Full Throttle™ Remastered – „Von Bikern, Babes und Brückenstunts“

                                            Getestet und verfasst von General M

Liebe Community, die Feiertage sind vorüber und der Ernst des Lebens hat wieder begonnen. Da ist man umso dankbarer, das Remaster von Full Throttle (hier 1995 unter dem Deutschen Titel „Vollgas“ erschienen) im Postfach zu haben. Tatsächlich hat das Original auch 22 Jahre nach Erstveröffentlichung nichts von seinem zeitlosen Charme verloren. Das liegt zum einen an der Handschrift von Genrelegende Tim Schafer, der seinerzeit bei LucasArts für das Spiel verantwortlich war, zum anderen aber auch daran, dass seitdem kein Adventure mehr über Biker erschienen ist. Das Remaster kann sich wie alle vorherigen Aufbereitungen klassischer Lucas – Titel sehen lassen, so viel kann ich bereits jetzt verraten. Warum es aber dennoch nicht ganz perfekt ist, zeigt unser Testbericht. Und wo zum Teufel habe ich den Rest Eierlikör gelassen?! 

Full Throttle war eines der ersten Adventures, mit denen ich überhaupt zum Gaming gekommen bin. 22 Jahre ist das schon her, aber noch immer bin ich mit Leidenschaft bei der Sache. Eine Zeit, die ganz ohne Internet, DLC´s und den Begriff „GeForce“ auskam und in denen man zum Zocken Vater oder Großvater besucht hat, nur um nach dem Verzehr der weltbesten Stullen um eine Stunde vor dem Computer zu bitten. Und ebenso die Zeit, wo man für Komplettlösungen zu solchen und anderen Spielen entweder lokale Zeitschriften ausspioniert hat, oder auf Computermessen für ein paar Mark schlecht gedruckte Lösungshefte gekauft hat. Die Geschichte um Biker Ben kann zwar nicht so ganz mit der Monkey Island/Indiana Jones – Saga mithalten, hat sich aber dennoch einen Platz unter den Klassikern des Genres verdient. 

„Ich laufe nicht.“

Wann genau Full Throttle spielt, ist gar nicht mal wirklich klar. Die Welt wirkt etwas postapokalyptisch, könnte aber ebenso gut eine gegenwärtige Darstellung von Detroit sein. Nur hat man dort wohl noch nie von schwebenden Autos gehört. Aber darum geht es eigentlich auch gar nicht. Ben ist der Anführer der Polecats, einer von vielen lokalen Gangs. Der bunt gemischte Haufen begegnet auf der Landstraße Motorradmagnat Malcolm Corley und dessen rechter Hand Adrian Ripburger (im englischen Original gesprochen von Mark „Luke Skywalker“ Hamill).

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     Der todkranke Corley und seine rechte Hand Ripburger sind nicht gerade beste Freunde.

Letzterer engagiert die Truppe spontan als Showeinlage für die anstehende Aktionärsversammlung, plant aber im Stillen, Corley Motors zu übernehmen. Dafür muss der ohnehin dem Tode geweihte Malcolm ins Gras beißen. Und was manchmal doch zu lange dauert, erfordert eben etwas Nachhilfe. Die Schuld dafür wird auf die Polecats geschoben, die prompt ins Kittchen wandern. Nur Ben bleibt auf freiem Fuß und macht sich daran, die Unschuld seiner Gang zu beweisen und den Verantwortlichen für Corleys Tod zu bestrafen. Dabei wird er allerdings vor allerlei Probleme gestellt. Eines davon ist der plötzliche Zerfall seines Bikes. Zum Glück kann Mechanikerin Maureen helfen. Die ist allerdings mehr, als sie vorgibt…

