Star Wars: Squadrons – „(Beinahe) Unendliche Weiten“

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                                                      Getestet und verfasst von General

81d6hoKPP6L. SL1500 Star Wars ist ein Franchise mit langer Tradition. Beinahe ebenso lange wie auf den Kinoleinwänden gehen die Geschichten aus einer weit, weit entfernten Galaxis auch als Videospiele um. Und gerade um die stand es in den letzten Jahren eher schlecht. Erst mit mit dem gelungenen Rework von Battlefront II sowie dem absoluten Überraschungshit Jedi: Fallen Order gelang Lizenzinhaber Electronic Arts nach langer Durststrecke die Rückkehr zum Erfolg. Star Wars: Squadrons soll dies nun fortsetzen. Der Weltraumactioner sieht sich in der Tradition von bis heute geliebten Klassikern wie X-Wing und konzentriert sich ganz auf packende Dogfights im All. Schaler Aufguss oder würdiger Thronerbe? Unser Test liefert die Antwort. 

               Hinweis: Sämtliches Bildmaterial wurde auf der XBOX One X aufgenommen. 

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Nachbeben

Squadrons wirft uns mitten in die Zeit kurz nach den Geschehnissen Episode VI: Die Rückkehr der Jedi-Ritter. Obwohl es den Rebellen gelungen ist, während der Schlacht um Endor nicht nur den zweiten Todesstern zu zerstören, sondern auch die Führungsspitze des Galaktischen Imperiums auszuschalten, herrscht mit der neu gegründeten Republik längst kein Frieden im Universum. Die verbliebenen imperialen Truppen leisten weiterhin erbitterten Widerstand und versuchen auch ohne Palpatine, Vader und Co. zurück an die Macht zu gelangen. Eine neue, schlagkräftige Waffe soll der Republik nun dabei helfen, den andauernden Konflikt endgültig beizulegen. Dabei lässt uns Squadrons sämtliche Ereignisse im Rahmen der gut siebenstündigen Einzelspielerkampagne abwechselnd auf beiden Seiten erleben. In der Rolle eines zuvor im leider recht übersichtlich ausgefallenen Editor erstellten Piloten übernehmen wir immer neue, angenehm abwechslungsreich designte Missionen. 

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All das präsentiert sich hübsch verpackt in zahlreichen Zwischensequenzen, welche die Handlung auch dank hervorragender deutscher Sprecher packend vorantreiben. Der Wechsel zwischen den jeweiligen Fraktionen ist nahtlos gestaltet und tatsächlich fällt es einem angesichts des gelungenen Storytellings schwer, sich dauerhaft für eine Seite zu entscheiden. Denn sowohl Republik als auch die Überreste des Galaktischen Imperiums haben nachvollziehbare Motive für ihre Taten, welche besonders über die interessanten Nebencharaktere überzeugend an den Spieler vermittelt werden. Da ist es schon schade, dass man diese hauptsächlich im Rahmen optionaler Gespräche kennenlernt. Eine immersive, verpflichtende Einbindung in die Hauptgeschichte hätten Figuren wie Keo und Shen definitiv verdient gehabt. So agiert Squadrons etwas zu sehr nach dem Motto „Alles kann, nichts muss“. Zwar lässt sich die Story auch ganz ohne optionale Gespräche problemlos genießen, dann verpasst man aber so ziemlich jeden tieferen Aspekt der Geschichte. 

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Das Team von EA Motive hat es geschafft, mit Squadrons nahtlos an das vertraute Gefühl der altehrwürdigen Weltraumsimulatoren X-Wing und TIE-Fighter anzuknüpfen. Und das war auch längst überfällig, liegt deren Release doch bereits über ein Vierteljahrhundert zurück. Jetzt also können sich Interessenten auch im zeitgemäßen Gewand wieder in packende Dogfights stürzen. Bei aller Mühe, die in die Erschaffung einer spannenden Kampagne geflossen sind, handelt es sich dabei aber nur um wenig mehr als ein umfangreiches Premiumtutorial für die Mehrspielerkomponente. Besser als nichts, andererseits geht das Gebotene für gerade mal vierzig Euro Verkaufspreis völlig in Ordnung. Wie lange ihr Spaß mit Squadrons habt, misst sich letztendlich also auch am aufgebrachten Interesse für den Mehrspielermodus. Dort beginnt der Kampf nämlich erst so richtig. Für den fairen Preis braucht aber auch keiner ein schlechtes Gewissen haben, der das Spiel nach Abschluss der Kampagne samt deren vier teils knackigen Schwierigkeitsgraden wieder ins Regal stellt. 

Kostet wenig, bietet wenig? 

