Lost Judgment – „Jump Street Japan“

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                                                  Getestet und verfasst von General M 

81Ud2HiwfSS. SL1500 KopieSpätestens seid dem unerwarteten Erfolg von Yakuza 0 sind Namen wie Kazuma Kiryu und Goro Majima auch für das westliche Publikum keine Fremdbegriffe mehr. Mit Like A Dragon wurde das Szepter dann im letzten Jahr an eine neue Generation Akteure übergeben, aber auch das komplett abseits des regulären Franchise agierende Judgment schart mittlerweile eine große Fangemeinde um sich, die mit dem gelungenen Remaster noch einmal kräftig gewachsen ist. Jetzt kehrt der legendäre Detektiv von Kamurocho für ein neues Abenteuer zurück. Lost Judgment setzt sich mit unbequemen gesellschaftlichen Themen auseinander und verspricht einmal mehr eine filmreife Handlung, bleibt dabei im Kern aber vor allem eines: Sehr japanisch. 

                   Hinweis: Sämtliches Bildmaterial wurde auf der XBOX Series X erstellt. 

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Detektive auf Reisen

Nach ihrem letzten aufsehenerregenden Fall ist bei den in Kamurocho ansässigen Privatschnüfflern Yagami und Kaito wieder der ganz normale Alltagstrott eingekehrt. Das Geld ist wie immer knapp, die von der Anwaltskanzlei Genda vermittelten Aufträge wenig spektakulär. Da kommt das Jobangebot von Ex-Dieb Sugiura, der nach den Ereignissen vor einem halben Jahr jüngst gemeinsam mit Hacker Tsukumo in Yokohama eine eigene Detektivagentur eröffnet hat, gerade recht: In einer lokalen High School kommt es seit geraumer Zeit zu immer mehr Fällen von Mobbing. Bereits vier Jahre zuvor hat sich ein Schüler nach ähnlichen Vorfällen erhängt, die anschließende Untersuchung blieb folgenlos, später verschwand dann noch ein Referendar aus ungeklärten Gründen und ist seitdem nicht mehr gesehen worden.

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Um die Verantwortlichen aufzuspüren und die Sache möglichst unauffällig intern zu regeln, hat sich der Rektor an die angehenden Detektive gewandt, die jedoch aufgrund der unüberschaubaren Anzahl von Schülern auf Verstärkung angewiesen sind. Währenddessen haben die Anwälte Shirosaki und Hoshino die Verteidigung eines Mannes übernommen, der sich wegen mehrerer sexueller Übergriffe in der U-Bahn vor Gericht behaupten muss. Die Beweislage gegen den ehemaligen Polizisten Ehara ist erdrückend, weshalb auch niemand mit großen Überraschungen rechnet. Als der Angeklagte aber unmittelbar nach der Urteilsverkündung Details über einen kürzlichen Leichenfund offenbart, die nur der Täter selbst wissen kann, nimmt der Fall eine unvorhergesehene Wendung. 

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Dem Justizsystem Japans droht eine handfeste Krise, schließlich wurde Ehara rechtskräftig dafür verurteilt, zum Tatzeitpunkt ganz woanders gewesen zu sein. War alles nur ein abgekartetes Spiel für ein wasserdichtes Alibi? Wenn ja, hat der Mann zumindest nicht alleine gehandelt, wo also ist der Komplize? Wie sich schon bald herausstellt, handelt es sich bei dem völlig verwesten Mordopfer um den damals verschwundenen Referendar. Und ausgerechnet Ehara ist der Vater jenes Schülers, welcher vor vier Jahren Selbstmord begangen hat. Ein weiterer Fall für Yagami, der nun an zwei Fronten gleichzeitig ermitteln muss. Dabei verfängt sich der ehemals selbst als Anwalt tätige Detektiv schon bald erneut in einem dunklen Netz aus Lügen, Intrigen und Gewalt (das klingt einfach immer wieder gut, oder?)…

