NBA 2K21 – „Von der Unlust zu Lernen“

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                                                        Getestet und verfasst von General M 

812hk2cXcEL. SL1500 Mit NBA 2K20 schossen Entwickler Visual Concepts und Publisher 2K in den Augen vieler Spieler im letzten Jahr endgültig den Vogel ab. Was als Basketballsimulation vermarktet wurde, war beinahe nur noch wenig mehr als Glücksspiel im Sportgewand mit an allen Ecken und Enden omnipräsenten Mikrotransaktionen. Dafür gab es auch in unserem Test den Platzverweis. Ein Jahr später zeigt sich, dass die Macher nichts aus diesem Desaster gelernt haben. NBA 2K21 setzt immer noch ganz auf Pay-2-Win, versteckt seine Ambitionen zur Gewinnmaximierung nur etwas geschickter. Zum Vollpreis gibt es gerade mal eine wiederkehrende Mechanik…und jede Menge alter Fehler. Ein Bericht über ein Meisterstück in Sachen Faulheit. 

              Hinweis: Sämtliches exklusives Bildmaterial wurde auf dem PC aufgenommen. 

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Das Vermächtnis bewahren

Natürlich bemüht sich auch NBA 2K21 im Rahmen der MyCareer wieder um eine cineastische Story. Dieses Mal schlüpft ihr in die Haut von Junior, der mit Basketball eigentlich ganz bewusst nie viel am Hut gehabt hat. Sehr wohl aber dessen Vater, der es seinerzeit zur Legende in der NBA gebracht hat. Nach dem Tod des entfremdeten Familienoberhauptes muss Junior nun genau das tun, was er eigentlich immer vermeiden wollte: Die Legende des Vaters erhalten, dessen übergroße Fußstapfen ausfüllen und sich dabei auch einen eigenen Namen auf dem Court machen. Unsere Reise beginnt zunächst auf der High School, wo sich in den ersten Spielen primär entscheidet, auf welchem von insgesamt zehn Colleges wir unsere Ausbildung fortsetzen wollen. Je besser man in diesen Spielen performt, desto größer ist am Ende die Auswahl. Immer mit dabei ist Familienbuddy Archie, der es augenscheinlich kaum erwarten kann, uns als Manager in eine glorreiche Zukunft bei den Big Playern zu führen. Bis dahin ist es aber ein weiter Weg, der Junior nicht nur auf dem Court, sondern auch privat immer wieder zu neuen Tiefschlägen, Herausforderungen und wichtigen Entscheidungen führt…

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Wobei, so richtig schwer wiegen diese Entscheidungen eigentlich nicht. Lediglich einmal hatte ich über den gesamten Verlauf der Karriere das Gefühl, nicht Teil einer sehr linear gestrickten Entwicklung zu sein, deren Auswahlmöglichkeiten sich ebenso wie das Abschneiden in späteren Partien kaum bis gar nicht auf den weiteren Handlungsverlauf auszuwirken scheinen. Und letztendlich bietet die Story auch nicht viel mehr als jene der Vorgänger oder auch anderer Sportsimulationen mit Karriereeinschlag. Visual Concepts setzt abermals auf große Namen und hat mit Djimon Hounsou, Mirelle Enos und den Coverstars Damian Lillard und Zion Williamson tatsächlich einen relativ prominenten Cast am Start. Aber auch der kann nicht verhindern, dass sich das gesamte Arsenal aktueller Sportspiele inhaltlich seit Jahren auf dem selben kleinen Fleck wieder und wieder im Kreis dreht. Denn viel mehr als die übliche Geschichte vom Rookie zum Superstar der NBA weiß man auch in diesem Jahr nicht anzubieten, auch wenn diese überdurchschnittliche solide inszeniert worden ist und wesentlich mehr Tiefgang anzubieten weiß als beispielsweise der komplett einfallslos gestaltete Karrierepfad, durch den ich mich zuletzt in Madden NFL 21 kämpfen musste. 

(Fast) alles wie gehabt

Etwas mehr hat sich auf den ersten Blick in der Neighborhood getan, die sich dem Spieler etwas später öffnet. Das altbekannte Viertel wurde quasi kernsaniert und präsentiert sich jetzt im sonnigen Strandambiente. Hier könnt ihr das Können eures persönlichen Charakters nicht nur in zahlreichen Herausforderungen gegen das anderer Spieler aus der ganzen Welt messen, sondern im Training eure Fertigkeiten verbessern und nicht zuletzt auch nach Herzenslust shoppen. Hinter dem frischen optischen Anstrich lauern aber leider die altbekannten Echtgeldmechaniken. Um euren zu Beginn völlig unterlegenen MyPlayer überhaupt ansatzweise konkurrenzfähig gestalten zu können, müssen grob 200.000 Virtual Credits investiert werden. Die erhaltet ihr zwar wieder über reguläres Gameplay, allerdings in so geringer Form, dass der daraus resultierende Grind wahrscheinlich länger dauern wird, als das Erscheinen von NBA 2K22 vom jetzigen Zeitpunkt an. Ganz klar: Die Spieler sollen dazu animiert werden, sich den Weg mit Mikrotransaktionen abzukürzen. Praktischerweise bietet der Echtgeldshop dafür genau das passende Paket an – für sage und schreibe 49.99€. Wer will, kann sogar das Doppelte investieren und seinen Charakter direkt an das Wertemaximum bringen. 