Die ideale Zielgruppe für Star Wars: Squadrons auszumachen ist nicht gerade einfach. Was sich auf den leichteren Herausforderungsstufen eher arcadig anfühlt, verwandelt sich für Profis schnell in eine waschechte Simulation, welche geschicktes Management der verfügbaren Schiffsenergie und gute Klassenkenntnisse überlebenswichtig macht. Jeweils vier verschiedene Typen stehen Imperium und Republik zur Verfügung, nämlich Kampf, Unterstützung, Abfangjäger und Bomber. Das Imperium schickt TIE-Fighter, TIE-Interceptor, TIE-Bomber und den TIE-Reaper in die Schlacht, während die Gegenseite sich auf X-Wing, Y-Wing, U-Wing und A-Wing verlässt. Dementsprechend mager ist das Roster insgesamt ausgefallen und es sieht gegenwärtig auch nicht danach aus, als würde sich das mit kommenden Updates irgendwie ändern. Da bietet Battlefront II wesentlich mehr Auswahl. Trotzdem fliegen sich die jeweiligen Modelle angenehm unterschiedlich und bieten allesamt eigene Stärken und Schwächen, was das Zusammenspiel mit der Squad sowohl off- als auch online noch gewichtiger erscheinen lässt.

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Letzteres ist allerdings auch nicht gerade ein Umfangsmonster. Gerade mal zwei Modi stehen zur Auswahl, nämlich Dogfights als klassische Team Deathmatch-Variante, in der sich zwei Squads á fünf Spieler um die meisten Abschüsse gegenüberstehen und Fleet Battles, wo sich alles darum dreht, wer das Großkampfschiff des Gegners schneller ausschaltet. Viel ist das natürlich nicht und es ist fragwürdig, ob das auch nur ansatzweise ausreicht, um Hobbypiloten dauerhaft ans Spiel zu binden, besonders weil auch hier gegenwärtig nicht geplant ist, zukünftig neue Modi nachzuliefern. Richten muss es also das implementierte Progresssystem, welches Dranbleiben regelmäßig mit neuen Cosmetics belohnt. Mikrotransaktionen gibt es nicht, alle Inhalte werden ausschließlich über reguläres Gameplay freigeschaltet und liefern keinerlei spielerische Vorteile. So fair das auch sein mag, so sehr muss man sich auch hier die Frage stellen, ob Star Wars: Squadrons dadurch zukunftssicherer wird. Ganz ohne neue Events und Inhalte gehe ich momentan eher nicht davon aus. 

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Das ist besonders deswegen schade, weil Squadrons im Kern richtig gutes Gameplay bietet und dazu jede Menge Potenzial, mithilfe von Erweiterungen jedweder Art noch über mindestens ein paar Jahre hinweg in den Köpfen zu verharren. So wird aber gegenwärtig von allem zu wenig geboten. Zu wenig Abwechslung im Multiplayer und dessen Karten, zu wenig Auswahl bei den Schiffen. Was nützt es mir persönlich, mich auf eine wahre Freischaltungsodyssee zu begeben, wenn der Weg dahin nur aus zwei im Kern sehr simpel gestrickten Modi besteht? Vielleicht wird sich Electronic Arts bei entsprechendem Erfolg und guten Verkaufszahlen doch noch eines Besseren besinnen und das Spiel über die kommenden Monate mit mehr Content versorgen. Verdient hätte es Squadrons definitiv, gerade weil das virtuelle Fliegen mit Erscheinen des Flight Simulators momentan wieder in aller Munde ist. 

Am Besten in VR

Mit der Frostbite Engine hat Electronic Arts eine der potentesten Grafikgerüste überhaupt zur Verfügung, weswegen es nicht verwundert, dass dieses auch hier zum Einsatz gelangt. Alleine die unglaublich detailverliebten Schiffsmodelle samt Cockpits sind eine Klasse für sich, aber auch die Charaktere glänzen in den Zwischensequenzen durch realitätsnahe Mimiken und Animationen. Im All protzt die Engine zudem mit gewohnt eindrucksvollen Beleuchtungs- und Partikeleffekten. Kurzum, wir haben es auf rein visueller Ebene mit einem absolut zeitgemäßen Titel zu tun, der allerbeste Star Wars-Atmosphäre mit hoher immservier Dichte abliefert. Umso mehr beeindruckt, dass das Spiel auf sämtlichen Plattformen 60 Frames für maximal geschmeidiges Gameplay anpeilt und diese selbst auf den Standardkonsolen der auslaufenden Generation durchgehend halten kann. Und das geht natürlich nicht überall ohne Kompromisse.

