Sniper Elite V2 Remastered – „Knapp daneben ist auch vorbei“

                                                 Getestet und verfasst von General M 

81ffFPIdrYL. SL1500 Nirgends lassen sich Feinde anatomisch derart detailliert um die Ecke bringen wie im Sniper Elite – Franchise. Dem stetigen Titelverwirr zum Trotz (V2, III, 4) war bereits Sniper Elite V2 in der Ursprungsfassung von 2012 keine Fortsetzung, sondern eher eine überarbeitete Auflage des ersten Teils – die fiel damals prompt dem deutschen Zensurhammer zum Opfer und wurde um ihre besten Features, darunter natürlich besonders der Bullet Cam beraubt, auch jedweder Nazibezug fiel der Schere zum Opfer. Doch die Zeiten ändern sich, denn mittlerweile gibt es das Spiel längst auch in hiesigen Gefilden unzensiert zu kaufen. Jetzt sogar nochmals als Remaster. Aber lohnt sich das Upgrade? Unser Kurztest gibt Auskunft. 

                          Hinweis: Sämtliche Screenshots stammen aus der PC – Version. 

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Heimlich und tödlich

Die Story von Sniper Elite V2 lässt sich auch im Remaster mit nur wenigen Sätzen erklären: Die Nazis stehen kurz davor, den zweiten Weltkrieg zu verlieren. Berlin ist längst nur noch eine Ruinenstadt, erbitterter Widerstand wird aber weiterhin geleistet, denn aufgeben will man die Reichshauptstadt nicht. Die experimentelle V2 – Rakete soll das Geschick der Wehrmacht und damit auch Deutschlands nun noch in den letzten Momenten entscheidend wenden. In der Rolle von U.S. Scharfschütze Karl Fairburn werden wir mitten ins Herz des Reichs entsandt, um das Projekt zu stoppen. 

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Viel mehr braucht das Spiel im Grunde gar nicht als Rechtfertigung dafür, euch via Scharfschützengewehr und einer Handvoll Gadgets gleichermaßen lautlos und tödlich durch die Reihen der Wehrmacht zu bewegen. Wie schon das Original bietet auch das Remaster im Rahmen der weitläufigen Areale stets mehrere Möglichkeiten, den Zielort und damit den Aufenthaltsort eures nächsten Opfers zu erreichen. Gelegentlich müsst ihr euch aber auch dem offenen Kampf stellen, was etwas fordernder ist als in konventionellen Shootern. Zwar kann Karl auch auf eine schallgedämpfte Pistole und eine MP zurückgreifen, die passende Munition ist allerdings rar. Dann lieber mithilfe von Tretminen und Stolperdraht Fallen an taktisch klugen Positionen lehnen und abwarten.

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Dennoch zählen solche Momente eher zu den schwächeren des Spiels, vor allem aufgrund des noch immer miesen Balancings, welches bereits im Original für zahlreiche Frustmomente im direkten Kampf gegen die Wehrmacht gesorgt hat. Besonders die teilweise unfair gesetzten Checkpoints sind ein Problem, welches auch das Remaster nicht beseitigt. Mit knapp 8 Stunden Spielzeit ist die Kampagne darüber hinaus abermals schnell zu bewältigen. 

Das ist mein Gewehr

Der zentrale Fokus liegt aber weiterhin auf dem unbemerkten Ausschalten von Zielen aus sicherer Entfernung. Und hier macht das Spiel vieles besser. Aus hochgelegenen Verstecken aus beziehen wir Position und warten auf eine günstige Gelegenheit für einen lumpenreinen Blattschuss. Sitzt der, wird man immer mal wieder (die Häufigkeit lässt sich auch hier frei einstellen) eine spektakuläre X-Ray – Einstellung gezeigt, in der die abgefeuerte Kugel sich herrlich überzogen ihren Weg durch die gegnerische Anatomie bahnt. Selbst nach all den Jahren ist das überaus unterhaltsam. Dabei muss man je nach Schwierigkeitsgrad stets auf Atmung, Windrichtung und Entfernung achten. Im leichten Modus genügt es oft, einfach abzudrücken um das Ziel genau dort zu treffen, wo man möchte. Ab da verwandelt sich der Kampf via Scharfschützengewehr aber zunehmend in eine kleine Simulation, die schon kleinste Fehler hart bestraft. 

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Wie sehr sich die Reihe seit 2012 weiterentwickelt hat, zeigt sich eindrucksvoll im direkten Vergleich mit den Fortsetzungen, die in Sachen Leveldesign allesamt deutlich abwechslungsreicher sind, vor allem aber bei der Gegner – K.I. drastisch zugelegt haben. In Sniper Elite V2 bekommt man es dagegen mit oft teilnahmslosen Gegnern zu tun, die noch nicht mal bemerken, wenn der Kerl direkt neben ihnen plötzlich das Zeitliche segnet. Wo in den Fortsetzungen sofort Großalarm ausgelöst wird und man in jeder (noch verbleibenden) Sekunde um sein Leben kämpfen muss, passiert in Sniper Elite V2 meist gar nichts. Gleichzeitig kommt es aber auch vor, dass Gegner einen plötzlich über völlig unrealistische Entfernungen erblicken. Während meines Playthroughs gab es viele Momente, in denen ich den Game Over – Bildschirm nur aufgrund solcher Erlebnisse vorgesetzt bekam. Spielerfreundlich ist anders, besonders ärgerlich bleibt aber die Tatsache, dass gerade diese Dinge im Rahmen des Remasters nicht die notwendige Überarbeitung erfahren haben. 

