PREY™ – „Ein Kessel Buntes“

 

                                          Getestet und verfasst von General M

Nein, liebe Leser aus der Schweiz: DJ Bobo hat nicht sein erstes, eigenes Videospiel bekommen. Getestet wird nicht PRAY, sondern PREY. Aber Augenblick, gab es das nicht bereits? Ja, 2006 erschien bereits ein Titel unter gleichem Namen und unter der Federführung von Bioshock – Schöpfer Ken Levine mitsamt Spieleschmiede Irrational Games. Damals wurde ein Ureinwohner in ein Raumschiff voller fieser Aliens gebeamt und musste sich dort mit allerhand Feuerkraft seiner Haut erwehren. Nachdem ein direkter Nachfolger über Jahre trotz Ankündigung und einigen Entwicklungsfortschritts nicht realisiert wurde, wanderten die Markenrechte zu Bethesda und von dort aus weiter zu Entwicklerpartner Arkane Studios, die sich durch die Dishonored – Reihe einige Lorbeeren verdient haben. Dort entschied man sich, keine Fortsetzung zu produzieren, sondern die Marke komplett zu rebooten. Das Ergebnis ist seit Heute auf PC, PlayStation 4 und XBOX ONE spielbar. Und wir haben es ausführlich für euch getestet! 

Bio-Life Ex

Die Zukunft ist schon was feines, möchte man meinen. Man stelle sich eine Gesellschaft vor, die sich irgendwann in der Vergangenheit ganz anders entwickelt hat und es damit sogar einem John F. Kennedy ermöglicht hat, weit über 100 Jahre alt zu werden. Eben eine Zeit, wo die Wissenschaft nahezu alles möglich macht, auch die Erforschung des Weltalls…oder Forschung im Weltall, in diesem besonderen Fall auf der Raumstation „Talos I“. Wir schlüpfen in die Haut von Wissenschaftlicher Morgan Yu, dessen Geschlecht man zu Beginn des Spiels frei wählen kann. Das hat zwar keinerlei Auswirkungen auf Spielweise oder Spielausgang, ist aber dennoch ein nettes Extra. Als solcher arbeiten wir unter Führung unseres Bruders an einem ominösen Experiment, dessen Hintergründe wir erst später im Spiel erläutert bekommen. Es dauert nicht lange, bis man sich auf Talos I wiederfindet und feststellen muss, dass dieser Hort der Forschung von fiesen, schattenhaften Aliens überrannt wurde, die nur als Typhons bezeichnet werden. Nun sollte man meinen, dass der Rest der Story sowieso altbekannten Mustern folgt: Schwerbewaffnet Horden von Aliens ummähen und einen Ausweg von Talos I finden. Entwickler Arkhane Studios macht daraus aber eine ganze Menge mehr: Es mischt auf dem Weg zum Ende klassischen Shooter mit Elementen aus Rollenspiel, Survival und anderen Genres. 

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              Das Figurendesign trägt die eindeutige Handschrift der Dishonored – Macher. 

Das Ergebnis erinnert in seinen Mechaniken stark an Bioshock, Deus Ex und Half-Life. Aber wie viel Eigenständigkeit bleibt, wenn man das Beste aus drei Welten kombiniert? Immer noch eine ganze Menge, da die Kombination gut funktioniert und in einem vielschichtigen, durchaus fordernden Spiel mündet. Natürlich könnte man sich einfach durch die Station ballern, aber das auch nur solange, wie die spärlich verstreute Munition ausreicht. Auch Medi Kits und andere Nahrungsmittel zur Wiederherstellung von Lebenspunkten gibt es nicht unendlich. Aber Wissenschaftler im Allgemeinen sind ja kluge Köpfe und finden oft Alternativen zum frontalen Angriff. Mit entsprechenden, durch überall verstreuten Neuromods können wir unsere Fähigkeiten verbessern und uns so neue Möglichkeiten eröffnen, schwierige Passagen zu vereinfachen oder gänzlich zu umgehen. Später gibt es dann auch erste Psi – Fähigkeiten, mit denen viele Gegner zwar deutlich einfacher zu bekämpfen sind, aber auch entsprechende Angstreaktionen bei den Überlebenden auf Station mit sich bringen. Einsatz mit Vorsicht ist also geboten! 

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     Mit Neuromods verbessern wir allerhand Fähigkeiten oder gewinnen gänzlich neue hinzu.

