Necromunda: Hired Gun – „Hinter dem Imperium gleich links“

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                                                Getestet und verfasst von General M 

81yaQPWxUvS. SL1500 Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich in jüngeren Jahren vor einem Regal voller Miniaturen stand und folgenden Satz las: „In der düsteren Finsternis der fernen Zukunft gibt es nur Krieg.“ Zwar konnte ich mich nie so richtig für Warhammer 40K als Tabletop-Spiel begeistern, aber das brutale Universum inklusive Ausläufer hatte mich in seinen Bann gezogen. Bis heute stelle ich mir die Frage, wieso es dazu zwar tonnenweise Spiele gibt, aber bis auf ganz wenige Ausnahmen fast keines durch große Qualität glänzen kann. Auch Necromunda: Hired Gun stammt von einem kleinen Team mit wenig Budget. Das muss aber natürlich nichts heißen. Oder? Wir haben uns für euch auf der Suche nach Antworten mit Knarre und Köter durch die Makropolenstadt gekämpft. 

  Hinweis: Sämtliches Bildmaterial wurde auf dem PC aufgenommen oder entstammt dem offiziellen Pressekit. 

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Kein Inquisitor unter dieser Nummer

Milliarden und Abermilliarden Menschen leben in der fernen Zukunft unter dem eisernen Regiment des Imperiums. Aber auch das stetige Expansionsstreben und die endlosen Kriege gegen die zahlreichen übrigen Spezies in der großen Galaxis erfordern stetigen Nachschub an Ressourcen aller Art. Fabrikwelten, deren gewaltigen Industrieanlagen sich über die Oberfläche ganzer Planeten ziehen, sollen garantieren, dass die Versorgung gesichert bleibt. In diesen Makropolen herrscht das Imperium aber höchstens auf dem Papier. So auch in Necromunda, wo Banden unbehelligt um die Vorherrschaft kämpfen und der Abschaum des Universums problemlos Zuflucht gefunden hat. Genau dahin entführen uns die Macher für ein gut fünfzehn bis zwanzig Stunden langes Abenteuer. In der Rolle eines namenlosen Söldners, dessen Aussehen und Geschlecht wir vor Beginn aus etwas über einem Dutzend Vorlagen auswählen können, sollen wir einer drohenden Verschwörung auf den Grund gehen.

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Mit entsicherten Waffen und unserem treuen Cyberhund schlachten wir uns fortan durch dreizehn abwechslungsreich gestaltete Missionen, die von dreckigen Kanälen bis zum Hochgeschwindigkeitszug alles abdecken, was das Szenario hergibt. Nur die eigentliche Story bleibt dabei weitestgehend Nebensache und liefert gerade mal genug Grundsubstanz, um das Bleigewitter einigermaßen mit Sinn zu erfüllen. Auch der Protagonist bleibt uninteressant und agiert genauso, wie man es von einem klassischen Söldner wohl erwarten würde, nämlich ohne Fragen zu seiner Arbeit zu stellen. Schade eigentlich, denn aus Bandenkonflikte und Konspiration hätte sich mit etwas mehr Mühe alleine im Rahmen der starken Lizenz einiges mehr herausholen lassen können. Die Liebe zum Franchise wird höchstens beim Art Design deutlich. Necromunda: Hired Gun sorgt bereits ab den ersten Spielminuten dafür, dass ihr euch auf visueller Ebene mitten in das düstere Setting hineinteleportiert fühlt. 

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Dafür sieht es in Sachen Gegnervielfalt ziemlich mau aus. Zwar unterscheiden sich die Soldaten je nach Fraktion optisch voneinander, die einzelnen Modelle lassen sich aber an einer Hand abzählen. Die Frage „Habe ich dich nicht vor einer halben Minute schon getötet?“ sollte sich im Verlauf meines Reviews immer wieder stellen. Gelegentliche Bosskämpfe sorgen für etwas Abwechslung im drögen Schurkenpool, sehr viel klüger als die strohdoof agierenden Fußtruppen verhalten die sich aber auch nicht. Nervige Bugs und Glitches sorgen unter anderem dafür, dass sich Zugänge zum nächsten Areal nicht öffnen, weil irgendwo irgendein verbliebener Gegner in der Wand festhängt, den man dann mit zunehmend angesäuerter Laune suchen muss. Leider kein Einzelfall. Hier müssen die Macher dringend nachbessern. All das bedeutet aber nicht, dass man mit dem Spiel keinen Spaß haben kann, wenngleich der sich erst nach dem mauen Einstieg mit Tutorialcharakter einstellen will. 