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Das Problem ist, dass die ohnehin schon knausrig auf regulärem Wege ausgeschüttete Währung nicht nur für das Verbessern der Statuswerte gebraucht wird, sondern gleichzeitig auch für den Erwerb sämtlich kosmetischer Inhalte. Geschenkt wird einem quasi nur, was im Rahmen der Battlepass-Komponente über reines Spielen ausgegeben wird. Davon bringt einen aber nichts wirklich weiter. Der Erwerb zusätzlicher Währung via Echtgeld bleibt so gut wie alternativlos, erst recht wenn man sich im kompetiven Wettstreit mit Spielern messen will, die weniger moralische Probleme damit haben, zu Kreditkarte und Co. zu greifen, um sich ihre Überlegenheit einfach zu erkaufen. Gegen die hat man nämlich weiterhin keine Chance, es sei denn, man investiert selbst noch einmal mindestens so viel, wie das eigentliche Vollpreisspiel kostet. Das ist Pay-2-Win in seiner schlimmsten Form und wird von uns dementsprechend mit zehn Punkten Abzug in der Gesamtwertung geahndet. Übrigens, wer mit seiner Konsole oder PC nicht mit dem Internet verbunden ist, erhält gar keinen erst Zugang zur MyCareer oder MyTeam, sondern hat generell nur noch Zugriff auf Blitzpartien und MyLeague. Und zumindest in der Current Generation bleibt die WNBA mit ihren insgesamt zwölf verfügbaren leider wieder nur auf diese beiden Modi beschränkt.

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Natürlich dreht sich auch in MyTeam wieder alles um das Managen des persönlichen Dreamteams mithilfe von Karten, Boostern und Co. Am grundlegenden Spielprinzip hat sich dementsprechend ebensowenig geändert wie an der Möglichkeit, über Echtgeld schnell an die qualitativ hochwertigsten Karten zu gelangen. Die Casinomechaniken des Vorgängers haben die Macher dieses Jahr zum Glück nicht wieder implementiert, dennoch herrscht auch hier weiterhin die Devise: Geld regiert die Welt. Im Grunde verhält es sich da exakt wie in der Karriere. Challenges und gewonnene Matches liefern einfach nicht genügend Credits, als dass sich der Progress ohne Echtgeldeinsatz zu irgendeinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise fair anfühlt. Allerdings ruft das Spiel bereits für das billigste Kartenpaket stolze 10.500 VC auf. Dagegen sind die Preise bei einem FIFA geradezu günstig. Kurzum, auch wenn NBA 2K21 sich etwas mehr als sein Vorgänger bemüht, die aufdringliche Mikrotransaktionskomponente zu verbergen: Am Ende hat sich doch nichts daran geändert, dass man ohne zusätzliches Geld in den beiden wichtigsten Modi des Spiels einfach nichts reißen kann. Für massives Pay-2-Win in MyTeam werten wir deshalb um weitere zehn Punkte ab. Ein trauriger neuer Rekord in der bald siebenjährigen Historie von M-Reviews. 

Shoot und Wut

NBA 2K21 fühlt sich bis zu diesem Zeitpunkt so identisch zum Vorgänger an wie noch kein Spiel zuvor. Komplett wiederverwertete Spieleranimationen inkl. Signature Moves, sogar die visuellen Abläufe in der Halbzeit kann man direkt gegenübergestellt höchstens aufgrund der aktualisierten Trikots ihrem jeweiligen Spiel zuordnen. Selbst die Kommentaren spulen wieder das gleiche Programm ab. Und mittendrin gibt es dieselben blöden Bugs wie Aussetzer bei der K.I., Probleme bei der Kollisionsabfrage oder der allgemeinen physikalischer Darstellung der Spielerbewegungen, über die sich die gesamte Käuferschar mittlerweile seit Jahren ärgert, ohne dass auch nur irgendwas davon behoben worden wäre. Rein theoretisch würde man hier gemessen an der Current Generation mindestens sechzig Euro auf den Tisch legen und erhält dafür lediglich aktualisierte Kader, Trikots und eine optisch andere Neighborhood, wäre da nicht das einzige neue Feature, dass sich auch wirklich wie eines anfühlt: Das überarbeitete Shooten. 

