Kingdom Come: Deliverance – Aus der Asche – „Zum Vogt berufen“

                                                  Getestet und verfasst von General M 
 
                                     Ab sofort erhältlich für PC, PlayStation 4 und XBOX One

Seit dem Release des Hauptspiels im Februar ist es etwas still geworden um das so verheißungsvoll erwartete „Kingdom Come: Deliverance“ der Warhorse Studios. Zu Unrecht, wie sich zeigt, denn nicht nur, dass das von uns dank zahlreicher Bugs beim Release „lediglich“ mit 76% abgeschnittene Spiel dank fleißigen Bugfixing seitens der Entwickler mittlerweile wesentlich runder läuft, auch neue Inhalte werden permanent nachgeliefert. Der erste kostenpflichtige Zusatzinhalt in der bisherigen Reihe kostenloser Erweiterungen hört auf den Namen „Aus der Asche“ und macht den Schmiedesohn Heinrich zum Verwalter eines eigenen Dorfs. Doch nicht nur aus diesem Grund haben wir abermals zu Schwert, Schild und Bogen gegriffen, sondern auch, um dem Spiel im Rahmen der Erweiterungsbetrachtung eine neue Wertung zu geben. Wie das Prinzip der Dorfverwaltung funktioniert und was sich seit dem ursprünglichen Release verbessert hat, klärt unser Kurztest. 

Auferstanden aus Ruinen

Wer sich der Erweiterung annehmen will, muss nicht nur gut 10€ investieren, sondern benötigt auch etwas Progress in der Hauptgeschichte. So muss erst die Bande des Wichts aus der Ruinenstadt Prybislavitz vertrieben werden, ehe der neue Inhalt verfügbar wird. Ist das geschehen, darf man sich bei Herrn Diwisch in Talmberg einfinden, der Heinrich mit einer neuen Questreihe betraut. Diese sieht zuerst vor, nach dem verschwundenen Lokator zu suchen, der um das Gebiet der Ruinenstadt bei seinem Auftrag, das zurückgelassene Gut für die Chancen eines Wiederaufbaus zu bewerten, verschwunden ist. Dort angekommen werden wir tatsächlich fündig, der Beauftragte ist einer kleinen Gruppe herumlungernder Banditen in die Hände gefallen, was für die scharfe Klinge des Schmiedesohns aber kein großes Problem darstellt. Hat man den Lokator dann befreit und die Gegend begutachtet, stellt sich tatsächlich heraus, dass dort einiges an Potenzial für eine neue Siedlung gegeben ist. Kurzerhand ernennt Herr Diwisch Heinrich zum Verantwortlichen für diese Unternehmung und erhebt ihn in den Rang eines Vogtes. Als solcher muss er nicht nur die Gestaltung der Stadt überwachen, sondern auch für Rohstoffe, Finanzen und die Zufriedenheit der neuen Siedler sorgen. 

20180711162652 2
     Angefangen bei einem kleinen Lager für die neuen Siedler geht es schnell ans Eingemachte. 

Was nach einer Mammutaufgabe klingt, ist in der Praxis recht einfach umzusetzen. Der treue Lokator weißt uns in die Gegebenheiten der Stadtverwaltung ein und hat auch direkt praktische Tipps für die ersten Gebäude parat. Nachdem mit einem Holzfällerlager eine gute Basis für ein florierendes Dorf gegeben ist, folgen auch schnell erste Siedler, vor allem die Überlebenden aus Skalitz, dem Ruf des Unbekannten. Doch zufriedene Bewohner wollen nicht nur Holz hacken und schlafen, sondern sehnen sich auch nach Zerstreuung, Einkaufsmöglichkeiten und Co. Also errichten wir nach und nach noch eine Schenke, reparieren die verwahrloste Kirche und sorgen für Wachen. Mit der Grundausstattung ist es aber längst nicht getan, schließlich soll das Dorf ja auch Gewinn abwerfen. Um Schmiede, Fleischer und Co. ins Dorf zu locken, benötigt es erst weitere Ressourcen. So zieht Heinrich aus, mit Steinmetzen, Viehtreibern und Co. überall im Land ein paar gute Deals auszuhandeln. Wer den entsprechenden Händlern bereits früher im Spiel begegnet ist oder ihnen sogar bei der ein oder anderen Aufgabe gefolgt ist, darf sich hier abseits des Feilschens über zusätzliche Rabatte freuen. Sind alle Materialien beisammen, ist der restliche Aufbau nur noch ein Kinderspiel. Denn solange Heinrich stets genügend Münzen in der Truhe platziert, braucht man sich um alles andere kaum noch sorgen, zumal die Errichtung der Gebäude auf vordefinierten Plätzen sowieso umgehend erfolgt. Vermögende Charaktere werden so kaum 2-3 Stunden benötigen, bis sie das Dorf vollständig mitsamt allen Upgrades versehen errichtet haben und sich dann erste Gewinne abholen dürfen. Die kann man dann steigern, indem man bestimmte Fachkräfte aus anderen Städten für sein Dorf abwirbt, wirklich viel zu tun hat man dann aber nicht mehr. 

20180711175036 1
               Das fertige Dorf sieht hübsch aus, unterscheidet sich aber kaum vom Rest der Welt.

