BD: „Green Book – Eine besondere Freundschaft“

                                                 Getestet und verfasst von General M 

                           Quelle Bildmaterial: „Green Book, ©2018 FOX und eOne Germany. All rights reserved.“ 

                                     Ab 19. Juni 2019 erhältlich als Blu-Ray und DVD

81yv25ZHPjL. SL1500 Während sich die Filmschaffenden dieser Welt längst auf die Oscars© 2020 vorbereiten, trudeln langsam aber sicher auch die Sieger und Nominierten dieses Jahres bei uns im Heimkino ein. Dazu zählt auch Green Book – Eine besondere Freundschaft, der neben zahlreichen Auszeichnungen im Vorfeld auch bei der diesjährigen Verleihung der Academy Awards gleich drei wichtige Preise abräumen durfte, darunter für den besten Film des Jahres. Inszeniert von Regisseur Peter Farrelly, der sonst gemeinsam mit seinem Bruder eher für deftige Komödien verantwortlich ist, erzählt der Film ein gleichermaßen berührendes wie unterhaltsames Drama, basierend auf einer wahren Geschichte. 

Der Film

Tony „Lip“ Vallelonga (Viggo Mortensen, Der Herr der Ringe) ist ein klassischer Vertreter der Arbeiterklasse. Der gebürtige Italoamerikaner verdient sich ohne nennenswerten Schulabschluss Anfang der Sechziger Jahre seine Brötchen als Türsteher in einem New Yorker Club. Als der aber wegen Renovierungsarbeiten vorerst dicht macht, muss sich Tony nach einem Ersatzjob umsehen. Da bietet ihm der erfolgreiche Sänger und Pianist Dr. Don Shirley (Oscar© für den besten Nebendarsteller: Mahershala Ali, Moonlight) an, ihn als Chauffeur und Assistent auf seiner anstehenden Tour durch Nordamerika zu begleiten. Die Unterschiede zwischen den beiden Männern könnten nicht größer sein. Während „Lip“ ohne große Bildung auf seinen eigenen, kleinen Kosmos beschränkt lebt, ist Shirley kultiviert, klug und lebt in recht guten Verhältnissen. Selbst mit den Kennedy´s ist der Musiker persönlich befreundet. 

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Doch als die Tournee beide in den Süden der Vereinigten Staaten führt, muss sich auch Shirley erstmals den Gepflogenheiten einer ganz anderen Welt stellen. Anfang der Sechziger herrscht dort nämlich immer noch Rassentrennung zwischen Schwarzen und Weißen, Rassismus gehört dort anders als im deutlich liberaleren Norden zum Alltag. Während Shirley´s Mitmusiker George und Oleg in einem separaten Auto reisen und aufgrund ihrer Hautfarbe an keinerlei Beschränkungen gebunden sind, müssen sich Tony und Don am Negro Motorist Green Book orientieren, einer Art Tourführer, der Schwarzen Auskunft über die wenigen Lokalitäten im Süden gibt, wo sie essen und schlafen dürfen.

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Die gemeinsame Reise gerät zu einer Odyssee der Gegensätze, auf der sich die beiden Männer erst als Vertreter zweier völlig verschiedener Welten begegnen, mit der Zeit aber zunehmend zueinander finden. Während „Lip“ Shirley´s musikalischen Horizont erweitert und ihm Künstler wie Aretha Franklin und Little Richard näher bringt, ebenso auch den Wert eines guten Fried Chickens, unterstützt dieser ihn beim Briefeschreiben und erteilt ihm zusätzlich auch die ein oder andere Lektion in Sachen Etikette. Doch trotz Reisebegleiter ist der Road Trip durch den Süden auch von zahlreichen Gefahren begleitet. Rassistische Polizisten, zwielichtige Gestalten und der ganz normale Alltagsrassismus drohen immer wieder, den geplanten Abschluss der Tour vorzeitig zu beenden…

Die Rezension 

Green Book – Eine besondere Freundschaft erzählt eine jener seltenen Geschichten, die man beinahe für Fiktion halten möchte, hätte sie sich so nicht tatsächlich abgespielt. Umso mehr erschreckend wirkt es, dass der in den frühen Sechzigern spielende Film im Kern noch heute brandaktuell ist, denn Rassenhass und Vorurteile sind heute besonders im Süden der U.S.A. mehr denn je wieder an der Tagesordnung. Genau hier macht die Erzählung über eine ungewöhnliche Freundschaft Hoffnung darauf, dass sich all das auch eines Tages wieder zum Guten verändern kann, denn oftmals sind wir trotz unterschiedlicher Herkunft, Glaubens und Hautfarbe meist gar nicht so verschieden, wie es uns Populisten und Co. immer wieder eintrichtern wollen. 