Die Abgründe der Gesellschaft

Die Inhalte, mit denen uns Lost Judgment im Verlauf der umfangreichen Hauptgeschichte konfrontiert, sind alles andere als leicht zu verdauen. In meiner langen Laufbahn ist mir noch kein Spiel begegnet, welches so schwierige – aber gegenwärtig hochaktuelle – Themen wie Mobbing und sexuelle Gewalt derart mutig, gleichzeitig aber auch mit überwiegend angemessener Sensibilität dargestellt hat. Dementsprechend sollte man wissen, worauf man sich hier einlässt, gerade wenn man möglicherweise selbst von den dargestellten Ereignissen betroffen ist, kann einen das Spiel aufgrund teils sehr expliziter Szenen in Verbindung mit dem realistischen Setting ziemlich hart treffen. Klar, Videospiele sollen in erster Linie unterhalten und von der manchmal harten Wirklichkeit ablenken, warum also überhaupt so ein Risiko auf sich nehmen und so komplexe Themen ansprechen? Ganz einfach: Weil es wichtig ist.

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Zwar hat gerade die #MeToo-Bewegung maßgeblich dazu beigetragen, sexuellen Missbrauch in die Öffentlichkeit zu rücken, Mobbing dagegen bleibt ein überwiegend in den Schatten verborgenes Gesellschaftsproblem. Da ich während meiner eigenen Schulzeit selbst Opfer von Einschüchterung und psychischer Gewalt gewesen bin (und die Täter natürlich komplett straffrei davongekommen sind) und das bohrende Gefühl der damit verbundenen Hilflosigkeit nur allzu gut nachvollziehen kann, begrüße ich die Kompromisslosigkeit, mit welcher die Macher all das in Szene setzen. Denn nur so kann ein wirkliches Bewusstsein dafür geschaffen werden, was an zahlreichen Schulen und Arbeitsplätzen dieser Welt für unzählige Betroffene traurige Wirklichkeit ist. Das Spiel nimmt sich hier wirklich viel Zeit, nicht nur die Sache selbst zu zeigen, sondern die Tätermotivation auf psychologischer Ebene unaufdringlich in die Erzählung miteinzubeziehen. Beim Aspekt der Sexualdelikte geht das Spiel dagegen nicht ganz so feinfühlig zur Sache. Allzu oft dienen Einzelschicksale hier nur dem Vorantreiben der Geschichte, bleiben sonst aber oberflächlich und belanglos für das große Ganze.

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Insgesamt kommt auch Lost Judgment nicht ganz ohne die Klischees der überzeichnet dargestellten Hauptreihe aus. Natürlich sind in die ganze Story fiese Gangster aus der Unterwelt involviert, ob sie nun ins Gesamtbild passen oder nicht. Auch wird die Identität der Hauptverantwortlichen etwas zu schnell ersichtlich. Besonders was letzteres angeht, war der Vorgänger sehr viel besser und hat den Spieler bis zuletzt im Unklaren gelassen. Das bedeutet nicht, dass man im Anschluss keine Freude mehr am Spielen hat, aber das Spannungslevel wird dadurch natürlich unschön beeinflusst. Wenn man aber eine überwiegend kinoreif inszenierte Story samt überwiegend toll geschriebener Charaktere (darunter auch einige alte Bekannte) erwartet, braucht man auch mit dem Sequel keine Enttäuschung befürchten. Auf eine umfangreiche Zusammenfassung aller bisherigen Geschehnisse muss man dafür abseits einer SEHR knappen Zusammenfassung verzichten, weshalb wir gerade Neueinsteigern zum bestmöglichen Verständnis der illustren Darstellerriege unbedingt empfehlen, erst den Vorgänger durchzuspielen. 

