Outlast II™ – „Huch! Argh! Gähn!“

                                         Getestet und verfasst von General M

Zuerst die guten Nachrichten an Euch Gamer: Der Mai wird bedeutend ruhiger als der spieletechnisch vollgepackte April. Das bedeutet, die Geldbeutel haben wieder etwas Zeit, sich zu füllen. Mit leichter Verspätung reichen wir nun einen der letzten besagten Aprilkandidaten nach, nämlich Outlast II. Der Nachfolger zum Horror Survival – Überraschungshit möchte seinem Vorgänger die Krone streitig machen. Ob das gelingt, zeigt unser Test.

Reporter ohne Grenzen

Während wir uns im Erstling noch gegen die dunklen Schergen eines verlassenen Irrenhauses erwehren mussten, präsentiert Outlast II eine gänzlich eigene Geschichte, die auf jedwede Bezüge zum Vorgänger verzichtet. Die Spielformel an sich jedoch ist gleich geblieben. In der Rolle des Kameramanns Blake begleiten wir unsere als Reporterin tätige Frau auf einem Hubschrauberflug nach Arizona. Hier hat sich eine schwangere Frau angeblich selbst das Licht ausgeknipst, aber was ein gestandener Enthüllungsjournalist ist, der bohrt eben genauer nach. Eben noch scherzt man ein wenig herum, in der nächsten Minute legt der Hubschrauber aus unerfindlichen Gründen eine Bruchlandung hin. Mitten im Hinterland von Arizona erwacht Blake in einem Trümmerhaufen. Seine Frau? Weg. Der Pilot? Hängt gehäutet am nächsten Kreuz. Die Videokamera? Zum Glück noch heile! Was als Suche nach der Liebsten beginnt, verwandelt sich schnell einen Albtraum, denn die Herzensdame ist offenbar einem religiösen Kult in die Hände gefallen, der nicht nur sehr ungehalten über die Gäste ist, sondern darüber hinaus auch akute Abneigungen gegen Schwangerschaften zu haben scheint. Warum das so ist, was genau Blake´s Frau damit zu tun hat, all das will ich an dieser Stelle natürlich nicht verraten. 

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       Religionskriege handeln eben immer davon, wer den besseren imaginären Freund hat. 

Was ich jedoch verraten kann ist, dass die beklemmende Gruselatmosphäre des Erstlings auch hier toll zur Geltung kommt. Das liegt insbesondere daran, dass der Protagonist sich ebenso wie im ersten Teil nicht verteidigen kann. Sind ihm Feinde auf den Fersen, hilft nur die Flucht und die hoffentlich erfolgreiche Suche nach einem Versteck. Ob unter Betten, in Schränken oder alten Fässern, Not macht erfinderisch. Und wer doch mal das Pech hat, erwischt zu werden, ist meistens sowieso umgehend erledigt und muss ab dem letzten Kontrollpunkt sein Glück erneut versuchen. Ohnehin muss man erwähnen, dass solche Momente immer mal wieder vorkommen und in nerviges Trial-and-Error übergehen können. Besonders die letzte der vier verfügbaren Schwierigkeitsstufen, nämlich „Wahnsinn“, sollte nur angegangen werden, wenn man das Spiel bereits wenigstens einmal beendet hat. Hier gibt es nämlich keine Checkpoints. Wer einmal stirbt, muss das ganze Spiel von vorne beginnen, was bei einer Spielzeit von knapp 8-10 Stunden gerade zum Ende hin sehr ärgerlich sein kann.

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      Es gibt eben romantische Momente, da muss man zu zweit im Mondschein abhängen.