Schade eigentlich, denn die Erweiterung bietet auf dem Papier einiges an Potenzial, welches in der Wirklichkeit aber kaum genutzt wird. Denn das lauschige Dörfchen bietet so gut wie keine nutzbringenden Tätigkeiten. Zwar darf man hin und wieder Streitereien schlichten, kleinere Regulationen festlegen, solange das Geld nicht ausgeht, braucht man sich jedoch nicht um sein Einkommen sorgen. Vernachlässigt man diesen Aspekt allerdings über einen längeren Zeitraum, kann sich das Blatt schnell wenden. Dann werden die Bewohner zunehmend aufrührerisch und kriminell – Dinge, die Herrn Diwisch zügig dazu animieren könnten, Heinrich wieder aus seiner Position zu entlassen. Aber all das ist bei regelmäßiger Truhenfütterung nahezu ausgeschlossen. Und eben darin liegt das große Problem des vielversprechend klingenden Inhalts: Er bietet einfach nichts weiter, als eine zuverlässige Einnahmequelle. Wie sehr hätte ich mir gewünscht, tiefer in die Verwaltung des Dorfs eingebunden zu werden, vielleicht sogar den ein oder anderen Banditenangriff abwehren zu können, Dorfbewohner gezielt einzusetzen, Steuern zu erheben und und und…nur ist von alldem leider nichts möglich. Für knapp 10€ ist das einfach viel zu wenig Aktivität, zumal aufgrund der vordefinierten Bauplätze keinerlei Möglichkeiten zur eigenen Kreativität gegeben sind und auch die Gebäude in ihrem Look fest vorgeschrieben sind.

20180711174609 1
 Die Kirche sieht dann neuer Freskos hübsch aus, bestimmen kann man das Design aber nicht. 

Was mit einiger Neugierde begann, stellte sich für mich schnell als ernüchternde, beiläufige Tätigkeit heraus, die weder motiviert noch sonderlich befriedigt, da man eben nie das Gefühl hat, nach dem Bau irgendwas weiter tun zu müssen, als die Truhe gefüllt zu halten. Alle anderen Aufgaben übernimmt nämlich der Lokator für euch. Entsprechend ernüchtert fällt mein Urteil hier aus: Wirklich lohnenswert ist die Erweiterung nicht, da vermögende Charaktere ohnehin kein zusätzliches Einkommen benötigen und arme Charaktere sowieso nicht die nötigen Mittel haben, um das Dorf profitabel auszubauen. Die gut 10€ Echtgeld sind also in dem Fall anderweitig wesentlich besser investiert, zum Beispiel in einen Monatspass Pornhub Premium oder so. Da wird für das Geld wahrscheinlich weitaus mehr Unterhaltung geboten. 

Wir werten auf!  

Obwohl sich die Erweiterung also nicht mit Ruhm bekleckert, möchten wir den Abenteuern von Heinrich dennoch gerne eine neue Gesamtwertung geben. Denn dank zahlreicher Patches und teilweise sinnvoller inhaltlicher Erweiterungen spielt sich das Hauptspiel mittlerweile deutlich runder als in der Veröffentlichungswoche Anfang Februar. Perfekt ist das Geschehen jedoch noch lange nicht, dafür sind selbst im zweiten Playthrough auf dem Weg zur Erweiterung und auch danach noch zu viele störende Macken und Missstände geblieben. Viele Probleme bei der Bewältigung von Quests, Absturzursachen und Performanceprobleme wurden jedoch behoben. Auch die Speicherfunktion ist nun fairer gestaltet und benötigt nicht mehr zwingend Retterschnaps, es sei denn, man wünscht manuell zu speichern. Auch dem Schlösseknacken hat man sich längst angenommen, das gegenwärtige System ist nun deutlich einfacher zu handhaben.

20180711180111 1
            Trotz vieler verbliebener Probleme werten wir das Hauptspiel um drei Punkte auf. 

Doch viele Probleme sind geblieben. Lippensychronität ist immer noch etwas, dass man teilweise mit der Lupe suchen muss, auch technisch gibt es angefangen bei den teilweise schwachen Texturen immer noch viel zu tun, zumal die Performance selbst auf High End – Systemen noch durch gelegentliche Einbrüche negativ auffällt. Die Entwickler haben also noch einen weiten Weg vor sich. Bis dahin darf sich das Hauptspiel aber über eine Aufwertung von 76% auf 79% freuen, mit viel Luft nach oben in der Zukunft. Unseren Hauptartikel zum Spiel haben wir entsprechend angepasst. 

Fazit

ava3„Way to go, Warhorse Studios! Obwohl sich seit Veröffentlichung des Hauptspiels im Februar einiges getan hat, steht dem Spiel in Sachen in Sachen Bugfixing noch ein langer Weg bevor, von dem ich angesichts des mittlerweile stetig nachlassenden Interesses der Spieler am Spiel nicht sicher bin, ob die Entwickler diesen Weg überhaupt zu Ende gehen werden. Mit der ersten kostenpflichtigen Erweiterung ´Aus der Asche´ hat man einen sehr oberflächlichen und viel zu schnell abgefertigten Versuch unternommen, dem Spieler etwas Neues zu bieten. Gelungen ist das leider nicht, denn spielerische Freiheit bei der Dorfgestaltung ist nahezu nicht existent, auch gibt es nach den ersten Arbeiten nichts zu tun, als immer mal wieder vorbei zu schauen, sich seine Gewinne abzuholen und gegebenenfalls die Gehältertruhe aufzufüllen. All das machen Spiele wie das wesentlich ältere Fallout 4 sehr viel besser – ganz ohne Zusatzkosten. Statt wenig durchdachter Erweiterungen wie dieser wären Warhorse Studios besser damit beraten, mehr Ressourcen für die Fehlerbehebung abzustellen. Dann wird es womöglich auch mit dem Spielerinteresse wieder besser. Auf diesem Wege ist aber kaum ein Blumentopf zu gewinnen, dafür ist die Qualität der Erweiterung einfach viel zu gering.“

Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.
 

                                           ©2018 Wrestling-Point.de/M-Reviews