Dakar 18 – „Wüstenodyssee mit Macken“

                                  Getestet und verfasst von General M 

                 Seit dem 25. September 2018 erhältlich für PC, PlayStation 4 und XBOX One

91DbtGqQErL. SL1500 Ganze fünfzehn Jahre hat es gedauert, bis eine der legendärsten Rennveranstaltungen der Welt in Form eines Videospiels auf die heimischen Bildschirme zurückkehren sollte. Was einst als Rallye Paris – Dakar bekannt war, findet mittlerweile längst in Südamerika statt (weil Wüstenterroristen nunmal wenig für Rennsport übrig haben), und auch nach Paris führt der Weg nicht mehr. Der Name Dakar ist aber trotzdem geblieben, gleiches gilt für die Herausforderung an die teilnehmenden Fahrer. All das und mehr wollen die Entwickler von Bigmoon Studios nun wieder für jeden Interessenten in virtueller Form erlebbar machen. Wir haben für euch getestet, ob dieser Versuch gelungen ist, oder ob das Spiel an zu viel Sand im Getriebe krepiert. 

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Desert Storm

Was die Rallye Dakar so von klassischen Varianten des Sports unterscheidet, ist ihr purer Anspruch, der Mensch und Maschine alles abverlangt. Nicht selten müssen die jeweiligen Fahrer sich durch Etappen von über 800km Länge kämpfen, selten mit wenig mehr unter den Rädern als heißem Wüstensand. Das Ziel ist dabei, eine Reihe von Wegpunkten abzufahren und die jeweilige Etappe mit der bestmöglichen Gesamtzeit zu beenden. Zwar ist es nicht zwingend notwendig, jeden Wegpunkt zu überqueren, ausgelassene Punkte werden aber mit ebenso harten Zeitstrafen versehen wie Ausfälle am Fahrzeug.  

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Von Perú bis Argentinien führt euch die Strecke, unterteilt in insgesamt 14 Etappen unterschiedlicher Länge. Die gesamte, frei befahrbare Fläche umfasst eine Größe von knapp 15.000 Quadratkilometern und lässt sich mit Autos, Quads, Trucks, SXS sowie Motorrädern durchqueren. Da euch auf den Einsitzern aber natürlich kein Beifahrer zur Verfügung steht, der euch Richtung und auftauchende Hürden ankündigt, eignen sich beide Fahrzeugklassen eher für erfahrene Spieler und sind Anfängern kaum anzuraten. Ohnehin ist das Spiel nicht gerade einsteigerfreundlich ausgefallen. Zwar lotst euch ganz zu Beginn ein Tutorial durch die wichtigsten Spielmechaniken (weiterführende Tutorials gibt es zusätzlich als optionale Hilfe), die Anfängern zudem noch eine zusätzliche Orientierungshilfe an die Hand geben, jedoch stellt es oft bereits eine Herausforderung dar, die ganzen HUD – Elemente im Blick zu behalten und gleichzeitig nicht zu sehr von der Strecke abzukommen. 

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Auf den höheren Schwierigkeitsgraden bekommt man zudem deutlich weniger bis gar keine Hilfen mehr geboten. Dann muss man sich komplett anhand der Anzeigen im sogenannten Roadbook am unteren rechten Bildschirmrand orientieren, will man nicht völlig im Nichts verlorengehen. Hier bekommen dann nicht nur die Fahrzeugschäden merklich mehr Gewicht, sondern auch die sogenannten Dakarpunkte als Währung für alles, die ihr euch entweder durch erfolgreiche Etappenabschlüsse verdient, oder aber durch Fairness auf der Strecke. Denn nicht selten bleiben andere Fahrer im Schlamm oder Sand stecken und können (nicht müssen) dann von euch via Schleppseil aus der Misere gezogen werden. Dazu verlässt man das eigene Fahrzeug per Knopfdruck, bringt das Seil am feststeckenden Fahrzeug an und drückt dann kräftig auf´s Gas. Aber auch abseits solcher Situationen steht es euch frei, jederzeit frische Luft zu schnappen und die weitläufige Welt zu Fuß zu erkunden. Angesichts der grottenschlecht animierten Fahrermodelle sorgt die Bewegung abseits der Fahrerkabine aber eher für unfreiwillige Komik. 