Alt und neu

Die beziehen sich nämlich fast ausschließlich auf die Grafik. Zunächst hervorzuheben ist der erstmals vorhandene 4K – Support. Der PC bietet hier exklusiv gleichzeitig unbegrenzte Bildraten, während man zumindest auf PlayStation 4 PRO und XBOX One X entscheiden muss, ob man lieber flüssige Bildraten erleben will, dabei aber nur in Full HD spielen kann, oder ob man lieber natives 4K bei festgelegten 30 Bildern pro Sekunde bevorzugt. Die Standardmodelle lösen dagegen bei Full HD in 30 FPS auf und bieten darüber hinaus keine weiteren Optionen. Obendrauf gibt es einen Frame by Frame – Fotomodus, mit dem sich die X-Ray – Kills im Detail für die Nachwelt festhalten lassen. Vergessen wollen wir dabei natürlich auch nicht die Nintendo Switch, die aber eher abseits vom Schuss agiert. Hier werden ebenfalls nur 30 Frames pro Sekunde geboten, um die allerdings überhaupt zu erreichen müssen Nintendo – User teils ordentliche Einschnitte bei der Gesamtbildqualität hinnehmen. Sichtweite, Textur- und Schattenauflösungen werden so weit zurückgefahren, dass sich das Spiel dort grafisch eher auf dem Niveau des Originals bewegt, mit kleinen Verbesserungen hier und da. Störend ist das nicht, denn auch auf Nintendo´s Konsole bleibt das Spiel bei mindestens 720p sehr gut spielbar, im Dock hingegen werden 918p am Output erreicht.

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Doch worin liegen die Verbesserungen des Remasters denn nun genau? Besonders die Beleuchtung und die allgemeine Effektqualität wurde grundlegend überarbeitet, auch die Texturqualität hat zumindest auf PC, PlayStation 4 und XBOX One zugelegt. Ein wirklich schönes Spiel ist Sniper Elite V2 aber auch als Remaster nicht, denn im monotonen Berlin fallen die Verbesserungen nur bei näherer Betrachtung wirklich als solche auf. Darüber tröstet auch die Tatsache nicht hinweg, dass man dem Remaster auch sämtliche DLC´s beigelegt hat, die immerhin vier neue Missionen und ein paar neue Waffen bieten. Auch der Online – Modus wurde für alle Systeme reaktiviert, abseits der Switch duellieren sich hier bis zu 16 Spieler, auf der Konsole von Nintendo maximal die Hälfte. Wirklich Spaß machen die Onlinegefechte allerdings nicht. Camping ist an der Tagesordnung und man hat Mühe, überhaupt Mitspieler zu finden. Die dafür nötigen Ressourcen während besser in die Überarbeitung von K.I. und Co. geflossen. Immerhin, die Bedienung geht auf allen Systemen gut von der Hand und zeigt sich lediglich unter Einsatz der Joy Con´s etwas unpräzise. Hier sollte man lieber konsequent zum Controller greifen.

Fazit und Wertung

ava7„Der große Wurf ist Sniper Elite V2 auch als Remaster für die gegenwärtige Hardwaregeneration nicht. Zwar sorgen die X-Ray – Kills auch in ihrer Premierenform für unterhaltsame Momente, im Vergleich zu den in jeder Hinsicht deutlich besseren Fortsetzungen ist damit alleine aber einfach kein Blumentopf zu gewinnen. Die groß angepriesenen Verbesserungen grafischer Natur fallen nur bedingt auf, herbe K.I. – Probleme und ein monotones Leveldesign sind weiterhin präsente Nachteile. Wer die Sammlung aber trotzdem vervollständigen will, kann das mit dem Remaster zumindest als Besitzer der Urfassung auf dem PC günstig nachholen. Auf allen anderen Plattformen rechtfertigt der Preis einfach nicht den Nutzen.“

Pay-2-Win/Miktrotransaktionen: Sniper Elite V2 Remastered bietet keinerlei Möglichkeiten, sich via Echtgeld spielerische Vorteile zu verschaffen. Auch abseits davon sind keinerlei optionale Bezahlinhalte vorhanden. Eine Abwertung nehmen wir diesbezüglich nicht vor. 

PRO:

+ Gut durchdachtes Snipern
+ Noch immer unterhaltsam in Szene gesetzte X-Ray – Kills
+ Hoher Fokus auf heimliches Vorgehen
+ 4K Support und Foto – Modus
+ Sämtliche DLC´s enthalten
+ Besitzer der PC – Urfassung rüsten günstig auf

CONTRA:

– K.I. entweder strunzdämlich oder unrealistisch aufmerksam
– Oft frustrierend weit auseinanderliegende Checkpoints
– Relativ kurze Kampagne
– Belanglose Story

– Nervige Actionpassagen
– Überarbeitete Grafik zeigt sich angesichts des monotonen Stils kaum
– Unpräzise Joy Con – Steuerung

                                                GESAMTWERTUNG:    5.5/10

Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.

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