Syberia 3™ – „Unfertigkeit, die fertig macht“

                                   

                                         Getestet und verfasst von General M

Normalerweise bin ich ja immer glücklich, wenn ein neues Adventure zum Testen bereit liegt. Immerhin bin ich mit dem Genre aufgewachsen und bin bis Heute der Meinung, dass dieses zeitlose Genre unter Zuhilfenahme der nun bereits 20-25 Jahre alten Grundmechaniken noch immer auf gleiche Weise überzeugen kann, sofern dem Spiel eine gute Geschichte zugrunde liegt. Syberia stammt wie auch Baphomet´s Fluch aus Frankreich. Zwar von einem anderen Entwickler und Publisher, dennoch haben die Franzosen allgemein bewiesen, dass sie auch Adventures können. Umso größer die Enttäuschung über das, was mich trotz guter Geschichte am Ende erwartet hat. Die Community der Adventures – Fans nennt noch Heute die ersten beiden Teile von Syberia, geht es um gute Vertreter des Genres. Mit entsprechend grßer Spannung wurde Syberia 3 erwartet, erstmals übrigens auch für Konsolen. Immerhin wurde Teil 3 bereits 2009 angekündigt, obwohl Teil 2  als abgeschlossen galt. Braucht es dann überhaupt noch einen Nachfolger? Ja, fand Autor Sokal und lieferte Syberia 3 ab. Das hätte er mal lieber gelassen. 

Macken, Macken, Macken!

Das große Problem des Spiels ist nicht die Story, die ist durchaus solide, wenngleich auch nicht sonderlich innovativ. Abermals schlüpfen wir in die Haut der New Yorkerin Kate Walker, welche nach ihrem zweiten Abenteuer vom Volk der Yukol gefunden und gepflegt wird und einige Zeit später in einer Nervenheilanstalt mitten in der Ödnis von Osteuropa erwacht. Hier hat man es zu Beginn nicht nur mit einem klischeehaft gruseligen Chefarzt zu tun, sondern wird auch gleich mit den ersten von insgesamt zahlreichen Macken konfrontiert.

Macke Nummer 1: Die Steuerung. Wenn man direkt zu Beginn des Spiels schon darum gebeten wird, doch lieber mit Controller zu spielen, um die Spielerfahrung zu verbessern, lässt das oftmals grausige Erinnerungen an Grim Fandango wachwerden. Und tatsächlich: Syberia 3 bedient sich einer völlig veralteten, hakeligen Tank – Steuerung, welche selbst mit Controller für Frust sorgt, aber mit Tastatur völlig den Vogel abschießt. Ständig bleibt man an Objekten hängen, die Bewegungen an sich sind ruckelig und extrem unpräzise und auch die Inventarführung haben Adventure – Entwickler schon vor 10 Jahren besser hinbekommen. 

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Der Hinweis zur Verwendung eines Gamepads ist momentan mehr als berechtigt. Leider.

Während man sich noch fragt, warum die Yukol allesamt so aussehen, als hätten sie ein Chromosom zu viel, so muss man doch wenigstens dem Rätseldesign einen Pluspunkt zusprechen. Die Herausforderungen sind entgegen der Vorgänger rational nachvollziehbar und allesamt gut lösbar. Wirklichen Anspruch bieten sie aber nicht. Oftmals genügt es, die nahen Umgebungen gründlich abzusuchen, eines der gefundenen Gegenstände passt dann zumeist. Nervig: Offensichtliche Lösungen werden von der Protagonisten meist erst akzeptiert, wenn sie auf der Suche nach besagter Lösung einen entsprechenden Hinweis erhalten hat. Simples Ausprobieren fällt damit ebenso weg, wie eine manuelle Speicherfunktion. Das ist gerade deswegen ärgerlich, weil das Spiel laut Berichten dazu neigt, durch einen von vielen Bugs im Spiel mal eben den einzigen automatischen Spielstand zu zerstören.

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Die Charaktere, allen voran die Bösewichte, agieren allesamt nach finsterem Schema F.

