Halo Wars 2: Die Rückkehr der Echtzeitstragie

                                           Getestet und verfasst von General M

Wer sich an die goldenen Zeiten erinnert, in denen das Genre der Echtzeitstragie auf dem PC beheimatet war und dort Hit um Hit produziert hat, ist entweder steinalt oder ein hartgesottener Nostalgiker. Immerhin sind Serien wie Command and Conquer oder Age of Empires, welche besagtes Genre quasi im Alleingang salonfähig gemacht haben, längst nicht mehr mit Fortsetzungen bedacht worden. EA hat sich 2010 nach dem völlig verkorksten vierten Teil von C&C von der Serie verabschiedet, Age of Empires II ist dank HD Remaster und neuen Erweiterungen heute so angesagt wie damals. Was fehlt, ist jedoch der Nachschub an WIRKLICH Neuem. Sucht man abseits nach diesen Neuerungen, wird man feststellen, dass das Genre abseits vom grandiosen StarCraft II mittlerweile völlig vom PC verschwunden zu sein scheint und sich stattdessen im Mobile Gaming eine neue Heimat geschaffen hat. Clash of…War of…Battle of…Clans/Kings/Kingdoms; selten haben sich unter generischeren Namensgebungen mehr gegenseitig von einander oder einfach von großen Vorbildern abgekupferte Titel zusammengefunden, welche allesamt nur das eine Ziel haben, durch Mikrotransaktionen möglichst viel Kohle aus dem Spieler zu ziehen. Wir schreiben das Jahr 2017, mit den Genre der Echtzeitstrategie steht es nicht zum Besten. Oder etwa doch? Tatsächlich gibt es einen Lichtblick am Himmel! Und der heißt Halo Wars 2! 

28 Years Later…

Sechs Jahre hat es gedauert, bis die Fortsetzung zum XBOX 360 – Exklusivtitel „Halo Wars“ erschienen ist. Damals vertrat man noch die allgemeine Auffassung, dass die komplexe Steuerung und das Einheiten-/Basismanagement eines RTS die spärlichen Möglichkeiten eines Gamepads völlig überfordern würde und das Genre daher allgemein nicht konsolentauglich sei. „Denkste!“, sagten die Jungs und Mädels der Ensemble Studios, immerhin Entwickler von Age of Empires und bewiesen dank Microsoft’s hauseigener Halo – Lizenz, dass auch ein RTS auf der Konsole funktionieren kann. Da die Ensemble Studios aber längst Geschichte sind, hat sich Halo – Chefentwickler 343 Studios mit den Briten von Creative Assembly starke Verstärkung in den Pelican geholt. Letztere zeichnen sich bereits seit Jahren mit der Total War – Reihe aus und sind ebenfalls für das gefeierte Alien: Isolation verantwortlich.

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                  Natürlich ist auch der aus Teil 1 bekannte Captain Cutter wieder dabei.

Während wir also „nur“ sechs Jahre auf eine Fortsetzung warten mussten, sind im Spiel ganze 28 Jahre vergangen. Die Geschichte geht dort weiter, wo der Vorgänger endete. Die Crew der „Spirit of Fire“, sicher in Stasis gelagert, befindet sich auf dem Rückflug zur Erde, als sie plötzlich außerplanmäßig aufgeweckt wird. Die Ereignisse des ersten Halo lassen noch etwas auf sich warten, dafür wartet auf die Mannschaft um Captain Cutter und Spartan Jerome-92 eine neue Aufgabe. Ehe sie sich versehen, geraten Sie in einen handfesten Krieg zwischen den Blutsvätern und den Banished. Letztere haben sich von der außerirdischen Allianz im Streit abgespalten und schmieden unter Führung des abtrünnigen Brute Atriox nun ganz eigene Pläne. Klar, dass die Menschheit da auch noch ein Wort mitzureden hat…

Halo Wars 2 Atriox Trailer 1
    Schurke Atriox hat nichts Gutes im Sinn. Aber das haben Schurken allgemein ja nie, oder?

Die gesamte Geschichte zieht sich über 12 Einzelspieler – Missionen und weiß nahezu zu jeder Zeit zu überzeugen. Das liegt nicht nur an den aufwändig inszenierten, teilweise sehr langen Cutscenes, welche die Handlung toll vorantreiben und prima Spannung aufbauen, sondern auch am abwechslungsreichen Missionsdesign und dem grandiosen Gameplay. Zwar lassen sich die durchaus umfangreichen Missionen auf der einfacheren Schwierigkeit recht problemlos bewältigen, da oftmals nur wenig taktische Planung erforderlich ist, auf höheren Schwierigkeitsgraden steigt die Herausforderung allerdings drastisch an. Dabei ist Halo Wars 2 allerdings nie unfair, im Gegenteil: Das Balancing ist absolut gelungen. Natürlich wollen wir die Geschichte nicht spoilern, daher belassen wir es bei besagtem Grundwissen. Was jedoch verraten werden kann ist, dass die Kampagne ein gut durchdachtes, toll erzähltes und actionreiches Fest für RTS – Fans, aber auch für Liebhaber der Halo – Saga ist. Selbst Einsteiger sollten keine Mühe haben, Zugang zum Titel zu finden, was angesichts der Komplexität des Universums ein bemerkenswertes Achievement ist. Schade ist am Ende lediglich, dass es keine Kampagne auf Seiten der Banished gibt. 

