MADDEN 17™ – Touchdown für EA

                                              Getestet und verfasst von General M 

Zugegeben, ich bin in vielerlei Hinsicht als Spätzünder zu betrachten. Wer beispielsweise meinen FIFA – Erlebnisbericht gelesen hat, der weiß, dass ich gerade zu Sportspielen nur schwer Zugang gefunden hatte. Seitdem wir dieses Projekt hier betreiben, hat sich das mehr oder weniger geändert. Schließlich muss ein Testbericht stets objektiv sein. Sich blind ins kalte Wasser zu stürzen, kann da eher kontraproduktiv sein. Als Vorbereitung auf FIFA 17 habe ich mittlerweile gut 30 Stunden FIFA 16 angehäuft. Das mag in den Augen der Hardcore – Spieler wenig wirken, hat mir aber sehr geholfen. Für Madden und NHL, die beide seit einer Weile exklusiv für Konsole erscheinen, habe ich mir vorher alte Reviews durchgelesen und mir tonnenweise Gameplay – Material angesehen. Ob Madden 17 nun besser als sein Vorgänger ist? Wir haben die PlayStation 4 – Version für euch getestet.

Zuallererst ist lobenswert hervorzuheben, dass das Spiel direkt zu Beginn nicht nur die aktuellen Mannschaftsaufstellungen updatet, sondern auch die Kommentare. Dinge, von denen Spieler der WWE 2K – Reihe wohl nur träumen dürfen. Die anfängliche Begeisterung über diesen kostenlosen Fan – Service weicht jedoch schnell, wenn man erstmal feststellt, dass der überarbeitete Franchise Mode ohne gültiges PlayStation – Plus Abo gar nicht erst starten will. Selbst im Offline – Modus besteht das Spiel darauf, erst Rosteraufstellungen herunterladen zu wollen, verweigert dies aber ohne kostenpflichtiges Abonement komplett. Ich finde es recht dreist, dass man zwar Kaderupdates und Kommentare schnell und kostenlos aktualisiert, hier aber gnadenlos die Türen zu macht. 

Besser sieht es dagegen bei einer der zentralen Neuerungen aus: Den Specials. Durch reale Spielstatistiken und der damit verbundenen Fokussierung auf Schwächen und Stärken von Teams und deren Spielern spielt sich jedes Team fühlbar unterschiedlich. Man merkt sofort, welche Teams eher mit starker Offensive punkten, oder wer defensiv die Nase vorne hat. Das tut dem Wiederspielwert extrem gut. 

Das neue Franchise

Dabei kann gerade der Franchise Mode als Herzstück des Spiels in diesem Jahr voll punkten. Während besagter Modus im letzten Jahr eher repetiv gestaltet war und Spieler deswegen hauptsächlich damit beschäftigt waren, den „SKIP“ – Button zu drücken, bietet er in diesem Jahr endlich die Substanz, die man sich gewünscht hat. Als Manager eines Teams seiner Wahl gilt es, über den Lauf der Saison die richtigen Spieler zu rekrutieren, die richtigen Taktiken zu finden und sich und dem Team den Weg an die Spitze der Liga zu bahnen. Dabei gilt es jedoch auch, mit den Konsequenzen zu leben, sollte man sich in der Wahl seiner Strategie mal irren. Wie immer gilt: Je weiter man kommt, desto mehr Erfahrung gibt es. Die sogenannten „Großen Entscheidungen“ beeinflussen die Karriere enorm. Soll ich den verletzten Quarterback aus dem Spiel nehmen, bis er sich komplett erholt hat? Oder schicke ich einen Ersatzmann ins Feld? Der ist zwar nicht ganz so gut, aber bevor mein Star dauerhafte Schäden davonträgt…Klasse: Das Spiel führt detaillierte und wunderbar aktuelle Statistiken darüber an, wie die Mannschaft im Vergleich zwischen Ersatzmann und Stammspieler gespielt hat. So kann man den nächsten Einsatz noch besser durchdenken. Als Chef obliegt es uns auch, Saisonziele zu setzen. Will man den Superbowl gewinnen? Oder gibt man sich mit einer Handvoll gewonnener Spiele zufrieden? Wie weit man gelangen möchte, darf jeder selbst entscheiden. Wer aber evtl. zu hoch gesteckte Ziele verfehlt, kann schneller auf der Straße sitzen, als es einem lieb ist. Also obacht! 