Als wir die erste Tür geöffnet und dem dubiosen Arzt begegnet sind, offenbart sich damit auch nach und nach Macke Nummer 2: Die meisten Charaktere im Spiel sind unendlich klischeehaft und bieten genau das, was man bereit in zig Adventures in Sachen Schurkerei gesehen hat. Komplexität sucht man vergebens. Macke Nummer 3 schließt sich da nahtlos an: Selten habe ich in den letzten Jahren ein Adventure gespielt, welches durch so lustlose Deutsche Sprecher glänzte. Zwar macht die Figur der Kate Walker noch einen halbwegs passablen Job, der Rest des Casts wirkt aber durchgehend wie auf Valium. Hinzu kommt, dass das gesprochene Wort selten lippensynchron ist und zudem auch noch mitten im Satz endet. Da muss man dann auf die Untertitel zurückgreifen, um den Satz wenigstens bis zu seinem Ende lesen zu können. Obwohl die Entwickler momentan an einem Patch arbeiten, um Steuerung und Synchronität zu verbessern, ist beides am Ende aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein, da die Dialoge an sich grundlegend belanglos wirken und trotz Möglichkeit, das Gesprächsthema aus maximal vier Auswahlmöglichkeiten selbst zu bestimmen, auch nicht gerade anspruchsvoll sind.

Technische Steinzeit

Also, wir haben Bugs, Fehler und Mankos am laufenden Band. Kann denn dann wenigstens die Technik überzeugen? Leider ist die Frage danach automatisch Makel Nummer Fünf. Die verwendete Unity – Engine ist heutzutage eine kostengünstige Methode, Spiele zu entwickeln und ist für Adventures im Grunde durchaus gut geeignet. Leider wirkt das Ergebnis so, als wäre das Spiel bereits vor 10 Jahren technisch veraltet gewesen. Hölzerne Animationen, die nahezu völlige Abwesenheit von Mimik…all das wird zusätzlich überschattet von starken Einbrüchen in der Framerate und extrem langen Ladezeiten, selbst im hochpotenten Testsystem, welches gewaltig über den empfohlenen Voraussetzungen liegt. WENN das Spiel überhaupt startet. Das ist laut Spielerberichten nämlich oftmals gar nicht gesichert. So unterstützt die PC – Version zwar natives 4K, offenbart dadurch aber nur noch mehr sein technisches Alter. Da fragt man sich ja doch, was genau macht die Installationsgröße von gut 20 GB aus, wenn man theoretisch ähnliche Ergebnisse noch vor 10 Jahren auf 2 CD´s unterbringen konnte? Dafür überzeugt am Ende der tolle Soundtrack von Fallout – Composer Inon Zur. Das ist aber dann auch schon alles. 

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Texturarme Umgebungen, Kantenflimmern…sogar auf 4K mangelt es an moderner Schönheit.

Fazit und Wertung

ava2 „Man hätte es bei zwei grandiosen Teilen belassen sollen. Stattdessen hat man den dritten Teil, der als solcher gar nicht mehr notwendig gewesen war, ein nahezu durch und durch mangelhaftes, enttäuschendes Spiel abgeliefert. Angefangen bei der miserablen Steuerung, den belanglosen Rätseln, den wenig einprägsamen Charakteren und deren Vertonung bishin zur maroden Technik und einer Unmenge von kleinen bis großen Fehlern wie abgehackten Sätzen oder zerstörten Savegames – die Liste ist lang. Zu lange für einen Fazit. 20€ dafür zu verlangen, wäre bereits problematisch. 40€ für diesen Flickenteppich hinzulegen, ist letztendlich einfach nur frech. Finger weg!“

PRO:

+ Solide Story mit manchen guten Momenten
+ Durchaus einige landschaftliche Schauwerte

+ Im Gegensatz zum Vorgänger rationaler strukturierte Rätsel
+ Lässt die Wahl zwischen Hilfen und Purismus beim Auffinden von Objekten 
+ Ordentlicher Umfang
+ Guter Soundtrack
+ Sympathische Protagonistin

CONTRA:

– Technisch steinzeitlich
– Hakelige Animationen
– Framerate – Einbrüche und lange Ladezeiten 
– Sterile Mimik
– Fummelige Steuerung
– Abgehackte, nicht synchrone Vertonung
– Größenteils miese Deutsche Sprecher
– Geschichte baut sehr auf Bewährtes
– Blasse Schurken nach Schema F
– Bugs, Bugs, Bugs
– Kein freies Speichern
                                                                         GESAMTWERTUNG: 39%

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