Über die Handlung der Trilogie wollen wir an dieser Stelle nicht allzu viele Worte verlieren, präsentiert sich diese doch inhaltsgleich zu den Originalen und dementsprechend wenig komplex: Im Vordergrund der Kampagnen, die von 2020 bis 2047 über einen Zeitraum von fast drei Jahrzehnten spielen, steht der Kampf der Menschheit gegen die außerirdische Rasse der Ceph. Nach zunehmenden ökologischen Schwierigkeiten sieht die feindliche Rasse ihre Zeit gekommen, um sich auf der Erde breit zu machen. Gegen die technologisch hochentwickelte Spezies ist mit regulären Soldaten samt Gerät kaum anzukommen. In der Rolle der mit sogenannten Nanosuits ausgerüsteten Spezialkräfte „Nomad“ und „Alcatraz“ liegt es daher an uns, den Krieg gegen die Aliens zu einem siegreichen Ende zu bringen.
Viel mehr Story brauchte es seinerzeit nicht, um die Massen anzulocken, andererseits liefert die Reihe insgesamt auch heute noch mehr inhaltliche Substanz als beispielsweise die jährlich aufschlagenden Ableger eines Call of Duty, was aber trotzdem eher neutral zu werten ist. Der Fokus der Macher lag grundsätzlich eher auf der visuellen Präsentation und dem Ziel, technisch mit jedem Teil neue Maßstäbe zu setzen. Und das ist so gut gelungen, dass die jeweiligen Teile selbst in ihrer Originalform zumindest am PC immer noch sehr gut aussehen. Auch Missions- und Leveldesign fühlen sich weiterhin frisch an, weshalb die Reihe trotz inhaltlicher Abstriche auch im anspruchsvollen Jahr 2021 zu den besten Vertreten ihres Genres zählt. Die Remastered Trilogy kommt jedoch nicht gänzlich ohne Abstriche aus, denn die jeweiligen Mehrspielerkomponenten hat man für die Neuauflage ersatzlos gestrichen, auch das gelungene Zusatzkapitel Crysis: Warhead – wohl aus Lizenzgründen – nicht in der Sammlung enthalten.
Damals…
Dass die Reihe teils mit so gemischten Gefühlen in Erinnerung geblieben ist, liegt primär an der damals verfügbaren Hardware. Während Crysis noch ausschließlich für PC´s gemacht wurde und sich der Spaß daran ausschließlich an der dafür zur Verfügung stehenden Hardware messen ließ, wurden die Nachfolger bereits mit den Konsolen PlayStation 3 und XBOX 360 im Blick programmiert. Die Abverkäufe der Konsolenhardware begannen damals nämlich bereits, jene der Heimcomputer immer deutlicher zu übertreffen. Der PC verkam zu einer Plattform für Enthusiasten mit unbegrenztem Budget, während Konsolen auch dank der Konkurrenz untereinander auch für Normalverdiener problemlos erschwinglich waren. Diese große Käuferschicht wollte man natürlich ansprechen – die Resultate waren allerdings alles andere als zufriedenstellend.
…und heute
Wir schreiben das Jahr 2020: XBOX Series X|S und PlayStation 5 stehen (wenn erhältlich) in den Startlöchern, Raytracing und moderne Techniken zur Bildskalierung sind auch außerhalb leistungsstarker PC´s problemlos umsetzbar. Eine gute Gelegenheit, die Reihe erneut auf die Spielerschar loszulassen. Den Anfang machte Crysis: Remastered, programmiert wurde die Neuauflage von den Portierungsspezialisten von Saber Interactive in Zusammenarbeit mit Crytek. Das Debüt auf PlayStation 4 und XBOX One geriet aber einmal mehr zum Fiasko, denn die auf Basis des Codes der misslungenen Versionen für PlayStation 3 und XBOX 360 erstellte Fassung kränkelte auch dieses Mal an schlechter Performance und lag optisch abermals hinter dem Original zurück, selbst die erweiterten Modelle enttäuschten. Kam das Remaster zu früh? Nur wenige Monate später wurde das Spiel erneut veröffentlicht, auf PlayStation 5 und XBOX Series X|S wurden zum ersten Mal geschmeidige 60 Frames pro Sekunde bei gleichzeitig angepeilten 4K auf einer Konsole versprochen, optionale Modi mit Fokus auf Raytracing und Grafikqualität waren ebenfalls mit an Bord.
