändert. Statt allzu malerischer und fast magischer Umgebungen ist hier alles wesentlich bodenständiger, düsterer, was dem intendierten Setting zwar einen passenden Ausdruck verleiht, dabei aber gelegentlich einfach zu dunkel wirkt. Dafür können die neuen Spielumgebungen überzeugen, allen voran das Baustellenareal, wo man im Hintergrund Baumaschinen und Arbeiter begutachten kann. Aber auch abseits davon wird Vielfalt großgeschrieben, Langeweile kommt dank der vielen frischen Ideen nie auf. Grundsätzlich kommt alles wieder sehr lebendig und detailverliebt daher, die Immersion stimmt. Dazu trägt auch der wieder mal gelungene Soundtrack einiges bei. Die Bedienung bleibt übrigens so minimalistisch wie im ersten Teil, ein Gamepad ist aber für die Präzision empfohlen. 

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Zu guter letzt sei noch auf ein kleines Kuriosum aufmerksam gemacht, welches mir in den Optionen gut versteckt begegnet ist. „Unravel Two“ sammelt nämlich zahlreiche Nutzerdaten und gibt diese zu Werbungs- und Personalisierungszwecken ungefragt an Electronic Arts weiter. Darauf wird man als Spieler zu Spielbeginn nicht aufmerksam gemacht und muss es erst manuell deaktivieren. Wer die Optionen grundsätzlich gar nicht aufruft, gibt also unbemerkt eine Menge persönliche Daten an Electronic Arts weiter. Eine extrem fragwürdige Mechanik, für die wir der Gesamtwertung zusätzliche zwei Punkte abziehen.

Fazit und Wertung

ava3„Dank frischer Ideen, neuer (wenngleich gelegentlich etwas zu düster inszenierte) Schauplätze und dem konservierten Charme des Vorgängers weiß auch ´Unravel Two´ auf mindestens gleicher Ebene zu unterhalten. Die zweite Spielfigur sorgt neben anderen Neuerungen für mehr Komfort und viele schöne Momente, dank Hinweissystem und Zeitlupenfunktion sollten selbst Grobmotoriker ans Ziel gelangen. Umfang und Technik stimmen ebenfalls, lediglich drei enttäuschende Aspekte bleiben zurück. Zum einen hat die Story längst nicht die packende Qualität des Vorgängers, zum anderen ist der Mehrspielermodus komplett lokal gehalten. Auch die ungefragte Nutzerdatenerhebung und deren Weitergabe stößt sauer auf. Trotzdem, mir hat´s wunderbar gefallen, einem dritten Teil würde ich mich daher keinesfalls verschließen!“ 

PRO:

+ Detailverliebte, lebendige Spielwelt
+ Abwechslungsreiche, atmosphärische Areale
+ Liebenswerte Protagonisten
+ KoOp – Mechanik funktioniert sehr gut
+ Challenges und Time Trials…
+ …die mit optischen Belohnungen aufwarten
+ Sehr guter Umfang
+ Jederzeit optional zuschaltbare Spielehilfen 
+ Flüssige Performance
+ Toller Soundtrack
+ Intuitive, zugängliche Bedienung

CONTRA:

– Extrem fragwürdige Weitergabe von Nutzerdaten…
– …die ohne zusätzlichen Hinweis standardmäßig aktiviert ist
– KoOp – Modus nur lokal spielbar
– Reicht erzählerisch nicht an den Vorgänger heran
– Randgeschichte eher mit Alibicharakter
– Gelegentlich etwas zu düster inszeniert, man vermisst die Farbenpracht von Teil I 
– Eher belanglose Individualisierungsmöglichkeiten

                     
                                                 
  GESAMTWERTUNG:     81%

                              MRATMOS     

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