Shadow Tactics: Blade of the Shogun – Oder: „Quickload! QUICKLOAD!“

                                   
                                           Getestet und verfasst von General M

1998: Klein General ist begeistert von Computerspielen aller Art. Mit sage und schreibe 10 Jahren fühlt er sich auch bereit, sich an Titel für höhere Altersklassen zu begeben. Hauptsache irgendwie militärisch, die Perspektive, aus der man spielt, ist egal. Am Rechner meines Dads, damals immerhin bestückt mit Pentium II und einer Geforce 2 MX 400 (seinerzeit mindestens Oberklasse) entdecke ich erstmals „Commandos: Hinter feindlichen Linien“. Das Echtzeit – Taktikspiel aus Spanien ist nicht nur der erste Genrevertreter, der auf rundebasierte Elemente verzichtet, er weiß auch sonst voll und ganz zu überzeugen. Nach 2 Runden entschließt sich Klein General, im nächstbesten Internetcafé nach Cheatcodes zu suchen. Das Spiel ist ihm einfach zu schwer.

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                                                Winterliche Atmosphäre. Brrr…kalt.

 
2016: Groß General vermisst immer mehr die guten alten Zeiten. Heutzutage muss alles in erster Linie schön aussehen, vernachlässigt dabei aber oftmals das wichtigste Spielelement: Gutes, spannendes und auf Wunsch forderndes Gameplay. Mal ernsthaft, wer muss heute noch groß mehrmals die Minute einen Quicksave – Button betätigen? Die meisten Spiele haben so eine Funktion gar nicht mehr. Hach, gäbe es doch wieder mal etwas wie Commandos und…aber halt! Was ist das? Shadow Tactics: Blade of Shogun? Commandos mit Samurais? Mit Quicksave – Button? Challenge – Mode? Das schauen wir uns doch besser mal an!

Der weise Samurai… 

Den Publisher des Spiels sollten Leser meiner Berichte mittlerweile kennen. Der heißt Daedalic, kommt aus Hamburg und betätigt sich sonst ja eher als eigenständiges Unternehmen, zumeist für Adventures. Entwickelt wurde der Titel jedoch ebenso in Deutschland. Nicht in Hamburg, sondern genau am anderen Ende des Landes. In München sitzt Mimimi Games. Die wurden mit ihrem Titel „The last Tinker“ 2014 dreifach mit dem Deutschen Entwicklerpreis bedacht und haben mit Shadow Tactics ihr bisher ambitioniertestes Spiel geschaffen. 

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                                             Die Gärten sind extrem gut bewacht.

Japan, 1615. Ein neuer Shogun hat auf dem Kaiserthron Platz genommen und es herrscht Frieden. Wäre da nicht Kage-sama. Der möchte den Shogun vom Thron stoßen und plant im Verborgenen eine Verschwörung zum Umsturz. Der Shogun gründet darauhin eine Art Eliteeinheit des Altertums, die bestens bewandert in Spionage, Aufklärung und notfalls auch Meucheln ist. Das ungleiche Team hat am Anfang zwar seine Differenzen, wächst aber mehr und mehr zusammen und nimmt den Kampf gegen Kage-sama auf. Ninja Hayato bevorzugt zwar das lautlose Infiltrieren, ist mit seinem Katana und Wurfsternen aber auch ein tödlicher Kämpfer. Samurai Mugen setzt lieber auf Nahkampf und kann gleich mehrere Gegner auf einmal ausschalten. Fallenstellerin Yuki liebt Hinterhalte und Scharfschütze Takumi schaltet die Feinde lieber aus der Distanz aus. Zu guter letzt gesellt sich mit Geisha Aiko eine nützliche Verbündete zur Gruppe, die mit Charme und Rafinesse Gegner ablenken kann. Die Kombination der Fähigkeiten funktioniert großartig und bietet reichlich Einsatzmöglichkeiten. Das Teamgefühl gewinnt hier im Vergleich zu anderen Genres massiv an Bedeutung und macht sich diese Tatsache auch bewusst zunutze. Dabei hat man trotzdem nie das Gefühl, wie Rambo agieren zu können, sondern bekommt stattdessen eine tolle Stealth – Atmosphäre vorgesetzt, die sich problemlos mit Größen wie Splinter Cell messen kann. Hinzu kommt eine unter’m Strich extrem gelungene Charakterzeichnung, was auch an den sehr guten englischen (oder wahlweise japanischen) Sprechern liegt. 

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                    Samurai und Ninja beraten sich über die weitere Vorgehensweise.