Perfekt waren und sind aber auch diese Fassungen nicht. Die dynamische Skalierung lässt quasi nie Werte im Bereich von 4K zu, skaliert aber nach unten hin auch nicht aggressiv genug, als dass die Bildrate konstant flüssig bliebe – ein Problem, dass sich konstant durch jeden verfügbaren Modus zieht. Ja, Crysis ist in dieser Form wesentlich (!) spielbarer als die vorherigen Portierungen und sieht dabei auch brauchbar aus, die hohen Erwartungen der Spieler blieben insgesamt aber unerfüllt. Auch auf dem PC war die Frustration zunächst groß, das hat jedoch andere Gründe. Raytracing, natives 4K und eine besondere Qualitätsstufe für Enthusiasten, nämlich „Can it run Crysis?“ klingen auf dem Papier erstmal ziemlich toll, in der Praxis lastet dem Spiel aber auch hier der veraltete Quellcode der Last-Last-Gen-Konsolen sowie den Tücken der ursprünglichen CryEngine an. Die spricht nämlich grundsätzlich nur einen Prozessorkern an, was spätestens in den allerhöchsten qualitativen Sphären zum Flaschenhals für jede noch so potente Grafikkarte gerät. Selbst das kürzlich nachgereichte DLSS-Feature schafft es nicht, diese Tatsache auszugleichen.
Aber was genau ist es eigentlich, dass die Hardwareanforderungen auf höchsten Einstellungen so brutal nach oben treibt? Das Raytracing? Die Texturen? Nein. Hievt man Crysis: Remastered auf „Can it run Crysis“-Settings, werden stattdessen sämtliche Begrenzungen bei der Weitsicht und der darin enthaltenen Berechnungen entfernter Details aufgehoben. Sobald also nach der Landung und dem kurzen Abschnitt durch den finsteren Dschungel die Sonne über der Insel aufgeht und ihr auf ein malerisches, weitläufiges Panorama blickt, berechnet das Spiel theoretisch auch kilometerweit entfernte Objekte samt deren Schatten so, als würdet ihr euch direkt im dazugehörigen Areal befinden. Bei einem Spiel wie Crysis: Remastered und seinem Dschungelsetting ist das selbst für die gegenwärtig beste Hardware am Markt mit einer Selbstmordpille gleichsetzbar. Durch dieses nicht sinnbringende Feature werden die Anforderungen – so lautet der Vorwurf der Spieler – nur zu dem Zweck künstlich angehoben, um die Technikenthusiasten erneut an den Rand des Wahnsinns zu bringen. Denn selbst maximiert sieht das Original in vielerlei Hinsicht immer noch besser aus, läuft aber sehr viel besser.
Ich bin geneigt, diesen Vorwurf zu teilen. Es wäre klüger gewesen, das Spiel von Grundauf neu auf die aktuelle CryEngine zu portieren oder zumindest die ursprüngliche PC-Version als Basis zu nehmen und darauf aufzubauen. Stattdessen hat man sich für den schlechtesten Weg entschieden, weshalb das Remaster von Crysis schlussendlich über jede verfügbare Plattform nur als mittelschwere Enttäuschung bezeichnet werden kann. Ein Zustand, der sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt des Trilogy-Releases leider nicht geändert hat und wahrscheinlich auch nicht mehr ändern wird. Dafür sitzen die Ursachen aller Probleme zu tief.
Die Nachzügler
Crysis 2 und 3 haben diese Probleme zum Glück nicht. Hier hat man nämlich genau das Richtige getan und die PC-Versionen als Basis für die jeweiligen Remaster herangezogen. Die seinerzeit dafür genutzte CryEngine 3 unterstützt Mehrkernprozessoren um Welten besser und liefert bereits dadurch ein sehr viel solideres Fundament am PC. Echtes 4K bei höchsten Einstellungen, aktiviertem Raytracing und Quality-DLSS resultieren auf unserem Testrechner in konstant flüssigen 60 Frames pro Sekunde. Im Vergleich zu den Originalversionen hat man dann auch erstmals das Gefühl, ein richtiges Remaster vor Augen zu haben. Tausende Texturen wurden komplett ausgetauscht, die Beleuchtung komplett überarbeitet und auch von der (damals standardmäßig) düsteren Farbgebung ist man zugunsten einer natürlichen Kolorierung weggegangen. Kantenglättung und Schattenqualität wurden ebenfalls ordentlich verbessert. So und nicht anders muss eine Neuauflage aussehen!