Blocksatz  

Halo Wars 2 erinnert stark an Command and Conquer, was nichts Schlechtes ist, im Gegenteil. Der Basenbau findet auf vorgegebenen Plätzen statt. Von dort aus kann die Hauptbasis Zusatzgebäude anschließen, Verteidigunssysteme errichten, Upgrades erforschen und natürlich Einheiten rekrutieren. Es gibt kleinere und größere Plätze, maximal 7 an der Zahl. Daher will wohl überlegt sein, was man bauen möchte. Missionen, die eine Verteidigung der Hauptbasis beinhalten, müssen natürlich gut gesichert werden. Da nützt es nur wenig, wenn sich die Verteidigungsmaßnahmen auf der zum Angriff entgegengesetzten Seite befinden. Im Vergleich zu anderen Titeln, die eine Vielzahl verschiedener Ressourcen zur Produktion erfordern, gibt es hier nur zwei: Nachschub und Energie. Beides wird durch entsprechende Gebäude automatisch produziert, was den Fokus auf den eigentlichen Spielkern angenehm vereinfacht: Den Kampf. 

CAMP 02
            Die Kampagne ist furios inszeniert und unterhält über 12 Missionen hervorragend. 

Um den Banished und ihrer Allianz – Ausrüstung gut gerüstet entgegentreten zu können, greifen wir auf klassisches Militärarsenal zurück, darunter die typischen Infanteristen als Standardinfanterie als Allrounder, aber auch viele Spezialeinheiten mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Einsatzmöglichkeiten. Natürlich dürfen auch mächtige Fahrzeuge wie der Scorpion – Panzer sowie passende Luftunterstützung nicht fehlen. Alles in allem bietet Halo Wars 2 ein wohlsortiertes, wohlstrukturiertes Arsenal an Einheiten, die sich prima untereinander ergänzen. Die vorhandenen Einheitenupgrades fügen sich ebenfalls hervorragend ins Geschehen ein und bringen spürbare Vorteile in Sachen Widestandskraft, Angriffsstärke und Co. Hinzu kommt, dass sich sämtliche Einheiten im Kampfverlauf automatisch aufleveln, nämlich in Form von Rängen. Veteranen sind auf dem Schlachtfeld selbstverständlich wesentlich effektiver.  
Halo Wars 2 Multiplayer Defend the Base
                  Augen auf beim Basenbau. Verteidigung ist ein wichtiges Spielelement!

Sollte sich bei allem Einsatz trotzdem mal das Blatt gegen die Menschheit wenden, kann man eine von vielen mächtigen Anführerfähigkeiten nutzen. Ob Truppenheilung oder ein mächtiger Artillerieschlag, der geschickte Einsatz dieser Fähigkeiten kann zwischen Sieg und Niederlage entscheiden. Dafür laden besagte Fähigkeiten aber auch extrem lange auf. 

Blitz. Krieg.

Natürlich wird auch abseits der furiosen Kampagne viel geboten. Die, das darf man keineswegs vergessen, auch Co-Op – Support bietet. Das hat in der von uns getesteten XBOX One – Fassung wunderbar funktioniert (XBOX Live Gold natürlich vorausgesetzt). Dafür sollte man sich mit seinem Spielpartner aber unbedingt per Voice Chat unterhalten, da man sich eine Basis teilt und nur die Einheiten kontrollieren kann, die man auch selbst produziert hat. Gute Absprachen sind so essentiell, auch wenn untereinander „getauscht“ werden kann. Und seien wir mal ehrlich, wann hat ein RTS zuletzt anständigen Co-Op in der Kampagne geboten? Das bietet nicht mal mein Favorit StarCraft. 

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             Im Blitz – Modus wird mit Kartendecks gespielt. Eine eigene Basis gibt es nicht. 