Zwischen Arcade und Simulation

Ein Simulator will Dakar 18 sein, was man recht früh am extrem empfindlichen Handling mancher Fahrzeuge merkt. Die Bedienung mit Maus und Tastatur ist entsprechend nicht zu empfehlen, da sehr frustanfällig und kaum präzise genug, um sich ohne Schäden durch die Hindernisse bewegen zu können, die besonders auf den fortgeschritteneren Schwierigkeitsgraden auf euch warten. Ich würde sogar soweit gehen und sagen, dass man sich ohne Gamepad, noch besser aber natürlich mit anständigem Lenkrad, gar nicht erst an diese Herausforderungsgrade wagen sollte, präsentiert sich die Steuerung an sich doch bereits schwammig genug. Einen (wohl unfreiwilligen) Arcadeeinschlag hat das Spiel aber dennoch, denn zum einen ist das Schadensmodell rein optisch gesehen ein schlechter Witz, zum anderen wird man gelegentlich Zeuge seltsamer physikalischer Ereignisse, die weit über die Realität der uns bekannten Schwerkraftgesetze hinausgehen. 

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Und dann gibt es da noch den Schatzsuche – Modus, in dem ihr jede bereits absolvierte Etappe frei und ohne Mühen erkunden könnt und zusätzlich nach im Sand vergrabenen Kostbarkeiten Ausschau halten könnt. Das große Problem ist hier allerdings, dass man nicht mal den kleinsten Hinweis erhält, wo auf den gewaltigen Landstrichen diese Schätze überhaupt zu finden sein sollen. Und selbst wenn dem so wäre, hätte man bei der Schatzjagd wohl nicht zwangsläuft mehr Spaß, weil all das so aufgesetzt wirkt, dass man die Sache auch einfach Free Roam hätte nennen können – ohne den ganzen Schaufelkrims. Immerhin kann sich der Gesamtumfang sehen lassen. Dakar 18 verfügt über einen voll lizensierten Fuhrpark und sogar die echten Fahrerteams haben es ins Spiel geschafft. Für echtes Rallye – Feeling ist also gesorgt, zudem lädt das Spiel dank der vielen unterschiedlichen Vehikeltypen zum mehrfachen Durchspielen ein. 

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Natürlich lässt sich Dakar 18 auch online spielen. Wer Lust hat, sich mit anderen Spielern um die beste Etappenzeit zu messen, muss aber einen langen Geduldsfaden aufbringen, denn vom ersten Tag an herrscht auf den Servern leider derart gähnende Leere, dass man nur mit sehr viel Glück überhaupt mal einen Konkurrenten auftreiben kann. Die würden sicher besser fahren als die strunzdummen K.I. – Fahrer. 

Unbegrenzte Weiten

Den teils unausgegorenen Spielmechaniken steht eine imposante und weitläufige Welt gegenüber, die zum Erkunden einlädt. Zwar ist es theoretisch keine Kunst, eine 15.000 Quadratkilometer große Spielwelt zu erschaffen, wenn diese zu 90% nur aus leerer Wüste besteht, dazwischen tummeln sich allerdings viele kleine Details, darunter hübsch in Szene gesetzte Vegetation und ansehnliche Bodeneffekte. Besonders aber die Wetterdarstellung begeistert neben den detailverliebten Fahrzeugmodellen und macht kräftig von den Stärken der Unreal Engine 4 Gebrauch. Gelegentlich trifft man zwar auch auf etwas schwache Texturen, wer aber grundsätzlich mit Vollgas durch den Sand brettert, bekommt das höchstens am Rande mit.