Spiel´s noch einmal, Yagami

Wer die Stadtteile Kamurocho und Isezaki Ijincho bereits aus der Hauptreihe kennt, wird sich in Lost Judgment sofort zurechtfinden. Auf der einen Seite mag das gut sein, weil sich die Rückkehr in die vertrauten Gebiete immer wie eine Heimkehr anfühlt, andererseits ist es natürlich schade, dass es für Serienveteranen nicht wirklich Neues zu entdecken gibt. Den nächstgelegenen Poppo Store oder das Ebisu Pawn finde ich als Veteran problemlos mit geschlossenen Augen. Gerade Kamurocho holt mich nach all den Jahren einfach nicht mehr so richtig ab, während die Stunden und Stunden, die ich mit Ichiban Kasuga und Kohorten im letzten Jahr in der Kanalisation von Yokohama auf Erfahrungspunktehatz verbracht habe, immer noch sehr präsent im Gedächtnis verankert sind. Die immense Liebe zum Detail, mit welcher die Macher reale Vorbilder im Spiel nachempfunden haben, bleibt zwar eindrucksvoll, so langsam sollte es die Helden aber dann doch mal wieder an neue Lokalitäten ziehen. 

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Andererseits bietet wohl keine Spielereihe, nicht einmal ein Red Dead Redemption II derart viele Nebenbeschäftigungen wie es die Welt von Yakuza und Judgment. In dutzenden Restaurants warten zahlreiche japanische Spezialitäten darauf, für temporäre Boni verzehrt zu werden. Spielhallen bieten zahlreiche authentische Spielautomaten, auf denen sich  komplette Spiele wie Virtua Fighter 5 zocken lassen und im Büro steht sogar ein voll funktionsfähiges Sega Mega Drive mit einer stetig wachsenden Auswahl an Titeln. All das ist aber nur ein kleiner Teil dessen, was Lost Judgment offeriert. Dating, Motorradrennen oder ein Boxkampf, auch solche Möglichkeiten gibt es. Und natürlich bietet auch die Ermittlung an der High School viele Optionen zur Betätigung, diese sind oftmals sogar interessanter inszeniert als manche Abschnitte der Hauptgeschichte. Die düster-ernste Geschichte wird zusätzlich mit zahlreichen kurzen Substories aufgelockert, in denen es ganz klassisch eher humorvoll und oft sogar komplett abstrus zugeht. So infiltrieren wir beispielsweise mal eben eine Ninjaschule oder dürfen genüsslich einen Reseller zu Brei prügeln. Sonderlich anspruchsvoll sind diese Nebenaufgaben aber nie, eine willkommene Abwechslung mit guten Belohnungen stellen sie aber in jedem Fall dar. 

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Eine mehr als willkommene Neuerung ist die Möglichkeit, sich via Skateboard durch die weitläufigen Areale zu bewegen. Wer die Reihe kennt weiß, dass einen das viele Backtracking nicht selten an den Rand des Wahnsinns treiben kann. Mit vier Rädern unter den Füßen gelangen wir schon deutlich schneller ans Ziel, die dazugehörige Bedienung geht gut von der Hand. Nur bei Aktivitäten wie den bereits erwähnten Motorradrennen agiert die Steuerung derart stoisch, dass man die komplette Komponente schon nach wenigen frustbegleiteten Versuchen für alle Zeiten ignorieren möchte. Trotz solcher Aussetzer ist Lost Judgment einmal mehr nicht nur ein umfangreiches Krimiabenteuer auf Kinoniveau, sondern auch eine Art japanische Lebenssimulation mit allem, was dazugehört. Zumindest eine gewisse Grundsympathie für die fernöstliche Kultur muss man mitbringen, anderenfalls droht inmitten der facettenreichen Neonwelt  ein handfester Kulturschock. 

Tiger, Kranich und Schlange

Das alles könnt ihr natürlich auch komplett liegenlassen und euch einfach komplett auf die Story konzentrieren. Dadurch entgehen euch aber nicht nur mindestens zwanzig bis vierzig Stunden zusätzlicher Content, sondern auch tonnenweise Skillpunkte, mit denen ihr die Fertigkeiten von Yagami erweitern könnt. In einer so gefährlichen Umgebung lässt sich nämlich nicht jeder Konflikt mit Worten oder Heimlichkeit lösen, manchmal muss man einfach die Fäuste sprechen lassen. Während Yakuza: Like a Dragon das bisher bestehende Kampfsystem komplett über den Haufen geworfen hat und auch zukünftig eher RPG-lastige Auseinandersetzungen bieten wird, bleibt Lost Judgment wie schon sein Vorgänger den Echtzeitkämpfen treu. Im Gefecht verlässt sich Yagami deshalb auch weiterhin nicht auf die bloße Brutalität eines Kiryu, sondern macht sich seine Agilität samt Umgebung zunutze. 