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Okay, so richtig neu ist das eigentlich auch nicht, denn ganz ähnlich gab es das bereits in NBA 2K17. Weil es aber damals schon kaum jemandem gefallen hat, verschwand es dann für ein paar Jahre, nur um jetzt eben im Rahmen allgemeiner Ideenlosigkeit wieder als neues Feature beworben ins aktuelle Spiel zurückzufinden. Blöd nur, dass es auch vier Jahre später immer noch keiner mag. Und das bisherige System eigentlich perfekt war. Positionieren, die Leiste füllen und den Button loslassen, wenn der Balken am Limit ist. Punkten. Sich freuen. Hurra! All das ist in dieser Form nur noch möglich, wenn ihr das einzige „neue“ Feature in den Optionen wieder deaktiviert. Die Frage ist dann aber, was man bei NBA 2K21 überhaupt noch als frisch bewerten kann. Und selbst wenn man es aktiviert lässt, ist die Umsetzung teilweise frustrierend schwer. Erst ein kürzlich erschienenes Update entschärft die Herausforderung beim Shot Aiming. Und trotzdem werden die allermeisten Fans, mich eingeschlossen, wohl lieber beim bewährten System der Vorgänger bleiben. 

Der letzte Atemzug einer ganzen Generation 

Schon als die Pressemittelung zum Reveal von NBA 2K21 bei mir eingegangen ist, war ich hinsichtlich der Umsetzung für die Current Generation stutzig. Seitdem wurde nämlich immer wieder betont, dass das Spiel auf PlayStation 5 und XBOX Series X/S ein vollständig anderes sein würde. Von Grundauf neu programmiert. Das mag sogar wahr sein, denn nicht nur versprechen die Macher für die Next Generation Frauen im Karrieremodus, auch technisch soll das Ding einen gewaltigen Sprung nach vorne machen. Wer nun aber denkt, dass er dann doch einfach warten kann, bis die neuen Konsolen auf dem Markt sind und seine Kopie der Standard Edition dann kostenlos aufgewertet wird, irrt sich gewaltig. Nur wer die knapp neunzig Euro teure Mamba Forever – Edition erwirbt, kann später ohne zusätzliche Kosten auf die wirklich wahre Version 2021 des Spiels aufrüsten. Alle anderen müssen erneut knappe siebzig Tacken auf den Ladentisch legen, denn 2K hat sich wie Activision dazu entschieden, die Preise für Titel der kommenden Generation um durchschnittlich zehn Euro anzuheben. Immerhin könnt ihr systemübergreifend euren Progress aus MyTeam übertragen. Und wenigstens das kostet ausnahmsweise einmal nichts. Ein kleines Wunder. 

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Und weil NBA 2K21 auf neuer Hardware auch komplett neu erschaffen werden soll, werden wir dazu bei Zeiten auch einen separaten Test präsentieren. Deshalb gilt: Alles was ihr bisher gelesen habt und noch lesen werdet, bezieht sich ausschließlich auf PC (der übrigens gar kein Upgrade erhalten wird), PlayStation 4 und XBOX One mitsamt ihren erweiterten Modellen. Eine Version für die Nintendo Switch lag mir dagegen nicht vor, aber es würde mich nicht wundern, wenn die Erfahrung auch dort so gut wie identisch zum Vorjahreskandidaten ist, der besonders auf technischer Ebene zusätzlich herbe Abstriche hinnehmen musste. Optisch hat sich wirklich nichts getan, was das bloße Auge auch nur ansatzweise wahrnehmen könnte. Man hat hier schlicht keine Arbeit mehr darin investiert, den Titel auch auf der Current Gen nochmals zu modernisieren. Zugegeben, die Grafik hält sich immer noch recht wacker, besonders in nativem 4K auf PlayStation 4 PRO, XBOX One X und PC bei gleichbleibend flüssigen 60 Frames für geschmeidiges Gameplay. Aber wenn man sich mal den Trailer zur Next Gen-Version anschaut, wirkt der hier dargebotene Aufguss trotz immer noch sehr gelungener Atmosphäre dann doch schon recht betagt. 