Halb Mensch, halb Maschine

Nach dem finden wir uns nämlich schwerverletzt in der nächstgelegenen Klinik wieder. Mit mehr Implantaten im Körper als Charlotte Flair stehen uns beim gruseligen Fleischklempner fortan zahlreiche Verbesserungen für uns und unseren vierbeinigen Begleiter zur Verfügung. Die wollen aber mit harter Währung bezahlt werden. Zum Glück lässt sich in Necromunda überall Geld verdienen. Auf dem Anschlagbrett warten zufallsgenerierte Nebenmissionen in unendlicher Anzahl, für uns nutzlose Ausrüstung lässt sich nach jeder Mission unkompliziert verramschen, während das Managen unserer eigenen Ausrüstung dagegen unnötig fummelig geraten ist. Mit kybernetisch modifiziertem Körper bewegt es sich dann gleich viel flotter. Erst mit Doppelsprung, Wallrun, Dash und Greifhaken zieht Necromunda: Hired Gun das Tempo kräftig an und liefert genau die schnörkellose Hochgeschwindigkeitsaction, die man sich im Vorfeld davon versprochen hat. Das Ergebnis erinnert übrigens nicht ganz zufällig an Doom Eternal oder Titanfall 2, denn in Punkto Mechaniken bedienen sich die Macher hemmungslos bei ihren Vorbildern, vereinen dabei aber das Beste aus zwei Welten unter einem Dach. 

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Das bedeutet, dass auch hier ewiges Verweilen an einem Ort zwangsläufig tödlich ist. Munition und Lebenspunkte gehen auch auf einfacheren Schwierigkeitsgraden schnell zur Neige und müssen stetig nachgefüllt werden. Unser Roboköter hilft zwar auf Kommando gegen einzelne Gegner, ist gegen größere Gruppen aber relativ nutzlos. Ziel ist also, immer in Bewegung zu bleiben und die Finger ja nicht vom Abzug zu nehmen, ehe auch der letzte Gegner nur noch Hackfleisch ist. An den nicht gerade gelungen animierten Todesanimationen hat man sich allerdings schnell sattgesehen. Auch ist es relativ unwahrscheinlich, dass ein frisch abgeschossener Kopf immer noch schreit. Von solchen Ungereimtheiten lenken auch die Unmengen Blut nicht ab, die sich dabei zusätzlich meterweit in der Gegend verteilen. Trotzdem: Das konstant anhaltende, zusätzlich von heftigem Heavy Metal befeuerte Tempo und der durch das stetige Aufleveln stetig steigende Pool von Möglichkeiten motivieren bis zum Ende und machen viele der offensichtlichen Schwächen wieder wett. 

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Abseits sämtlicher Aufträge steht es euch frei, das Hub-Areal von Necromunda nach Belieben zu erkunden. Ob ihr nun neue Upgrades kauft, ein Schwätzchen mit der Barfrau haltet oder einfach die dichte Atmosphäre des Fabrikmolochs in euch aufsaugt, bleibt euch überlassen. All zu viele Nebentätigkeiten solltet ihr aber nicht erwarten. Denn obwohl es dort überall recht belebt zugeht, gibt es nur sehr wenige Interaktionsmöglichkeiten mit den vielen illustren Gestalten. Und die wurden wie alles andere auch sogar komplett deutsch synchronisiert. Trotzdem wäre hier definitiv mehr möglich gewesen, aber wir dürfen bei aller Kritik nicht vergessen, dass sich hinter dem Spiel eben nur ein kleines Team verbirgt, dass sich nach dem eher verrissenen Space Hulk: Deathwing nochmal aufgerafft hat, um beim zweiten Versuch es besser zu machen. Und besser ist Necromunda: Hired Gun allemal. Nur von Perfektion bleibt man weiterhin meilenweit entfernt. So ehrlich muss man auch sein. 

Unreale Makropole

Als technisches Grundgerüst dient – die Überschrift lässt es bereits erahnen – die Unreal Engine 4. Deren Stärken spielen die Entwickler vor allem in Sachen Beleuchtung gekonnt aus, ebenso sehen lassen können sich die Partikeleffekte, während alles andere ein bisschen hinter den Erwartungen zurückbleibt. Die eher schwachen Animationen wurden ja bereits kurz angemerkt, aber auch die Texturen präsentieren sich nicht immer auf zeitgemäßem Niveau. Die PC-Version unterstützt zwar gegenwärtig als einzige Plattform echtes 4K, bietet aber dafür lediglich fünf primäre Blöcke von Kantenglättung bis Effektqualität inklusive jeweils vier Presets von Niedrig bis Episch. Was genau sich wie auf die Leistung auswirkt, wird leider nicht klar. Wer also mit Performanceproblemen zu kämpfen hat, muss die Optionen geduldig austesten, 60 Frames pro Sekunde sollte man bei so rasantem Gameplay aber mindestens anpeilen. Im Test ist aber klargeworden, dass der Verbund maximaler Einstellungen und 4K definitiv aktuelle Hardware erfordert, um dieses Ziel zu erreichen. Bei 1080p und etwas heruntergeschraubten Settings ist das Spiel aber auch auf Mittelklasserechnern problemlos lauffähig. 