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Viggo Mortensen und Mahershala Ali spielen die zwei völlig gegensätzlichen Charaktere, die sich mit der Zeit in ihren Vorurteilen und Gepflogenheiten mehr und mehr aneinander annähern, einfach nur perfekt. Der Film nimmt sich viel Zeit für seine Hauptdarsteller, deren anbahnende Freundschaft dadurch umso glaubwürdiger auf den Zuschauer wirkt. Dafür heimsten beide Darsteller eine Nominierung für den Oscar© ein, wobei Mortensen allerdings leer ausging. Mahershala Ali, der bereits 2018 einen Award als bester Nebendarsteller für seine fantastische Performance in Moonlight einheimsen konnte, nahm dagegen für Green Book – Eine besondere Freundschaft die zweite Goldstatue mit nach Hause und gilt längst als Ausnahmedarsteller, der in Zukunft wohl eine ebenso große Bedeutung für die afroamerikanische Schauspielgemeinde haben wird wie einst Sidney Poitier. Der echte Tony „Lip“ Vallelonga sowie Don Shirley starben übrigens beide 2013 im Abstand von nur wenigen Monaten, blieben aber bis zum Ende ihres Lebens freundschaftlich miteinander verbunden. Dass der Film letztendlich auch in seinen bittersten Momenten ein Gefühl der Leichtigkeit versprüht, liegt sicher auch an der langjährigen Komödienerfahrung von Regisseur Peter Farrelly, der sich hier erstmals an einen eher ernsten Film gewagt hat.

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Die Auszeichnung als bester Film des Jahres ist durchaus verdient, stellt andererseits aber auch ein gewichtiges Statement für die Bedeutung seines Inhalts für die heutige Zeit dar. Das titelgebende Negro Motorist Green Book hat es ebenso tatsächlich gegeben und wurde von 1936 bis 1969 jährlich in den Vereinigten Staaten herausgegeben. Die hitzige Atmosphäre dieser Zeit wurde von Kameramann Sean Porter in tollen Bildern eingefangen. Dazwischen legt Farrelly den Fokus aber ganz auf seine spielfreudigen Darsteller, die den über zwei Stunden langen Film nahezu komplett und mühelos von Anfang bis Ende tragen. Green Book – Eine besondere Freundschaft ist ein fantastischer Film mit nahezu perfekten Timing, der einen stetig auf unaufdringliche Weise daran erinnert, wie wichtig es ist, aufeinander zuzugehen. 

Die Blu-Ray

Offenbar schätzen FOX und eOne Germany das hiesige Erfolgspotenzial des Films im Heimkino, der in Deutschland immerhin von knapp 1.5 Millionen Kinobesuchern gesehen wurde, als relativ gering ein. Nur so lässt es sich erklären, dass man hierzulande auf eine 4K – Veröffentlichung verzichtet hat und Green Book – Eine besondere Freundschaft lediglich als Blu-Ray und DVD in die Läden bringt. So ärgerlich das auch ist, so sehr zwingt es uns dazu, sich bei der Bewertung der Veröffentlichung auf das zu beschränken, was letztendlich auch offiziell verfügbar ist. Zuerst einmal die Randdaten: Gedreht wurde vollständig digital mit Arriflex – Kamerasystemen, die im Ausgang maximal 3.4K in der Auflösung bieten. Daraus entstand später ein 2K Digital Intermediate, welches auch der Blu-Ray als Basis dient, natürlich wie immer weiter herabskaliert auf 1080p.