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Zu dem Kranichstil, der bevorzugt gegen mehrere Gegner eingesetzt werden kann sowie dem Tigerstil mit Fokus auf Einzelkämpfe gesellt sich nun der Schlangenstil als dritte Option hinzu. Der eigent sich perfekt in Auseinandersetzungen mit bewaffneten Gegnern und ergänzt das bisherige Moveset perfekt. Die Entwickler haben sich die Kritik am Vorgänger zu Herzen genommen, denn mit dem dritten Stil entwickelt sich spürbar mehr Dynamik und Flexibilität in den vielen Kämpfen, gleichzeitig gibt es viele neue Fertigkeiten zu erlernen und die mächtigen EX-Angriffe sorgen immer noch für herrlich überzogenene Szenen. Bei den Zufallsbegegnungen sollte aber nochmal nachgebessert werden, denn wenn man beim Überqueren einer einzigen Straße alle paar Meter in einen neuen Kampf gezwungen wird, kann das ziemlich nerven – auch, weil die Gegnervielfalt arg gering ausgefallen ist und man nicht nur gefühlt immer wieder dieselben Schergen mit identischem Aussehen in den Asphalt schmettert. 

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Zwischendurch dürfen die Fäuste auch mal ruhen, dann kommt Köpfchen zum Einsatz. Denn auch die Ermittlungsarbeit nimmt in Lost Judgment wieder einen hohen Stellenwert ein. Wo sich Yagami im Vorgänger noch auf das anspruchslose Absuchen der Umgebung sowie gelegentliches Knacken von Schlössern beschränkt hat, befindet sich jetzt auch ein Richtmikrofon im Detektivarsenal, später dürfen wir sogar einen Spürhund auf Spurensuche schicken. Trotz zahlreicher Erweiterungen bleibt die taktische Ermittlungsarbeit aber sehr simpel und fühlt sich kaum herausfordernder an. Das neue Parkoursystem hätte man sich übrigens komplett sparen können, denn das Hangeln und Klettern an Gebäudefassaden wurde derart fummelig umgesetzt, dass sich dagegen selbst das schlechte Assassin´s Creed wie ein gelungener Klettersimulator anfühlt. Die immer gleichen Verfolgungen waren schon in Yakuza 3 ultra nervig, wurden hier aber leider abermals wiederverwertet. Und auch das monotone Schleichen als finale Neuerung will einfach nicht richtig zünden. 

Wo spielen?

Vor nicht allzu langer Zeit durfte sich das Remaster von Judgment eine satte Wertung von 9.0 bei uns abholen, das Original auf PlayStation 4 dagegen kam seinerzeit deutlich schlechter weg, technische Probleme wie starke Performanceprobleme und unschöne Grafikaussetzer haben dazu maßgeblich beigetragen. Deshalb war ich gespannt, ob die Macher aus diesen Fehlern gelernt haben, oder das Sequel mit identischen Problemen zu kämpfen hat. Hier kann zum Glück Entwarnung gegeben werden, denn dieses Mal wurde die gleiche, hauseigene Engine besser für die Konsolen der letzten Generation optimiert. Maximal dreißig Frames pro Sekunde peilen sämtliche Systeme an und können diese auch überwiegend halten, je nach Plattform aber mit Abstrichen bei der Auflösung. XBOX One und PlayStation 4 bleiben auf 900p begrenzt, was in einem ziemlich matschigen Bild resultiert und viel Atmosphäre kostet. XBOX One X und PlayStation 4 PRO erhöhen auf 1080p. Eine Verbesserung, aber eben noch keine Offenbarung, dafür aber grundsätzlich gut spielbar.  

