Kingdom Come: Deliverance – „Viel Potenzial. Viele Probleme.“

                                              Getestet und verfasst von General M

Groß waren seinerzeit die Augen von Presse und Spielerschaft, als das damals frisch gegründete Entwicklerstudio Warhorse Games, ansässig in der Tschechischen Republik, per Kickstarter für die Mittel zu einem ambitionierten neuen RPG bat. Geboten werden sollte nie dagewesener Realismus sowie eine bisher unbekannte spielerische Tiefe im Setting des düsteren Mittelalters. Der Titel: „KIngdom Come: Deliverance“. Klingt nach einer tollen Sache, dachten sich die Backer. Am Ende wurden aus den vom Entwickler circa 300.000€ benötigten Scheinchen ganze 1.2 Millionen. Seit Gestern dürfen Spieler auf aller Welt, unterstützt von Publisher Deep Silver nun endlich das fertige Spiel auf XBOX One, PlayStation 4 und natürlich auch auf dem PC genießen. Nach einigen Tagen mit den Konsolenversionen und der uns freundlicherweise direkt von Koch Media zur Verfügung gestellt wordenen PC – Fassung steht auch unser Testurteil fest. Ist aus der Vision Weniger ein prächtiges Spiel für Jedermann geworden? Oder handelt es sich doch nur um ein stumpfes Schwert im Kampf gegen mächtige Konkurrenten? 

Heinrich, ledig, jung, kann nicht lesen, sucht…

Der König ist tot, lang lebe der König! Nach dem Ableben des böhmischen Regenten Karl im Jahre 1378 besteigt dessen Sohn Wenzel den Thron. Doch die weise und vorausschauende Natur seines Vaters ist ihm fremd. Stattdessen feiert er wilde Orgien und schert sich wenig um die Bedürfnisse des einfachen Volkes. Halbbruder Siegismund, seines Zeichens Regent von Luxemburg, wittert seine Chance, setzt den ungeliebten Regenten unter einem Vorwand ab und plündert seitdem hemmungslos und grausam das Umland aus. Kingdom Come basiert auf historischen Fakten und Persönlichkeiten, Karl, Wenzel und Co. hat es wie viele andere Persönlichkeiten, denen man im Spielverlauf begegnet, tatsächlich gegeben. Der Charakter, in dessen Haut der Spieler schlüpft, ist dagegen rein fiktiv. Heinrich ist der junge Sohn eines überaus talentierten Dorfschmiedes und vergnügt sich abseits von allen politischen Intrigen mit seinen Freunden, liebt Raufereien und die lokale Schankwirtin Bianca. Eben all die Annehmlichkeiten, die eine unbeschwerte Jugend so mit sich bringt. Ein Ritter wäre er gerne, doch sein Vater vertritt die Meinung, dass er lieber lernen sollte, die Schwerter zu schmieden, anstatt sie zu schwingen. 

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   Da war die Welt noch in Ordnung. Der Schmied weist Sohn Heinrich in sein Können ein.

All das ändert sich schlagartig, als die Armee unter dem Banner von Siegismund plötzlich vor den Dorfmauern steht und die gesamte Anwohnerschaft auf der Suche nach einem vermeintlichen Putschisten gnadenlos niedermetztelt. Dabei werden auch Heinrichs Eltern ermordet. Desillusioniert gelingt gerade noch die Flucht zu Pferde, schwer verletzt schafft er es in ein benachbartes Gut, wo er sich von den erlittenen Wunden erholen und erste Eindrücke in das aktuelle Geschehen im Königreich gewinnen kann. Allzu lange hält es ihn dort jedoch nicht. Auf der Suche nach dem Mörder seiner Eltern zieht es ihn zurück in die alte Heimat, um die Leichname der Eltern angemessen bestatten zu können. Dass sich diese Idee angesichts von Plünderen und einem rachsüchtigen Deutschen nicht als bester Einfall entpuppt, merkt der Spieler kurz darauf am eigenen Leib. Bis zu diesem Punkt sind gut zwei Stunden vergangen. Erst jetzt rollen die Credits und überrascht stelle ich fest: Das war ja gerade mal der Prolog! Erst hier formt sich der Weg des jungen, von Rachsucht erfüllten Heinrich. Erst jetzt ergibt sich die Chance, das Ritterhandwerk von der Pike auf zu lernen. Dass bei diesem Abenteuer natürlich auch tiefere Einblicke in das Kriegsgeschehen sowie Intrigen und Ränkeschmiede warten, steht außer Frage. 