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Wesentlich problematischer sieht es auf sämtlichen Konsolen der letzten Generation aus. Lassen wir einmal die üblichen Unterschiede (Auflösung und Darstellungsqualität) außer Acht, haben sämtliche Systeme hier eines gemeinsam: Die schlechte Performance. Maximal 30 Frames pro Sekunde sind möglich, was dem Spielprinzip sowieso schon nicht allzu gut tut, aber selbst die werden egal auf welcher Plattform nie stabil ausgegeben. Stattdessen hat man das Gefühl, von einem permanenten Schluckauf begleitet zu werden, der selbst in ruhigen Passagen konsequent auftritt und dann für Ruckler sorgt. Spaß macht das Spiel in dieser Form definitiv nicht. Selbst auf der XBOX Series S sieht´s gegenwärtig nicht wirklich gut aus. Bei einer Auflösung von 1440p werden zwar bereits die magischen Sechzig angepeilt, tatsächlich bewegt sich die Performance aber durchschnittlich eher im Vierzigerbereich und schlägt von da mangels Begrenzung munter in sämtliche Richtungen aus. Zuschreibbar ist das in erster Linie der mangelnden Optimierung, auch hier heißt es in meinen Augen gegenwärtig: Finger weg!

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Die ersehnte Erlösung kommt schließlich mit XBOX Series X und PlayStation 5. Beide Plattformen laufen ebenfalls nur über Abwärtskompatibilität, bieten aber neben einer abermals auf 1800p erhöhten Auflösung endlich spielbare und stabile Bildraten, auch die Ladezeiten werden wie bereits auf der Series S im Vergleich zu den Vorgängermodellen merklich reduziert. Die hier angepeilten 60 Frames pro Sekunde werden beinahe durchgehend erreicht, gelegentlich kann mal ein Frame verlorengehen, aber das ist absolut zu vernachlässigen. Die PlayStation 5 performt hier insgesamt etwas stabiler, was für die bisher so schwache Abwärtskompatibilität der Konsole dann doch endlich mal wieder ein Pluspunkt ist. Grundsätzlich kann man aber bedenkenlos auf beiden Plattformen zugreifen. Dass die alte Generation aber trotz Abspeckungen nicht mehr jedes Spiel tragen kann, wird mehr und mehr klar. Trotzdem wollen wir uns alleine schon angesichts der gewaltigen Verbreitung dieser Modelle noch nicht einfach so von XBOX One und PlayStation 4 verabschieden. Bei der Bedienung haben die Konsolen übrigens sowieso die Nase vorne, gerade das schnelle Manövrieren geht mit Gamepad wesentlich besser von der Hand als mit Maus und Tastatur. 

Fazit und Wertung

profilbildapril„Mit Necromunda: Hired Gun verfrachten die Entwickler zentrale Mechaniken aus Doom Eternal und Titanfall 2 in das Warhammer-Universum. Herausgekommen ist ein solider Shooter, der dank spaßig-schnellem Gameplay und dem weitestgehend gelungen adaptieren Setting kurzweilig Spaß verspricht, andererseits aber zu viele Schwächen aufweist, um diese einfach ignorieren zu können. Gegnertechnisch gibt´s kaum Abwechslung, die K.I. dient allenfalls als Kanonenfutter und bei Story und Charakteren dümpelt das Spiel auf der Oberfläche. Technisch wäre ebenfalls mehr dringewesen, trotzdem ist die Performance auf allen Konsolen der letzten Generation inklusive der XBOX Series S inakzeptabel und ruiniert den kompletten Gameflow. Mit der richtigen Hardware, Interesse an einer bisher etwas weniger beachteten Facette des 40K-Franchises und etwas Nachsicht für das kleine, aber motivierte Entwicklerteam kann man für den fairen Preis ruhig einen Blick riskieren.“

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PRO:

+ Hübsche Beleuchtungs- und Partikeleffekte
+ Düsteres Setting der Vorlage wird gut eingefangen
+ Dreizehn abwechslungsreiche Hauptmissionen
+ Unendlich viele, zufallsgenerierte Nebenaufgaben
+ Für den Preis angemessener Gesamtumfang
+ Konstant oben gehaltenes Spieltempo
+ Motivierendes Aufrüsten von Hund und Herrchen
+ Unkomplizierter Verkauf von überflüssiger Ausrüstung
+ Vier fair ausbalancierte Schwierigkeitsgrade für jeden Anspruch
+ Regelmäßige, gut gesetzte Kontrollpunkte
+ Fetziger Soundtrack
+ Gute deutsche und englische Sprecher
+ Schnörkellose Bedienung via Gamepad

CONTRA:

– Gerade mal ein Mindestmaß an Story
– Durchgehend blasse Charaktere
– Animationen nicht mehr zeitgemäß
– Physik sehr anfällig für Aussetzer
– Extrem schwache K.I.
– Bugs, Bugs und noch mehr Bugs
– Sehr geringe Gegnervielfalt
– Hub bietet nur wenig Beschäftigung
– Fummeliges Ausrüstungsmanagement
– Maus- und Tastatursteuerung mangelt es an Präzision

– Massive Performanceprobleme auf PlayStation 4, XBOX One und XBOX Series S

                                               GESAMTWERTUNG:     6.6/10

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