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Die XBOX Series S liefert immerhin schon geschmeidige 60 Frames pro Sekunde und profitiert von Verbesserungen wie höher aufgelösten Schatten sowie besseren Reflektionen und Anisotroper Filterung, verweilt im Auflösungsbereich aber bei maximal möglichen 1080p. Im Niedrigpreissegment aber mit Abstand der beste Kompromiss aus Leistung und Qualität, auch in Hinsicht auf die bereits hier wesentlich kürzer ausfallenden Ladezeiten. PlayStation 5 und XBOX verdoppeln die Auflösung im Performancemodus auf 1440p, bieten aber auch einen Grafikmodus für natives 4K an. Dann wird die Bildrate aber wieder halbiert. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass ein Yakuza ebenso wie ein Judgment nicht mit 30 Frames pro Sekunde gespielt werden sollte. Wer erst ein Weilchen zwischen den beiden Modi hin- und herwechselt wird merken, warum. Außerdem, wenn man ein paar Meter entfernt vom TV spielt, lässt sich abseits des doch recht auffälligen Kantenflimmern (ein leider altbekanntes Problem der Engine) sowieso kaum ein Unterschied feststellen, weil sämtliche Konsolen auf identische Assets zurückgreifen. 

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Und auch das ist gleichermaßen Fluch wie Segen. Viele Texturen, besonders in Innenräumen, sehen alles andere als toll aus. Wenn man erst durch die Eingangstür der High School tritt, fühlt man sich sofort in der Zeit zurückversetzt. Gruseligerweise habe ich mich in dem Gebäude aber trotzdem perfekt orientieren können, weil die Macher das Schulgebäude so wirklichkeitsgetreu nachgebaut haben, dass gerade Animevielseher (oder jene, die sich gelegentlich beruflich damit befassen) meinen würden, hier schon einmal gewesen zu sein. Nur mit dem Unterschied, dass die Interiereurs in den Serien einfach viel schöner aussehen. Dann ist das das ewige Problem mit der Darstellungsqualität bei Charakteren. Was in den zahlreichen Echtzeitsequenzen innerhalb der Story wirklich dank sorgfältig animierter Hauptcharaktere inklusive Gestik und Mimik aussieht wie aus einem Film entsprungen, zeigt in vielen nebensächlichen Szenen immer wieder seine hässliche Fratze. NPC´s und weniger relevante Charaktere wirken detailarm und kantig, oft bewegen sich in Gesprächen nur die Lippen, der ganze Rest erscheint dagegen komplett leblos. Solche Momente – und von denen gibt es leider eine ganze Menge – reißen einen wie am Fließband aus der sonst so lebendigen Atmosphäre des Spiels heraus. 

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Soundtrack und Voice Acting sind dagegen auch dieses Mal über alle Zweifel erhaben. Echte Fans spielen mit japanischer Tonspur, dazu gibt es relativ sauber übersetzte deutsche Untertitel. Relativ deswegen, weil sich Japanisch nahezu unmöglich wortwörtlich übersetzen lässt, weshalb Kompromisse nun einmal zwingend notwendig sind. Dafür können aber die zuständigen Übersetzer nichts, die hier wirklich einen guten Job geleistet haben. Alle Originalsprecher des Vorgängers sind wieder mit an Bord, Takuya Kimura leiht der Rolle des Yagami wie die meisten anderen Mitglieder des Casts Stimme und Optik. Alternativ gibt es eine englische Synchronfassung, die ebenfalls sehr gelungen ist, aber innerhalb des Settings natürlich trotzdem Atmosphäre kostet. Schade nur, dass auch Lost Judgment gegenwärtig ausschließlich für Konsolen erhältlich ist. Hintergrund ist laut Gerüchten ein anhaltender Streit zwischen SEGA und der Agentur des Hauptdarstellers Kimura, die mit einer PC-Version nachteiliges Modding und eine damit einhergehende Rufschädigung des japanischen Superstars befürchten. Hoffentlich lässt sich das alsbald klären, denn es wäre eine absolute Schande, wenn nach allen anderen Veröffentlichungen der Reihe ausgerechnet Judgment und sein Nachfolger nie ihren Weg auf den PC finden würden. 