Wenn das Passwort zu einer verschlossenen Tür mal nicht auffindbar ist, hacken wir uns ganz einfach den Weg frei. Das nötigt zwar zu einem widerlich nervigen Minispiel, aber wenn man erstmal den Bogen raus hat…gut, dann sucht man lieber doch freiwillig nach dem Code. Aber geschickte Hacker können sich auch Geschütze zu Eigen machen, was in Gefechten gegen mehrere Feinde lebensrettend sein kann. Körperbetonte Spieler investieren in höhere Ausdauer, mehr Schlag- und Feuerkraft und andere Fähigkeiten. Wenn das alles nicht genügt, lassen sich überall auf Talos I Recycler und Fertiger finden. In ersten kann von der Bananenschale bis hin zum elektrischen Bauteil alles in seine Bestandteile zerlegt werden, die daraus gewonnenen Ressourcen können dann mit entsprechenden Bauplänen in Munition, Medikits und Waffen investiert werden. So nötigt einen der teilweise anspruchsvolle, ja sogar manchmal unfaire Schwierigkeitsgrad dazu, jede Ecke abzusuchen, da einem am Ende eine simple Bananenschale vor dem Ableben bewahren kann. Und all das, während wir uns im Verlauf der Handlung mit der Frage nach der eigenen Existenz auseinandersetzen müssen…puh, Überleben im Weltraum kann manchmal echt frustrierend sein.

(Über)Leben im Weltraum

Die Aliens haben die Station zwar so gut wie komplett übernommen, dennoch begegnet man im Spielverlauf auch dem ein oder anderen Überlebenden und geht essentiellen Fragen über die Natur der Aliens, oder eben bereits erwähnten Existenzfragen auf den Grund. Leider erfährt man vieles nur durch das akribische Lesen von E-Mails und Co., die in den zahlreichen Computern zu finden sind. Die Hauptgeschichte beginnt zwar eindrucksvoll und macht neugierig, kann den hohen Erwartungen der anfänglichen Inszenierung aber nur bedingt gerecht werden. Dafür bleiben die meisten Charaktere im Spiel zu blass, dafür wird das Potenzial der Rahmenhandlung zu wenig ausgenutzt. Daran ändert auch der oft gegebene Handlungsspielraum nur wenig, besonders deswegen, weil die Wahl zwischen gut und böse zumeist viel zu offensichtlich ist. Zu guter letzt weiß auch das Ende nicht hundertprozentig zu überzeugen. Bis dahin wird allerdings einige Zeit vergehen, in dem man mit viel Erkundungsfreiheit durch Talos I und den Weltraum drum herum ziehen kann um viele Nebenaufgaben abzuarbeiten, Upgrades zu suchen und tiefer in die Geschichte einzutauchen. Und gerade die verschiedenen Herangehensweisen im Gameplay sorgen für einigen Wiederspielwert, zumal sich der Charakter je nach Fertigkeitenausrichtung anders spielen lässt und durch die Adaptierung von Alienfähigkeiten ein paar richtig coole Skills erhält, die viel Spaß machen (Schrumpfen! Wiederbelebung! Hologramme! Hurra!)

20170505200332 1  Die fiesen Mimics tarnen sich als Alltagsgegenstände und attackieren gerne aus dem Nichts.

Natürlich mangelt es neben all diesen Fähigkeiten auch nicht an Feuerkraft. Pistolen und Schrotflinten gehören neben dem Schraubenschlüssel als letztem Überzeugungsargument zur Grundausstattung, aber auch abgefahrene Laserwaffen und Co. braucht man nicht missen. Das Meiste davon lässt sich durch Waffen – Kits sogar aufwerten. Aber Inventarplatz ist gerade zu Beginn des Spiels knapp, daher will wohl überlegt werden, ob man sich mit Waffen eindeckt, dabei aber heilende Gegenstände oder andere nützliche Items auf der Strecke lassen will, oder lieber auf Nummer Sicher geht und dann später ohne Munition auskommen muss. Der Aspekt von Inventar – Management im Rahmen eines stellenweise extrem schweren Spiels kommt einem dabei manchmal vor wie zehn Hiebe mit der Reitgerte auf die blanke Eichel: Unnötig und sehr schmerzhaft. Besonders, da man oft aus zähen Situationen nur knapp mit dem Leben entkommen ist und dann direkt der nächsten Gruppe in die Arme rennt, welche einen dann meistens auch unkompliziert abfertigt. In Sachen Balance kränkelt das Spiel an manchen Stellen trotz der insgesamt vier Schwierigkeitsgrade behäbig und schafft fiese Frustmomente. Da man im Spiel außerdem eine Menge Backtracking erlebt, sollte man sich grundlegend nie zu sicher fühlen, da die Gegnerstärke mit dem Fortschritt des Spiels an sich stets weiter zunimmt. 