Selbstredend gibt es aber auch die typischen Online-Gefechte. Hier findet man klassische Gefechtsmodi, die ebenfalls viel Spaß machen. Nicht zuletzt, weil auch das Spielerprofil an Erfahrung gewinnt und im Rang aufsteigt. Hier ist man eben ganz Halo. Interessant ist der Blitz – Modus, der etwas anders funktioniert als ein Standardgefecht. Eine Basis gibt es nicht, stattdessen kann man sich vor Spielbeginn ein Einheiten – Deck in Form von Karten zusammenstellen. Dieser können dann im Spiel direkt aufs Schlachtfeld geschickt werden, benötigen aber dennoch Ressourcen. Solche findet man überall auf der Karte, allerdings interessiert sich natürlich auch der Gegner dafür. Grundlegendes Ziel ist es, durch die Einnahme und das Halten von Zielpunkten 200 Punkte zu erreichen. Dann gilt das Spiel als gewonnen. Es geht also um das Erobern und Halten von Kontrollpunkten, während gleichzeitig möglichst viele Ressourcen gesammelt werden müssen. Oder um es zusammenzufassen: Ein Heidenspaß! Zumal sich die Kartendecks durch Packs immer wieder erweitern lassen. Die kauft man entweder durch Ingame – Credits, oder aber man investiert Echtgeld. Das hat zwar leichten Pay-2-Win – Charakter, zumeist kommt man aber auch wunderbar über die Runden, ohne noch extra in die reale Geldbörse greifen zu müssen. Gerade die Zusatzfähigkeiten mancher Einheiten sind extrem nützlich und in der Form nur im Blitz – Modus zu finden.

Gelungene Technik

Auch in Sachen Grafik kann Halo Wars 2 durchaus überzeugen. Die Einheiten sind allesamt liebevoll detailliert, auch die wie erwähnt abwechslungsreichen Umgebungen sehen toll und atmosphärisch aus. Die Ladezeiten sind im absolut akzeptablen Bereich, wobei die XBOX One – Version im Vergleich zum PC mit halber Bildrate läuft und bei größeren Gefechten ab und an etwas einbricht. Besagte 30 Bilder pro Sekunde sorgen zwar für einen allgemein flüssiges Spiel, im direkten Vergleich empfand ich die höhere Bildrate der PC – Version (basierend auf Videovergleichen) allerdings als durchaus angenehmer für einen schnelleren Spielfluss. Da mir die PC – Version jedoch nicht persönlich vorliegt, will ich mich bei der Bewertung auf die Konsolenversion beschränken. Die kann abermals mit einer überraschend präzisen und zugänglichen Bedienung überzeugen und beweist wie auch Teil 1, dass RTS auch auf der Konsole funktionieren. Einheitenmanagement und Co. sind dank des hervorragenden Tutorials wunderbar zu erlernen und gehen schnell zügig und intuitiv von der Hand. 

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    In größeren Gefechten bricht die Bildrate gerne mal ein. Halo Wars 2 sieht trotzdem toll aus!

Auch der Sound kann sich hören lassen. Lobenswert ist der typisch orchestrale Halo – Klang, der einen vom Hauptmenü an in seinen Bann zieht. Auch die Deutschen Sprecher sind passend gewählt und machen einen guten Job. Zwar mangelt es den Einheiten im Vergleich zu StarCraft an Humor, die Sprachsamples haben mich dennoch absolut überzeugt. Insgesamt tragen die Sprecher so weiterhin zur ohnehin guten Atmosphäre bei. Sehr schön! 

Fazit und Wertung

ava2 „Halo Wars 2 macht mich richtig glücklich. Zum einen beweist es, dass das Genre der RTS abgesehen von StarCraft II nicht tot ist oder nur noch aus Pay-2-Win – Maschinen auf Mobilgeräten besteht, es demonstriert wie Teil 1 auch eindrucksvoll, dass das Genre auf einer Konsole toll funktionieren kann. Die hervorragend inszenierte Story, ein mehr als solider Multiplayer – Modus und der extrem spaßige Blitz – Modus sind ein rundum gelungenes Fest für RTS – Fans. Zwar vermisse ich schmerzlich eine Banished – Kampagne, alles andere hat mich jedoch beinahe nahtlos begeistert. Hinzu kommt, dass auch Einsteiger prima ihren Weg ins Spiel finden. Unbedingt ansehen!“ 

PRO:

+ Solide Technik
+ Toll inszenierte Kampagne
+ Atmosphärische, abwechslungsreiche Missionen
+ Sinnvoll durchdachte Spielmechanik
+ Hervorragendes Balancing
+ Gelungene Mehrspielerkomponente
+ Spaßiger Blitz – Modus
+ Co-Op – Funktion für Kampagne
+ Intuitive, einfach erlernbare Bedienung
+ Gute Deutsche Sprecher
+ Packender Soundtrack
+ Sehr gute Tutorials

CONTRA:

– Keine Banished – Kampagne
– Ein Hauch von Pay-2-Win im Blitz – Modus
– Charaktertiefe schwankt etwas 
– Recht kurze Kampagne
– Leichte Einbrüche der Bildrate in großen Gefechten
– Konsolenfassung nur mit 30 Frames pro Sekunde

                                                    GESAMTWERTUNG:     87%

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