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Im regulären Segment geht die Krone an die PlayStation 4, die bei nativem 1080p einen guten Kompromiss aus Performance und Bildqualität erzielt. Die reguläre XBOX One dagegen nutzt eine dynamische Auflösungsskalierung, welche sich in besonders effektreichen Momenten mindestens auf 900p und bei wenig Betrieb genau wie die PlayStation 4 bei maximal 1080p einpendelt. Sichtbar wird das in einem situationsbedingt matschigeren Gesamterlebnis, selbst dann ist die Spielbarkeit aber immer noch exzellent. Dafür sichert sich Microsoft im erweiterten Segment einmal mehr das Goldkrönchen, denn wo die PlayStation 4 PRO von Anfang bis Ende in 1440p (also 2K) auflöst, skaliert die XBOX One X von 1440p bis nativem 4K, bewegt sich aber die allermeiste Zeit über tatsächlich am oberen Rand des Machbaren. Ein beinahe konstant messerscharfes Bild bei gleichbleibend blitzsauberer Bildrate ist die Folge. Bei den Assets bleibt dagegen alles gleich, egal ob Texturen, Reflektionen und Co., visuelle Unterschiede abseits der Auflösung sind zwischen den einzelnen Plattformen nicht auszumachen. Dafür mangelt es dem Powerhouse aus Seattle am VR-Support der PlayStation 4 und ebenfalls technisch vorbildlichen PC-Version. Mit entsprechender Peripherie präsentiert sich der Ausflug in die Wirren nach dem Fall des Imperiums nochmal um einiges eindrucksvoller und empfiehlt sich als einer der besten VR-Titel der Gegenwart. Natürlich macht das Spiel aber auch im normalen Modus eine Menge Spaß. 

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Für alles andere sorgt die vorbildlich implementierte Klangkulisse. Über eine potente Heimkinoanlage punkten Schusswechsel mit toller Direktionalität und Kraft, bei denen sich auch der Subwoofer immer wieder aktiv beteiligt. Der Soundtrack passt perfekt zum Geschehen und bedient sich immer wieder zentraler Motive aus der klassischen Filmtrilogie, weiß aber auch das ein oder andere neue Element beizusteuern. Sehr gut sieht´s abschließend bei der Bedienung aus: Egal ob mit dem Controller der XBOX One oder PlayStation 4, die Steuerung der Flugzeuge und deren Subsystemen geht nach kurzer Einarbeit prima von der Hand, gleichzeitig unterstützt das Spiel auch zusätzlich angeschlossene Steuerknüppel samt Gashebeln. Spätestens wenn man das mit VR-Technik kombiniert, fühlt man sich wirklich direkt ins Cockpit eines der ikonischen Raumgefährte hineinversetzt. Und obwohl man selbst am PC mit Maus und Tastatur noch relativ brauchbar manövrieren kann, ist auch hier dringend zum Gamepad oder Spezialperipherie geraten. 

Fazit und Wertung

55957770 2311144785603906 1491509483245928448 o„Nach der Wiederauferstehung von Battlefront II und dem fantastischen Jedi: Fallen Order beweist Electronic Arts mit Star Wars: Squadrons erneut, dass man mit der begehrten Lizenz mehr anzufangen weiß als die Produktion substanzloser Groschengräber. Der je nach Schwierigkeit anspruchsvolle Mix aus Arcade und Simulation überzeugt dank tollem Gameplay und viel gestalterischer Liebe zur Vorlage, der sogar mit einer spannenden, wenn auch recht kurzen Story aufwartet. Die extrem geringe Anzahl an Schiffen und Mehrspielermodi sehe ich aber als großes Problem, dem auch die fairen Progressmechaniken auf Dauer nur wenig entgegensetzen können. Abseits davon bekommt man aber einen tollen geistigen Nachfolger zu X-Wing und Co. geboten, der speziell in VR für ein geniales Mittendringefühl sorgt.“

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PRO:

+ Detailverliebte Schiffsmodelle
+ Plattformübergreifend klasse optimierte Performance
+ Effektvoll in Szene gesetzte Raumschlachten
+ Spannend erzählte Kampagne aus zwei ganz unterschiedlichen Perspektiven…
+ …mit abwechslungsreichem Missionsdesign…
+ …interessanten Nebencharakteren…
+ …und filmreifen Zwischensequenzen
+ Gelunger Gameplaymix mit Arcade- und Simulationselementen
+ Flugzeugklassen mit eigenen Stärken und Schwächen…
+ …die das Zusammenspiel als Squad besonders online fördern
+ Vier gut ausbalancierte Schwierigkeitsgrade
+ Tonnenweise kosmetische Anpassungen…
+ …mit fair gestaltetem Freischaltungssystem
+ Gute deutsche Sprecher
+ Packende Geräuschkulisse…
+ …samt passendem Soundtrack
+ Fantastischer VR-Support (PC und PlayStation 4)
+ Zugängliche, intuitive Bedienung via Gamepad…
+ …mit nur wenigen Abstrichen bei Nutzung von Maus und Tastatur
+ Nahtloser Support zusätzlicher Steuerungsperipherie

CONTRA:

– Kampagne verbirgt viel erzählerische Qualität hinter optionalen Gesprächen…
– …bindet die Nebencharaktere abseits davon nicht gut genug in die Story ein…
– …und ist insgesamt sehr linear geraten
– Nur vier Flugzeuge pro Fraktion
– Sehr abwechslungsarme Onlinekomponente
– Teils lange Ladezeiten
– Charaktereditor liefert nur rudimentäre Features…
– …und sorgt mit der möglichen Kombination männlicher Köpfe und weiblicher Stimmen (und umgekehrt) für unfreiwillige Komik


                                          GESAMTWERTUNG:     
8.2/10

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