Hübsch ist es ja!

Anders als bisher setzt Arkane Studios nicht auf die Unreal Engine, sondern arbeitet dieses Mal mit der Cry Engine. Die sorgt für stimmungsvolle und detailreiche Umgebungen, tolle Lichteffekte und eben all das, was man von einem aktuellen Titel technisch erwarten kann. Allerdings ist nicht alles toll in PREY. Besonders das Arkane – typische Charakterdesign will nicht so recht ins Setting passen und wirkt teilweise ungewollt komisch und comicartig. Dafür kann die Deutsche Vertonung durch bekannte, mindestens aber qualitativ hochwertige Sprecher überzeugen. Wer mag, kann aber auf dem System seiner Wahl jederzeit auf eine andere Sprache umschalten. Zwar bietet die PC – Version nur wenige Einstellungsmöglichkeiten, wurde aber dennoch tadellos umgesetzt und ist trotz normalerweise eher hoher Hardwarevoraussetzungen der Cry Engine in seinen Anforderungen noch moderat genug, um auch auf Mittelklasse – PC´s flüssig und mit noch hohen Einstellungen hervorragend spielbar. Auf 4K steigen die Anforderungen für flüssige 60 Frames und mehr dann allerdings ins untere bis obere High End – Segment, dafür ist das Bild nochmals um einiges schärfer und kontrastreicher. Der Unterschied ist allerdings insgesamt relativ gering, optisch verpasst man hier nur wenig. Auch Konsolenspieler brauchen sich keine Sorgen machen: Sowohl auf PlayStation 4 als auch auf XBOX One läuft der Titel überraschend stabil auf meist durchgehenden 30 Bildern pro Sekunde, frustriert nicht mit übermäßig langen Ladezeiten oder anderen groben Macken und sieht dabei immer noch sehr gut aus! So muss das sein!  

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     Mit der GLOO – Gun frieren wir Gegner ein, stopfen Lecks oder bauen uns Brücken. Cool!

Zu guter letzt weiß auch der Soundtrack zu überzeugen, der sich atmosphärisch und stimmig zum Geschehen zeigt. Und auch die Bedienung ist unkompliziert, shootertypisch gestaltet, somit sowohl mit Maus und Tastatur als auch mit Gamepad wunderbar zu meistern. 

Fazit und Wertung

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„PREY mag nicht das Spiel geworden sein, welches die meisten Spieler zu Anfang erwartet haben. Das ist aber nicht negativ gemeint. Interessenten erwartet eine interessante und vielschichtige Mischung mit vielen aus anderen Franchises bekannten, aber hier erstmals in der Form kombinierten Gameplay – Elementen, die im Rahmen des unverbrauchten Settings allesamt zu überzeugen wissen. Zwar hat das Spiel erzählerisch einige Schwächen und nutzt viele Möglichkeiten kaum bis wenig aus, es bleibt unter´m Strich aber immer noch besser als viele andere Genrevertreter, die in diesem noch jungen Jahr das Licht der Welt erblickt haben. Ja, es ist fordernd, manchmal sogar unfair schwer. Aber die spielerische Freiheit, die Neugierde des Entdeckers…all das macht vieles wieder wett. Also, schaut euch PREY ruhig mal an. Vielleicht werdet ihr überrascht!“

PRO:

+ Insgesamt hübsche Inszenierung
+ Technisch sehr sauber auf allen Systemen 
+ Atmosphärisch gelungen
+ Kombiniert geschickt bekannte Mechaniken
+ Sinnvolle, nicht übermächtige Talente
+ Grundlegend interessante Geschichte
+ Angemessener Umfang
+ Gute Deutsche Sprecher
+ Wiederspielwert
+ Viel spielerische Freiheit
+ Eingängige Bedienung
+ Stimmiger Soundtrack

CONTRA:

– Stellenweise unfaire Passagen
– Nerviges Hacking
. Charakterdesign passt nicht so recht ins Gesamtkonzept
– Erzählerisches Potenzial wird nicht voll genutzt
– Viel Backtracking
– Entscheidungen haben kaum Auswirkung auf den Spielverlauf
– Wegfindungsprobleme
– Viel Hintergrundwissen nur über Mails und Co. zu erfahren
– Etwas unbefriedigendes Ende 
– Lästiger Suchzwang nach Ressourcen

                                              GESAMTWERTUNG:     80% 

Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.

 

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