Wer bereits das Original kennt, darf keine Neuerungen bzw. Erweiterungen der Geschichte erwarten. Alles ist genau so, wie es eben auch damals bereits war. Aber selbst Neueinsteiger werden wenige Probleme haben, sich durch das mit knapp 3-4 Stunden Spielzeit sehr kurze Adventure zu knobeln. Rätsel gibt es nur wenige, ebenso verzichtet das Spiel auf das Kombinieren von Gegenständen im Inventar sowie Dialogrätsel und Co. Full Throttle ist sehr straight forward und kommt mit einem Minimum an handelnden Charakteren aus. Dennoch gelingt es, eine kurzweilige und spaßige Geschichte mit trockenem Humor zu erzählen. Besonders die Prügeleien auf der Old Mine Road, die teilweise zynischen Kommentare des Protagonisten oder der Soundtrack unterhalten gut, wenngleich all das selbstverständlich nicht mehr mit aktuellen Genregrößen wie zum Beispiel Daedalic´s Deponia – Reihe mithalten kann. Aber für damalige Verhältnisse war Full Throttle ganz groß. Und auch heute macht es noch Spaß. Wenn man nicht zu viel davon erwartet. 

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    Zum direkten Vergleich. Das Remaster löst in 16:9 auf und hübscht das Bild spürbar auf…

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          …das jederzeit wechselbare Original kommt in altbekannter Pixel – Optik daher. 

Technisch kann man bei der Umsetzung nur wenig meckern. Wie auch bei den Neuauflagen von Grim Fandango und Day of the Tentacle hat man penibel darauf geachtet, den Stil des Originals nicht zu verändern, sondern bekannte Mechaniken in ein etwas zeitgemäßeres Gewand zu kleiden. Das ist definitiv gelungen. Auch die Bedienung mit Maus und Tastatur ist so einfach, wie man es sich nur vorstellen kann. Im Grunde kann das Spiel komplett mit der Maus bedient werden. Ebenso hat man sich die Mühe gemacht, den Soundtrack neu zu mastern. Der klingt jetzt gleich eine ganze Spur sauberer. Das gilt leider nicht für die Deutsche Tonspur. Die hat zwar schon seinerzeit durch qualitativ hochwertige Sprecher überzeugen können, geht aber in der aktuellen Abmischung immer mal wieder unter. Man hört spürbar heraus, dass man hier die alte MIDI – Dialogspur ohne Verbesserungen übernommen hat. Manchmal geht die Lautstärke des Dialoges kurz so abrupt in den Keller, dass man kaum noch hören kann, was gerade gesprochen wird.

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                         Mechanikerin Maureen bietet das ein oder andere Geheimnis. 

Das Problem gab es auch beim Original schon, war aber längst nicht so präsent wahrnehmbar. Auch brechen die Sätze gerne mal kurz vor Schluss ab, während bereits die nächste Spielszene anläuft. Generell lassen sich Sprachverzögerungen von 1-2 Sekunden feststellen. Ich hoffe sehr, dass man hier noch durch einen Patch nachbessert, da die Deutsche Synchro eigentlich auch heute noch als sehr gelungen bezeichnet werden kann und es verdient, anständig gehört zu werden.

Fazit und Wertung 

ava2 „Ein bisschen Staub hat der Adventure – Klassiker ja doch angesetzt. Trotzdem macht der Titel dank liebevollem Remaster heute noch Spaß. Der kleine Preis ist fair für das Gebotene und für Fans der alten Lucas – Games sowieso Pflicht. Leider trüben lästige Probleme mit der Deutschen Tonspur das Vergnügen. Dennoch: Wer auf ScummVM und Co. verzichten will, um den bald 22 Jahre alten Titel auf modernen Systemen zum Laufen zu bringen, kommt um das Remaster definitiv nicht herum. Abgesehen von einer aufgehübschten Technik sollte man aber nichts Neues erwarten.“ 

PRO:

+ Klassisches LucasArts – Flair mit der Handschrift von Tim Schafer
+ Gelungene Aufbereitung eines Klassikers
+ Gute Deutsche Sprecher
+ Jederzeit zwischen alter und neuer Version wechselbar
+ Unkomplizierte Bedienung
+ Herrlich fieser Bösewicht
+ Grandioser Soundtrack
+ Audiokommentare und Konzeptzeichnungen enthalten
+ Fairer Preis

CONTRA:

– Sehr kurze Spielzeit
– Störende Probleme bei der Tonabmischung
– Deutsche Vertonung mit Qualitätsverlust
– Kaum Interaktion mit der Umgebung
– Spielerisch keine große Herausforderung
– Duelle an der Old Mine Road lassen sich nicht mehr überspringen

                                                   GESAMTWERTUNG:     76%

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