Fazit und Wertung

profilbildapril„Viele hundert Stunden habe ich über die Jahre mit Kiryu, Ichiban und Co. zugebracht, Kamurocho ist für mich fast wie eine zweite Heimat geworden. Trotzdem werde ich nicht müde, mich mit jeder neuen Veröffentlichung aus der umfangreichen Reihe – egal ob Hauptspiel oder Ableger – gespannt in das nächste Abenteuer zu stürzen. Lost Judgment zählt mit der überwiegend gelungenen Darstellung schwieriger gesellschaftsrelevanter Themen zu den bisher ambitioniertesten und mutigsten Releases innerhalb des Franchises, wird aber gerade deswegen sicher nicht überall Anklang finden. Die Charaktere sind wie gewohnt kinoreif geschrieben und sehen innerhalb der relevanten Zwischensequenzen unglaublich gut aus, abseits davon schwankt deren Darstellungsqualität aber einmal mehr sehr stark. Tonnenweise Nebenaktivitäten und eine lebendige Spielwelt laden abseits der Hauptgeschichte zum Entdecken ein, Kennern wird dabei aber kaum Neues geboten, während die Detektivarbeit trotz Erweiterungen immer noch anspruchslos bleibt. Die nervigen Schleich- und Parcoureinlagen hätte man ebenso wie die repetiven Verfolgungsjagten gerne komplett streichen können. Trotz vieler kleiner Schwächen ist Lost Judgment ein würdiger Nachfolger geworden, gerade als Einsteiger sollte man aber mindestens mit dem Vorgänger beginnen, um nichts zu verpassen.“ 

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PRO:

+ Filmreife, glaubhafte Geschichte…
+ …die sich mutig und überwiegend feinfühlig mit schwierigen Themen auseinandersetzt
+ Figuren mit Tiefgang…
+ …die besonders in zentral relevanten Zwischensequenzen fantastisch aussehen
+ Lebendige Welt…
+ …mit tonnenweise verschiedensten Nebenaktivitäten und Substories
+ Kamurocho und Isezaki Ijincho unterscheiden sich visuell spürbar voneinander
+ Nützliches Skateboard
+ Ausreichende Anzahl ansteuerbarer Schnellreisepunkte

+ Sinnvoll erweitertes Kampfsystemoptionen
+ Motivierendes Fortschrittssystem
+ Vier fair ausbalancierte Schwierigkeitsgrade für jeden Anspruch
+ Hervorragende (wahlweise japanische oder englische) Synchronsprecher
+ Gut auf Deutsch übersetzte Untertitel
+ Passender Soundtrack
+ Intuitives Bedienschema
+ Freies Laden und Speichern außerhalb von Kämpfen und Cutscenes jederzeit möglich

CONTRA:

– Für Kenner lokalitätsbezogen im Grunde nur Altbekanntes
– Je nach Szene stark schwankende Darstellungsqualität bei Charakteren inkl. NPC´s
– Monotone Dialogsequenzen
– Viele schwache Texturen, besonders in Innenräumen
– Sehr geringe Gegnervielfalt, sowohl mechanisch als auch visuell
– Mitunter extrem nervige Abfolge von Zufallskämpfen
– Repetive Verfolgungsjagden
– Fummelige Klettereinlagen
– Langweilige Schleichpassagen
– Detektivarbeit trotz Erweiterungen überwiegend anspruchslos
– Erzählerisch nicht frei von Aussetzern (Schüler verprügeln, Opferdarstellung)…
– …zudem sind viele Aspekte vorhersehbar oder werden zu früh offenbart
– Setzt Hintergrundwissen über den Vorgänger mangels ausführlicher Recaps quasi voraus
– Frustrierend stoische Motorradsteuerung


                                          GESAMTWERTUNG:     
7.9/10

                   MRAUMFANG     MRSTORY

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