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              Bei toller Lichtstimmung übernehmen wir die erste Nachtwache für Herrn Robard.

Mit über 60 Stunden Gesamtspielzeit ist das Abenteuer aus kleinem Hause überaus umfangreich ausgefallen, bietet dabei aber erzählerisch im Rahmen der wesentlich kürzeren Hauptgeschichte nur wenig Neues und nutzt darüber hinaus viel Potenzial der gewählten Epoche kaum aus. Denn was waren das nicht für finstere Zeiten, in denen die schwarze Pest zahllose Opfer forderte, wo Hexen öffentlich verbrannt oder ertränkt worden sind (in Herne heute noch ein beliebtes Freizeitvergnügen)? All das behandelt das Spiel kaum bis gar nicht. Zwar begegnet Heinrich Bettlern und Scharlatanen, so sind beispielsweise die regional ansässigen Müller überragende Lehrmeister im Schleichen und Stehlen und bieten sich zudem auch als Hehler für Diebesgut an, wirklich tiefschürfende Schicksale werden aber kaum präsentiert, so dass sich die lauen Rechtfertigungen für das schändliche Tun der Bevölkerung immer gleich anhören, frei nach dem Motto „Es sind halt schlechte Zeiten“. Hier macht ein Witcher 3 einiges besser, da sich dort selbst in kleinen Nebenquests nachvollziehbare und detaillierte Geschichten verbergen, welche in Kingdom Come: Deliverance sehr viel seltener zu finden sind. In der Hauptgeschichte haben die Probanden oft sehr viel mehr Substanz, verschwinden dann aber viel zu schnell von der Bildfläche des Geschehens und werden zu (immerhin weiter interessanten) Nebencharakteren degradiert. Dennoch lohnt sich das Dranbleiben, da dem Spieler sonst ein durchaus packendes und spannendes Finale entgeht. Bis dahin muss man aber mit einigen Längen und Leeren rechnen. 

Social Medieval

Als waschechtes RPG designt, liegt der wahre Kern der Komplexität in den Spielmechaniken verborgen. Zwar ist Hauptfigur Heinrich nicht nur in Sachen Name, sondern auch optisch stets klar vordefiniert und kann somit nicht zu Beginn mit einem Editor frei gestaltet werden, die Charakterentwicklung selbst ist aber unmittelbar nach Spielstart frei gestaltbar. Ähnlich wie bei Skyrim entwickeln sich Werte und Fähigkeiten wie beispielsweise der Umgang mit dem Schwert, Überredungskunst und Co. automatisch mit ihrer regelmäßigen Anwendung weiter. Sind gewisse Stufen erreicht, darf man sich über einen Fertigkeitspunkt freuen, der das genutzte Talent um praktische Perks erweitert. Schwertkämpfer können sich so beispielsweise über höhere Chancen auf zugefügte Blutungen freuen, aber auch Kombos lassen sich für Bonusschaden freischalten. Wer gerne mal in der Taverne einen heben geht, kann sogar die Trinkfestigkeit steigern. Die Liste an Feinheiten ist lang und zieht sich von Kenntnissen im Lesen und Erster Hilfe bis zur automatischen Wahrnehmungsverbesserung bei bestimmten gesellschaftlichen Schichten. Die Fertigkeiten sind dabei jedoch allesamt praktisch, es ist angenehm, dass das Spiel stets die gewälte Spielweise belohnt. Wem das Leveln zu langsam verläuft, darf bei diversen Spezialisten die bevorzugten Attribute sofort steigern, sofern man genügend Groschen in der Tasche hat. Da das einfache Volk im Mittelalter übrigens selten Lesen konnte, muss auch diese Fertigkeit erst vom Schmiedesohn erlernt werden. Das Schwimmen dagegen war zur damaligen Zeit kaum bekannt, dementsprechend lässt sich der Held nur in fußhohe Gewässer manövrieren. 