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Auch in Sachen Drafts hat man viele Verbesserungen ins Spiel implementiert. Großartig: Gegnerische (von der K.I. gesteuerte Teams) wählen jetzt auch Spieler, die sie tatsächlich gebrauchen können. Das mag auf den ersten Blick amüsant klingen, ist aber eine extrem wichtige Komponente, da der Spielverlauf dadurch komplett geändert werden kann. Besonders, weil der offensive und defensive Spielablauf vollständig optimiert wurde und jetzt noch viel mehr Feingefühl voraussetzt, um punkten zu können, oder den Gegner möglichst davon abhält, genau das zu tun. 

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Spötter werden sagen, dass die Quicktime – Events in Madden 17 Einzug gefunden haben. Das ist aber nur bedingt wahr, sind die spontanen Aktionen doch essentiell für Angriff und Verteidigung und fügen sich zudem prima ins Geschehen ein. Gerade die intuitiven Situationen, die jetzt mehr Möglichkeiten als zuvor bieten, verbessern die Sache sehr. Ohnehin ist auf dem Spielfeld alles komplexer geworden. Das tut aber sehr gut und ist im Gegensatz zu gewissen anderen Spielereihen sehr lobenswert, dass man sich tatsächlich Gedanken darüber macht, wie man das Gameplay vielschichtigerer und näher am Vorbild gestalten kann…UND ES DANN AUCH TATSÄCHLICH TUT!

Natürlich sind auch alle anderen bekannten Modi wieder mit an Bord, allen voran das Ultimate Team. Ihr wisst ja…Münzen sparen oder Echtgeld investieren, um die beste Mannschaft der Welt auf die Beine stellen zu können. Wie auch bei FIFA macht das eine Menge Spaß und beschäftigt über Stunden. Gleiches gilt natürlich auch für die zahlreichen Online-Modi. 

Schattenseiten

Aber Madden bietet neben seinen zahlreichen Neuerungen auch einige Schattenseiten. Da wären neben dem PS Plus – Zwang zum Betreten des Franchises Modus auch die teilweise sehr langen Ladezeiten sowie die stellenweise Versorgung mit „Überinformationen“. Will heißen, die Statistiken geben derart detaillierte Hinweise auf Schwächen und Stärken eines Spielers aus, dass denen auf dem Feld mit entsprechenden Spielern und Zügen recht leicht beizukommen ist. Daran ändert auch eine höhere Schwierigkeitsstufe wenig. Und wo wir schon beim Thema Schwierigkeit sind: Für Einsteiger und absolute Neulinge ist das Spiel gnadenlos überfordernd. Zwar kann man die Regler ganz nach seinen persönlichen Bedürfnissen einstellen und sogar eine Rookie – Schwierigkeit für Anfänger ist vorhanden, alls das nützt aber wenig ohne eine entsprechende Einführung in den Sport an sich. Klar, das ist meckern auf hohem Niveau. Wer sich Madden kauft, tut das nicht aus einer Laune heraus. Man kauft sich ja auch kein FIFA, wenn man für Fußball kein Interesse aufbringen kann.

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Dennoch sollte ein Spiel einem stets ermöglichen, auch darüber Zugang zum Sport zu finden. Das Konzept sollte in beide Richtungen funktionieren. Zwar macht Madden den Spieler intensiv und geduldig mit allen Neuerungen im Gameplay vertraut, bietet darüber hinaus aber keine Tutorials und Erklärungen. Spätestens, wenn man dann Begriffe wie Linebacker und Co. hört und vorher nie ein Footballspiel gesehen, den Regelkatalog gelesen oder sich durch zig Seiten mit dem Thema „Football for Dummies“ durchgearbeitet, steht man verdammt mies im Regen. Da macht es dann wenig Sinn, auf der geringsten Schwierigkeitsstufe zu spielen, wenn man trotzdem keine Ahnung hat, was man genau tun soll. FIFA 16 war da im letzten Jahr schon weiter, da es während des Spiels permanent Bedienungshilfen und passende Tutorials geboten hat. Die Komplexität, die hinter einem einzigen Spielzug beim Football stecken kann, verbunden mit dem exzessiven Mikromanagement…wer keine Ahnung hat, fühlt sich von den zahlreichen bunten Pfeilen, Kreisen und Quadraten extrem schnell überfordert. Zu guter letzt ist anzumerken, dass das Spiel ausschließlich in Englisch verfügbar ist. Das mag für viele kein Problem sein, für mich ebenso wenig, aber wer der Sprache nicht oder nur sehr wenig mächtig ist, könnte sich in den teilweise recht unübersichtlichen und überladen wirkenden Menüs schnell verirren!