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Die Konsolen zeigen das Geschehen übrigens mit stabilen 30 Frames pro Sekunde, XBOX One und PlayStation 4 unterscheiden sich optisch nicht voneinander, der PC bietet neben unbegrenzten Bildraten und nativem 4K – Support aber das geschmeidigere Erlebnis, ohne dabei gleichzeitig zu viel Hardware zu fressen. Lange Ladezeiten zwingt einem zum Glück keine der drei Plattformen auf, stattdessen ist man stets fix im Rennen, auch der Weg dahin ist dank der übersichtlich gestalteten Menüs kein Problem. Apropos Übersicht: Ganze fünf Kameraperspektiven stehen euch im Spiel zur Verfügung, zwischen denen ihr jederzeit per Knopfdruck wechseln könnt. Neben der klassischen Heckansicht am ehesten brauchbar ist da die Cockpitansicht ausgefallen. Richtig cool ist zwar auch die Perspektive aus dem Helikopter, zur Navigation taugt die aber natürlich nicht. 

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Was man dafür abseits der Einsitzer ständig an der Backe hat, ist der repetive Kommentar des Beifahrers. Der wiederholt sich nämlich nicht nur wieder und wieder, auch wirken die Gesprächsfetzen oft wie aus dem Zusammenhang gerissen und wechseln innerhalb von Sekunden zwischen monotonem Einwurf und lautem Geschrei. Immersiv ist das nicht, stattdessen würde man dem Beifahrer oft nur zu gerne das Maul stopfen, wenn er nur nicht so wichtig und nützlich wäre. Eine Deutsche Lokalisierung gibt es übrigens auch nicht, das Spiel bietet ausschließlich englischen Ton, dafür aber eine Vielzahl von passenden Untertiteln. Der rockige Soundtrack ist dafür recht gewöhnungsbedürftig und will zumindest in meinen Ohren nicht so recht zum Spielgeschehen passen. Und auch die Motorensounds sind nicht so kraftvoll, wie man sie von anderen Spielen kennt. 

Fazit und Wertung

ava4„Dakar 18 stellt grundlegend einen ambitionierten Versuch dar, eines der spannendsten Rallyespektakel als Videospiel umzusetzen, scheitert dabei aber hauptsächlich an Detailschwächen. Fahrphysik, Steuerung…all das macht die Konkurrenz von GRID deutlich besser. Der schieren Größe der Spielwelt steht größtenteils Leere gegenüber, die oberflächliche Schatzjagd entpuppt sich als Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Online ist nicht viel los und auch den Schwierigkeitsgraden mangelt es an Balancing. Dafür punktet Dakar 18 mit einem großen Fuhrpark, voller Lizenz und sehr hübschen Wettereffekten. Als Alleinstellungsmerkmal ist das aber leider einfach nicht genug. Und selbst Rallyeprofis können an dämlicher K.I. und schwammiger Steuerung scheitern.“

Mikrotransaktionen/Pay-2-Win: Dakar 18 verfügt über keinerlei Echtgeldinhalte oder bietet andere Möglichkeiten, sich spielerische Vorteile zu erkaufen. Eine Abwertung nehmen wir diesbezüglich nicht vor. 

PRO: 

+ Frei erkundbare, gewaltige Landmasse
+ Konsequente Umsetzung des Dakar – Reglements

+ Tolle Wettereffekte
+ Grandiose Weitsicht
+ 14 teils riesige Etappen mit unterschiedlichen Streckengegebenheiten
+ Umfangreicher, voll lizensierter Fuhrpark samt Fahrerteams
+ Jede Fahrzeugklasse fährt sich unterschiedlich, dadurch hoher Wiederspielwert
+ Übersichtliche Menüs

+ Ausreichend Tutorials
+ Angenehm kurze Ladezeiten

CONTRA:

– Spielwelt besteht zu 90% nur aus leeren Wüstenarealen
– Gelegentlich schwache Texturen
– Grottige Fahreranimationen außerhalb des Gefährts
– Schwammige Steuerung
– Schlecht ausbalancierte Schwierigkeitsgrade
– Für einen Simulator lächerliches Schadensmodell
– Schatzsuchermodus ohne Hinweise auf Fundorte

– Mangelhafte Gegner – K.I. 
– Klangkulisse wenig imposant
– Dank permanenter Wiederholungen schnell nerviger Beifahrer

– Online herrscht gähnende Leere

                                                 GESAMTWERTUNG:     67%

Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.

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