So schleichen wir uns mit Hayato an Klippen und Vorsprüngen entlang und infiltrieren die Basis unerkannt. Hier tobt gerade eine Schlacht mit kaiserlichen Truppen. Mugen steht vor den Toren und kommt aufgrund einer Schützenformation nicht voran. Zum Glück gelingt es uns, das Tor zu öffnen. Die kurzzeitige Ablenkung nutzt der starke Samurai voll aus. Teamwork ist essentiell, oftmals müssen die Aktionen mehrerer Charaktere zeitgleich geplant und dann perfekt ausgeführt werden Dazu dient das taktische Menü, wo Züge im Voraus geplant werden können. Per Knopfdrück werden die Aktionen dann im Spiel umgesetzt. Auch dieses Element funktioniert sehr gut. Die drei Schwierigkeitsgrade sind darüber hinaus vorzüglich und fair gestaltet. Während man im leichten Modus nur wenig Mühe mit den Gegnern hat, dafür aber auf Belohnungen verzichten muss, ist im schweren Modus jeder Schritt genau zu planen. Zum Glück gibt es eine Quicksave – Funktion, die einem sogar anzeigt, wann man zuletzt gespeichert hat. So kann man sicher sein, im Notfall nicht ewig zurückzuliegen. Kluges Speichern ist außerdem wichtig, da es zwar wie erwähnt zahlreiche Herangehensweisen und sogar optionale Missionen gibt, der Weg zum Ziel aber niemals einfach ist und daher Schritt für Schritt erkämpft werden muss. Die ab dem normalen Modus verliehenen Badges erhöhen durch entsprechende Challenges den Wiederspielwert enorm, so eignet sich Shadow Tactics auch für diejenigen, die nach wirklichen Herausforderungen suchen. So macht „Trial and Error“ endlich wieder Spaß!

Feudal!

Das alte Japan hat einiges zu bieten. Die 13 groß angelegten Levels strotzen trotz Comic – Look nur so an Details und können sich mühelos mit Vorbildern wie Desperados oder eben der Commandos – Reihe messen, wobei sie diese technisch heute natürlich weit übertreffen. Die Entwickler haben sich viel Zeit genommen, um per Hand liebevolle und abwechslungsreiche Umgebungen voller Leben zu erschaffen, die zudem zahlreiche Interaktionsmöglichkeiten für die Charaktere bieten. Es ist im Ergebnis ein wenig wie Dark Souls – fordernd, aber niemals unfair. Diese Nuance so perfekt zu timen, wie es den Münchenern gelungen ist, nötigt Respekt ab. Das Japan – Setting wurde hervorragend eingefangen und bietet immer wieder etwas für’s Auge, bleibt dabei aber in Sachen Hardwareanforderungen moderat. Abgerundet wird das Erlebnis durch einen überaus gelungenen Soundtrack. 

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                          Die liebevoll designten Umgebungen können sich sehen lassen.

Der am 6. Dezember offiziell fpr PC und Konsolen erscheinende Titel bietet dabei für knapp 40€ weit über 20 Stunden Spielvergnügen. Wer tiefer in die Tasche greifen möchte, kann für den PC die 70€ teure Collectors Edition einsacken, die zahlreiche Extras wie Essstäbchen, einen Wurfstern, Artworks und vieles mehr enthält. 

Fazit und Wertung

ava2 „Made in Germany – ein Qualitätsmerkmal? In diesem Fall absolut. Die Jungs und Mädchen von Mimimi haben ein lange totgeglaubtes Genre eindrucksvoll wiedererweckt. Für den Nostalgiker in mir ist Shadow Tactics: Blade of the Shogun ein absoluter Genuss. Aber auch Frischlinge, die Spaß an Herausforderungen und Teamplay haben, kommen um das Spiel nicht herum. Die Mechaniken harmonieren so wunderbar, die Umgebungen sind klasse umgesetzt und die Charaktere mehr als gelungen. Sicher, ein solches Spiel erhält nicht die mediale Aufmerksamkeit, die ein Call of Duty mit Millionenbudget erhält. Und das ist so verdammt schade, denn dieses Spiel verdient Erfolg. Dieses Spiel verdient eine Fortsetzung. Einfach: Dieses Spiel verdient gespielt zu werden.“

PRO:

+ Liebevolle, handgemachte Comicgrafik
+ Abwechslungsreiche Level
+ Detaillierte, großflächige Karten voller Interaktionsmöglichkeiten
+ Grandioses, durchdachtes Gameplay
+ Zahlreiche Herangehensweisen möglich
+ Unterschiedliche Charaktere mit eigenen Fähigkeiten
+ Fair ausbalancierte Schwierigkeitsgrade
+ Hoher Fokus auf Teamplay und Mikromanagement
+ Quicksave – System fügt sich perfekt ins Spiel ein
+ Hoher Wiederspielwert dank Badges und Nebenmissionen
+ Großer Umfang
+ Gute Gegner – K.I. (Sichtkegel und Co.)
+ Faires Preis – Leistungsverhältnis
+ Eingängige Bedienung
+ Gutes, unaufdringliches Tutorial
+ Gute englische Sprecher
+ Atmosphärischer Soundtrack

CONTRA:

– Charaktere sind fest vorgegeben
– Eher belanglose Story
– Etwas lieblos in Szene gesetzte Zwischensequenzen
– Keine Deutsche Sprachausgabe
– Sehr lange (erste) Ladezeiten

                                            GESAMTWERTUNG:     87%

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