Die Spielzeit ist ein weiteres Problem von Outlast II. Während der erste Teil kurz, dafür aber sehr intensiv für die Nerven war, wirkt Teil zwei stellenweise lästig gestreckt. Ja, es ist mir bewusst, dass man oftmals kürzere Titel kritisiert, aber in diesem Fall ist es ausnahmsweise umgekehrt. Großartige Passagen wechseln sich mit öden Momenten ab, in denen man von Punkt A nach B läuft, ohne dabei besonders spannende Momente zu erleben. Gerade das Abflauen der Spannung raubt dem Spiel Qualität. Denn die besondere Stärke von Outlast liegt nunmal darin, Angst durch das zu erzeugen, was nicht wirklich passieren muss, aber passieren könnte. Das Spiel spielt geschickt mit den Emotionen des Spielers und erzeugt manchmal Momente, wo einem schlagartig das Herz in die Hose wandert. Wer also Probleme mit Jumpscares und heftigem Gore hat, sollte sich definitiv ein anderes Spiel einlegen. Je mehr ruhige Momente einem das Spiel genehmigt, desto entspannter wird man als Spieler und desto weniger zünden die wirklichen Schockmomente später noch. Ohnehin nutzt sich der Faktor Angst spätestens ab der zweiten Hälfte spürbar ab, da alles dann geschehene einem längst vertraut vorkommt, weil der Modus Operandi zu offensichtlich wirkt. Und auch das Ende ist nicht gerade befriedigend. So muss man leider sagen, dass Outlast II mit großen Ambitionen daherkommt, diese aber nur bedingt erfüllen kann. In Sachen spielerischer Qualität wusste der Erstling wesentlich mehr zu überzeugen. 

Unreales Arizona

Auch Teil 2 baut auf die Unreal Engine 3. Die ist zwar schon etwas in die Jahre gekommen, schafft es aber in der hier vorliegenden stark modifizierten Version trotzdem, durch grandiose Beleuchtungseffekte zu überzeugen, welche gerade in den Außenarealen am Besten zur Geltung kommen. Obwohl auf dem PC natives 4K unterstützt wird, welches bei flüssigen 60 Frames in der Sekunde theoretisch nicht einmal sonderlich hardwarehungrig ist, sieht Outlast II dann nur bedingt besser aus, als auf Konsolen (wo auf gewohnte 30 Bilder gelocked wird) oder einer niedrigeren PC – Auflösung. Auch weiß nicht jedes Gegnermodell qualitativ zu überzeugen, ebenso gibt es längst Spiele, welche Wasser weitaus hübscher darstellen und auch an Texturqualität mangelt es hier und da. Aber da man die meiste Zeit sowieso im Dunkeln, bzw. unter Einsatz der Nachtsichtkamera zubringt, hat man ohnehin wenig Zeit, einen genaueren Blick auf die Umgebung zu werfen.

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      Die Unreal Engine 3 schafft trotz ihres Alters ein stimmiges, atmosphärisches Setting. 
 
Pluspunkte gibt es für die gute Bedienung, die sowohl mit Maus und Tastatur als auch mit Gamepad jeweils sehr gut und sauber von der Hand geht, aber auch für den gelungenen Soundtrack, welcher die düstere Atmosphäre, gerade deren bedrohliche Momente, wunderbar minimalistisch untermalt.  

Fazit und Wertung

ava2 „Outlast II kränkelt am gleichen Problem, an welchem Fortsetzungen erfolgreicher Blockbuster immer wieder leiden: So sehr man sich bemüht, der erste Teil bleibt der Beste. Die eher belanglose Geschichte um religiöse Fanatiker verschenkt viel erzählerisches Potenzial und wirklich schockierende Momente sucht man ab der zweiten, sich bis zum enttäuschenden Ende ziehenden Hälfte immer seltener. Was bleibt ist ein harter Psychotrip durch atmosphärische, aber insgesamt nicht mehr ganz frisch wirkende Szenarien, welche hin und wieder mit nervigen Trial-and-Error – Passagen aufwarten. Trotzdem, Leute mit schwachen Nerven sollten bei Candy Crush bleiben.“   

PRO:

+ Stimmige Beleuchtung
+ Atmosphärisches Horror – Setting
+ Spielt gekonnt mit der Psyche des Spielers
+ Run and Hide – Gameplay funktioniert noch immer hervorragend
+ Eingängige Bedienung
+ Gute englische Sprecher
+ Meistens faire Checkpoints
+ Viel zu entdecken
+ Aufmerksame, hartnäckige Gegner
+ Die Kamera als zentraler Angelpunkt
+ Stimmungsvolle Musik
+ Angemessener Preis

CONTRA:

– Nimmt ab der zweiten Hälfte qualitativ spürbar ab
– Erzählerisch ohne große Höhepunkte oder Neuerungen
– Schockmomente nutzen sich schnell ab
– Insgesamt etwas zu lang
– Unbefriedigendes Ende
– Trial-and-Error – Passagen
– Rätsel nie fordernd
– Sehr lineares Gameplay
– Wenig Wiederspielwert

                                                      GESAMTWERTUNG: 69%    

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