Die Technik

Während FIFA 17 dieses Jahr erstmals mit der Frostbite Engine 3 ins Rennen geschickt wird, baut Madden noch auf der IGNITE – Engine auf, braucht sich aber definitiv nicht zu verstecken. Die geschmeiden Animationen und das überaus gelungene Clipping bei Spielerberührungen sollte gewissen Franchises dringend als Beispiel dienen. Und das ehrlich gesagt schon seit Jahren. Die Spieler sehen darüber hinaus detailgetreu aus und haben großen Wiederkennungswert. Schweißperlen, Grasflecken, all das lässt sich bestaunen. Zudem sorgt der gelungene (ausschließlich englische) Kommentar neben der genialen Stadionatmosphäre für eine wunderbare Immersion. Auch das Publikum ist gelungen in Szene gesetzt, da kann man gar nicht meckern. Zumal die Framerate sich dabei konstant im grünen Bereich befindet.

Untermalt wird all das zusätzlich von einem gewohnt gut gewählten und umfangreichen Soundtrack, der unter anderem mit Musik von Steve Aoki, 2 Chainz und Flume aufwartet. 

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Auch die Bedienung ist sehr intuitiv umgesetzt. Wer das überarbeitete Konzept erstmal verinnerlicht hat, wird trotz der zahlreichen Kommandos nie den Überblick auf dem Gamepad verlieren. Lobenswert hervorzuheben ist auch die Präzision bei Spielerbewegungen.

Fazit und Wertung

ava2 „Tatsächlich ist es Madden 17 gelungen, das Spielgefühl inhaltlich auf eine neue Ebene zu bringen. Die schiere Vielzahl sinnvoller Verbesserungen, besonders am Franchise Mode und der Spielkontrolle, können sich sehen lassen und machen das Upgrade von Madden 16 auf 17 überaus lohnenswert. Für Einsteiger und Anfänger ist der Titel jedoch kaum geeignet. Und auch wer der englischen Sprache nicht mächtig ist, sollte sich anderweitig umsehen. Oder Englisch lernen. Der Aufwand würde sich definitiv lohnen, denn Madden 17 ist eine wunderbare, authentische Verbeugung vor dem Sport, der auch in Deutschland seit Jahren mehr und mehr Fans für sich zu begeistern weiß. Wer sich also gerne die Nächte um die Ohren schlägt, der kann das guten Gewissens auch mit diesem Spiel machen.“

PRO:

+ Drastisch verbesserter Franchise Modus
+ Erweiterte Komplexität des Gameplays
+ Intelligenter Draft
+ Fühlbare Unterschiede zwischen den Teams
+ Karriereentscheidungen ziehen Konsequenzen nach sich
+ Hervorragende Einbindung von Statistiken
+ Technisch ansehnlich
+ Saubere Framerate
+ Tolle Atmosphäre 
+ Guter (englischer Kommentar)
+ Schöner Soundtrack
+ Neue Features werden gut erklärt
+ Sinnvoll verbesserter Ultimate Team Modus
+ Regulierbare Schwierigkeit
+ Viel mehr gestalterische Freiheit als im Vorgänger


CONTRA:

– Für Einsteiger völlig überfordernd
– Ausschließlich in Englischer Sprache verfügbar
– Stellenweise lange Ladezeiten
– Unübersichtliche, teils überladen wirkende Menüs
– My Franchise erzwingt PlayStation Plus

                                           GESAMTWERTUNG:        85%

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