Grundsätzlich sind die beiden Sequels aber auch auf gehobener Mittelklassehardware gut spielbar. Auf Raytracing müsst ihr dann aber verzichten, auch bei der Gesamtqualität inklusive Auflösung sollte man sich auf Abstriche gefasst machen, spätestens ab der ersten Leistungsstufe von DLSS (ausschließlich verfügbar auf Nvidia-Grafikkarten ab RTX 2XXX) macht sich zusätzlich ein sichtbar schlechterer Gesamteindruck bemerkbar. Im regulären 1080p-Segment bei mittleren bis hohen Settings sollte das Feature aber sowieso nicht zum Einsatz kommen. Konsoleros können sich ebenfalls beruhigt in den Kampf gegen die Ceth stürzen. Crysis: Remastered schlägt dort mit allen bereits erwähnten Schwächen auf, die Sequels performen dagegen bereits auf Basismodellen der Last Generation passabel. XBOX One S und PlayStation sind auf eine jeweilige Auflösung von 900p und 1080p gelocked, angepeilt werden maximal 30 Frames pro Sekunde – mit überraschend spielbaren Ergebnissen. Visuelle Knaller bekommt man hier zwar nicht geboten, wesentlich schöner als die Vor-Vorgängerversionen sind die Spiele aber definitiv, vor allem die Bildraten sind stabil.
Auf der XBOX Series S bleibt es ebenfalls bei 1080p, dafür spielen sich die Titel dank verdoppelter Bildrate ein gutes Stück geschmeidiger und intuitiver. Im Einsteigersegment der neuen Generation seid ihr hier also bestens aufgehoben. PlayStation 5 und XBOX Series X gehen hier noch einen Schritt weiter und peilen bei gleichbleibend guten Bildraten Auflösungen von 4K an. Hier kommt dann wieder dynamisches Scaling zum Einsatz, was wesentlich besser funktioniert als beim inkonsequent optimierten Crysis: Remastered, inklusive nun endlich korrekten Frametimes. Zwischen 2160p bis 1080p ist je nach Situation und Rechenlast auf PlayStation 5, XBOX Series X und deren jeweiligen erweiterten Modellen der Vorgängergeneration so ziemlich alles möglich. Aber nur die neuen Konsolen bieten Effekte wie Oberflächentesselation und andere kleine Schmankerl. Die Skalierung leistet hier insgesamt einen prima Job, gerade in Bewegung bekommt man davon oft gar nichts mit. Allerdings liegen Crysis 2 und 3 nicht in speziell für die neuen Konsolen optimierten Versionen vor, sondern laufen lediglich über Abwärtskompatbilität mit gewissen Vorzügen. Raytracing bzw. mehrere Modi wie sie Crysis: Remastered offeriert, gibt es hier nicht zwar nicht mehr, dafür laufen beide Spiele vom ersten Momentan an wunderbar rund.
Fazit und Wertung
„Crysis und seine Nachfolger waren nie Spiele, die besonders großen Wert auf intensives Storytelling gelegt haben. Das merkt man den Remastern heute noch mehr wie damals an. Dafür gibt es wahrscheinlich auf technischer Ebene kaum eine Reihe, die über die Jahre häufiger diskutiert worden ist – so heute auch von uns. Die Crysis: Remastered Trilogy enthält zwar einmal mehr die enttäuschend optimierte Version des Originals, dafür aber erstmals auch die Sequels in aufbereiteter Form. Und die sind ganz gleich auf welcher Plattform man sie erleben will richtig gut geworden! Besonders auf aktuellen Konsolen bietet sich somit die optimale Gelegenheit, die Werke aus deutschen Landen in wunderbar spielbarer Form nachholen oder neu erleben zu können, aber auch auf Last-Gen-Modellen machen zumindest die Teile Zwei und Drei einen guten Eindruck, wenn man von den erhalten gebliebenen spielerischen Schwächen einmal absieht.“
PRO:
+ Drei Spiele in einer Sammlung zum fairen Gesamtpreis
+ Zeitlos gelungenes Missionsdesign
+ Zahlreiche sinnvolle Grafikverbesserungen (Crysis 2 und 3)
+ Hervorragend für alle Plattformen optimierte Sequels
+ Sehr guter Gesamtumfang
+ Intuitive Bedienung über sämtliche Plattformen hinweg
+ Gute deutsche Sprecher
+ Exzellenter Soundtrack
– Storytechnisch allenfalls Standardkost
– Crysis: Remastered bleibt über alle Systeme schlecht optimiert
– Mehrspielerkomponenten ersatzlos gestrichen
– Gegner-K.I. vor allem in den Sequels eher schwach
– Lautloser Ansatz in Crysis 2 quasi nutzlos