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           Die spielerische Freiheit ist enorm – leider auch die Unübersichtlichkeit der Menüs.

Die Wahrnehmung von Heinrich im Volke basiert dabei natürlich auf dessen Taten. Wer als gescheiterter Taschendieb oder gar Meuchelmörder öfter mal im Kerker landet, erfährt statt freundlichen Grüßen auf der Straße verstärkt Ablehnung. Wer dagegen hilfsbereit und sittsam auftritt und Diebe sowie besiegte Feinde verschont, kann sich schnell einen Namen als Edelmann machen. Um als solcher anerkannt zu werden, sollte Heinrich sich aber auch entsprechend kleiden und sauber halten. Ein schmutziger Gilb wird aber an keinem Tisch gern gesehen. Glücklicherweise wissen die hübschen Damen im Badehaus dagegen überaus gute Mittel. Zudem muss Heinrich in regelmäßigen Abständen essen, trinken und schlafen, anderenfalls erhält er fortlaufend Mali auf Ausdauer und Co. und kann letztendlich sogar sterben. Zu viel Alkohol und man wird zum Alkoholiker. Sogar Überfressung ist möglich. Eine gesunde Balance ist wichtig. Während das System also absolut realistisch gestaltet wurde und so eine ganz spezielle Erfahrung bietet, hat es Entwickler Warhorse an mancher Stelle aber etwas zu gut mit dem Realismus gemeint. Um das Spiel manuell speichern zu können, ist jedesmal eine Flasche Schnaps erforderlich, mehr als drei Spielstände lassen sich zudem nicht anlegen. Hat man den dritten Slot genutzt, wird beim erneuten Sichern der älteste Spielstand überschrieben.

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      Die geschichtliche Tiefe des Mittelalters bleibt trotz Bettlern und Gaunern oberflächlich.

Automatisches Speichern erfolgt dagegen nur obligatorisch, was besonders vor größeren Herausforderungen lästig werden kann, da zwischen Versuch und Sicherung mitunter 20-25 Minuten Progress liegen können, sofern man nicht gerade irgendwo genächtigt hat. Quicksave? Fehlanzeige. Die Speichermechanik ist für ein RPG absolut ungeeignet und nervt schnell. Zwar gibt es mittlerweile für PC – Spieler eine Mod, die dieses System nahezu komplett aushebelt, im Sinne der Entwickler wäre aber von Anfang an eine einfachere Mechanik wünschenswert gewesen. Hinzu kommt, dass Heinricht mehr als nur einen Magen zu haben scheint. Gerade sattgegessen, lädt sich die Hungerleiste bereits wenig später wieder auf. Hat man nichts im Gepäck, nervt einen Heinrich ständig mit Selbstgesprächen über die nächste Mahlzeit. Nicht falsch verstehen, der unbedingte Realismus zeichnet das Spiel zwar aus, aber es ist am Ende eben immer noch ein Spiel. Da sich die Beschwerden über Speicher- und Ernährungsmechaniken momentan in den Foren häufen, kann nur gehofft werden, dass die Entwickler hier nachbessern und die Sache insgesamt wenigstens etwas freigiebiger gestalten. Denn abgesehen davon wissen die vielen Mechaniken und das Progress – System durchaus zu gefallen!