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Das Ergebnis besticht mit hervorragender Bildschärfe, die Hintergründe ebenso wie feine Texturen auf Haut und Kleidung effektiv herausarbeitet und präsentiert. Die Farbgebung ist bewusst erdig gehalten, weswegen der Film nahezu vollständig von Braun- und Gelbtönen dominiert wird, die aber in den richtigen Momenten auch mal etwas zurückhaltender erstrahlen und so Raum für kräftige Primärtöne (wie beispielsweise dem stets präsenten, babyblauen Auto) offerieren. Dabei bleiben die Hauttöne durchgehend angenehm natürlich. Der gewählte Look passt definitiv bestens zum Setting. Auch die Kontraste präsentieren sich meistens stark, besonders in hellen Szenen punktet der Film mit sehr guten Weißanteilen. Nicht ganz so gut wirken dafür die dunklen Einstellungen, denn bei Nacht wirkt das Bild unruhiger und zeigt sich immer mal wieder anfällig für leichtes Bildrauschen. Darunter leidet dann natürlich auch die Durchzeichnung etwas. Alles in allem stellt die Blu-Ray in Sachen Bild aber eine mehr als solide Veröffentlichung dar, die man sich so guten Gewissens ins Regal stellen kann. 

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Während sich Fans des Originaltons auf einen Dolby Atmos – Mix freuen können, gibt es für ausschließlich deutschsprachige Zuschauer „nur“ eine verlustfreie DTS-HD MA 5.1 – Tonspur an Bord der Blu-Ray. Anders als bei manch anderem Film der letzten Zeit halten sich die qualitativen Unterschiede aber zum Glück arg in Grenzen. Auf der regulären Ebene präsentieren sich beide Spuren gleichermaßen stark, die Stimmverständlichkeit im Center ist jeweils makellos. In allen anderen Belangen, besonders der allgemeinen Geräuschkulisse, agiert der Film generell sehr zurückhaltend. Der Raumklang wird lediglich vom tollen Soundtrack richtig ausgenutzt, dann aber auch mit allem drum und dran. Musik ist ein wichtiges Kernelement des Films und genau dieser Aspekt kommt bei den Tonspuren auch bevorzugt zur Geltung. Die Deckenebene der Atmos – Tonspur erweitert den Soundtrack dann auch lediglich noch etwas nach oben und sorgt dadurch für etwas mehr Atmosphäre, spart sich aber abseits einer fast referenzverdächtigen Sequenz im prasselnden Regen fast komplett jede Form von erwähnenswerten 3D – Highlights. Gleiches gilt für den Subwoofer, der ebenfalls nur bei Musik richtig erwacht, sonst aber genauso um Zurückhaltung bemüht ist wie der weite Rest des Films. 

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Für den besten Film des Jahres 2019 sind allerdings die Extras ziemlich lasch geraten. Kombiniert kommt das Bonusmaterial auf gerade mal knappe 15 Minuten Gesamtspielzeit, die man hier auf drei Featurettes verteilt hat. In denen unterhalten sich die Darsteller und Regisseur abwechselnd über die wahre Geschichte, auf der Green Book – Eine besondere Freundschaft basiert, ebenso aber auch über das titelgebende grüne Buch und auch die jeweiligen Performances der Hauptdarsteller werden nochmal näher in den Vordergrund gerückt. Etwas wenig ist das ja doch. 

Fazit

ava7„Mit Green Book – Eine besondere Freundschaft ist Regisseur Peter Farrelly ein überraschend leicht verdaulicher, aber dennoch extrem bewegender Film über ein Stück amerikanische Zeitgeschichte gelungen, welches vor allem von seinen brillanten Hauptdarstellern und deren perfektem Timing lebt. In vielerlei Hinsicht zurecht mit Preisen überhäuft gelingt es, den schmalen Spagat zwischen Drama und Komödie zu jeder Zeit zu bewältigen, dazu gesellt sich ein klasse Soundtrack und nicht zuletzt auch eine wichtige Botschaft. All das bringt auch die Blu-Ray gut rüber, die mit gutem Bild und Ton aufwartet, dafür aber bei der Sonderausstattung eher minimalistisch abliefert. Weiterhin bleibt natürlich schade, dass 4K – Enthusiasten nur der Import aus dem Ausland bleibt.“

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