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Menüführung und Bedienung sind weiterhin gleich zum letzten Jahr. Das ist aber ausnahmsweise nicht schlecht, denn auf diese Weise finden Veteranen mühelos und ohne Tutorials sofort ins Spiel. Selbst Neuankömmlige werden dank mehrerer gut ausbalancierter Schwierigkeitsgrade und umfangreichen Tutorials aber keine Schwierigkeiten haben, den Einstieg in das virtuelle Körbewerfen zu finden. Dazu gibt´s einen passenden Soundtrack, der mit einigen namhaften Größen des Hip Hop aufwarten kann. Nervig ist dafür die immer wieder eingeblendete Werbung, die sich leider auch nicht deaktivieren lässt. Das sowas in einem Vollpreisspiel gar nicht gut ankommt, hat Electronic Arts erst letzte Woche mit UFC 4 auf die harte Tour lernen müssen und die ungewollten Breaks gleich wieder entfernt. 2K dagegen wird sich darauf wohl eher nicht einlassen. So ist das eben mit der Unlust zu Lernen. Die vergeht auch mit schlechten Noten nicht, und seien es noch so viele. 

Fazit und Wertung

55957770 2311144785603906 1491509483245928448 o„Am Ende dieser Rezension habe ich eigentlich nur noch eines zu sagen: Wartet. Und selbst das auch nur dann, wenn ihr die Anschaffung der PlayStation 5 oder XBOX Series X/S Ende des Jahres plant. Denn erst mit der Next Generation wird NBA 2K21 das Spiel werden, dass man in dieser Form weder grafisch, gameplaytechnisch und vielen anderen Belangen bereits auf der auslaufenden Current Generation erwartet, aber nicht bekommt. Dort sieht der diesjährige Ableger identisch zum Vorgänger aus, spielt sich dafür schlechter und ist über beide Kernmodi so durchseucht von Pay-2-Win, dass am Ende nicht mehr bleibt als ein Kaderupdate zum Vollpreis mit allen alten Fehlern, welches einen trotzdem zu immer weiteren Investitionen verführen will. Dass sich die Abzocke mit den Virtual Credits auch auf neuen Plattformen fortsetzen wird, ist natürlich klar. Wenn sich dafür in den übrigen Bereichen merkbare Veränderungen einstellen, wäre das aber zumindest schonmal ein Anfang. So kann man auf den Umstieg vorerst mit gutem Gewissen verzichten – besonders, weil abseits der Mamba Edition dann nochmal der komplette Preis plus Schmalz fällig wird. 2K…and it´s gone.“

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PRO:

+ Sämtliche Kader der NBA und WNBA sind enthalten…
+ …dazu zahlreiche Alumni- und Allstarteams
+ Atmosphärisch trotz vielen Abnutzungserscheinungen weiterhin überzeugend
+ Ungebrochen gelungener Simulationsaspekt

+ Männliche und weibliche Spieler überwiegend mit viel Wiedererkennungswert
+ Insgesamt flüssige Animationen

+ Trotz mangelnder neuer Ideen solide erzählte Karriere…
+ …und nett aufgemachte neue Neighborhood
+ Umfangreicher Charaktereditor
+ Neues Shot Aiming abschaltbar
+ MyTeam – Progress nahtlos in die Next Generation übertragbar
+ Umfangreiche Tutorials
+ Fair ausbalancierte Schwierigkeitsgrade
+ Passender Soundtrack
+ Im Kern gute (englische) Kommentatoren
+ Eingängige Bedienung und Menüführung

CONTRA:

– Entscheidungen in der Karriere nur selten mit spürbaren Konsequenzen
– Alles in allem wird wieder die gleiche Geschichte wie in jedem Sportspiel erzählt
– Leistungen wirken sich ab der Mitte nicht mehr wahrnehmbar auf Karriereverlauf aus
– Hemmungsloses Pay-2-Win in MyCareer und MyTeam…
– …dem als Alternative nur ein lächerlich unverhältnismäßiger Grind gegenübersteht
– Grafisch kein erkennbarer Unterschied zum Vorgänger…

– …und dementsprechend langsam Staub ansetzende Technik
– So viel Recycling, dass kaum mehr bleibt als ein Kaderupdate zum Vollpreis
– WNBA bleibt weiterhin nur in Saisons und Schnellen Spielen nutzbar
– Nerviges Shot Aiming quasi als einziges neues Feature in diesem Jahr…
– …welches den Spielfluss dafür negativ beeinflusst
– MyTeam und MyCareer mit Onlinezwang
– Werbeeinblendungen
– Videos werden selbst am aktuellen Technikstand gemessen viel zu niedrig aufgelöst

– Clipping-, Animations- und K.I.-Aussetzer identisch zum Vorjahr
– Lags und Verbindungsschwierigkeiten im Online Modus
– Cheater bleiben ein großes Problem
– Standardedition wird nicht kostenfrei auf Version für die kommende Generation aufgewertet.

                                                GESAMTWERTUNG:     4.4/10
                                                                           (um zwanzig Punkte abwertet von 6.4/10)

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