Knifflige Kämpfe

Als besonders fordernd gestaltet sind die Kämpfe. Ob man nun mit bloßen Fäusten ins Feld zieht, oder aber lautlos mit Pfeil und Bogen oder einer Klinge agiert, jedes Gefecht stellt oftmals eine gewaltige Herausforderung für Heinrich dar, der besonders zu Beginn über keinerlei Chancen gegen Gegner verfügt und selbst später gegen größere Gruppen nahezu immer den Kürzeren zieht. Die richtige Kombination zwischen Stichen und Schlägen ist hier ebenso wichtig wie ständiges Bewegen, Parieren und dem Überraschungsmoment. Wer immer die gleiche Stelle angreift, hat wenig Aussichten auf Erfolg. Die Grundlagen zum Kampf werden zwar bereits zu Beginn mithilfe von Holzschwerten vermittelt, die tatsächlichen Gefechte im weiteren Spielverlauf stellen aber eine ganz andere Hausnummer dar, welche häufig für Frust und nackte Verzweiflung sorgen kann. Gebrochene Knochen oder zumindest mittelschwere Verletzungen sorgen dafür, dass man schnell vom ausgeruhten und motivierten Recken zum hilflosen Krüppel geschlagen wird, der weder das Schwert aufrecht halten kann, noch weglaufen kann. Auch Blutungen enden tödlich, wenn sie nicht zeitig versorgt werden – im Worst Case verfügt Heinrich dazu gar nicht über die passenden Kenntnisse und verreckt auf halbem Weg zum Doktor. Und hier liegt auch das große Manko der oft viel zu hektisch ausgetragenen Kämpfe: Schwere Verletzungen werden zu schnell zugefügt, wird man erschlagen, bleibt dann nur noch der Griff zum entweder intuitiv getätigten Selbstspeichern, oder aber man wird wieder weit zurückgeworfen.

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      Die dynamischen Kämpfe wandeln sich schnell zu nackten Try and Error – Schlachten.

Selbst geübte Kämpfer sehen sich schnell einem mitunter sehr unfairen Try and Error – Prinzip gegenüber, welches auch die motiviertesten Ritter in pure Rage stürzen kann. Gleichzeitig ist das Balancing mancher Begegnungen noch sehr unausgeglichen. Es gibt Gegner, die selbst noch so gut ausgebildeten Schlächtern keinen Schlag durchgehen lassen und Heinrich im Anschluss mühelos mit einem nicht konterbaren Gegenschlag umhauen. In Sachen Kampfgeschehen mangelt es noch an einiger Balance, was neben vielen kleinen, aber nicht unmittelbar störenden Problemchen mit das augenblick größte Manko von Kingdom Come: Deliverance darstellt. Dringender Verbesserungsbedarf besteht also auch hier. 

Eine Welt mit Wiedererkennungswert und Fehlern

Das mittelalterliche Böhmen wird von der Cry Engine 3 angetrieben, welche für wunderbare Landschaften, tolle Beleuchtung und eine dichte Vegetation sorgt. Allerdings bleibt die Animationsqualität und Mimik der Charaktere trotz Motion Capturing oft durchwachsen und muss sich qualitativ der Spielewelt klar unterordnen. In Sachen technischer Optimierung muss man aber klar sagen, dass noch ein weiter Weg vor den Entwicklern liegt. Besonders die PC – Version leidet momentan unter willkürlichen Bildrateneinbrüchen, welche besonders dann auftreten, wenn sich mehrere Charaktere im Bild befinden. In Dörfern gerade noch erträglich, schießt die Bildrate in Großstädten dann gerne mal in den Keller. Die von High End – Systemen mindestens angepeilten 60 Bilder pro Sekunde bekommt man höchstens in Full HD regelmäßig zu sehen, ab 2K schwankt das Geschehen bereits deutlich, bei nativem 4K kommt selbst eine Geforce GTX 1080ti nicht mehr hinterher. 

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Kingdom Come: Deliverance überzeugt mit tollen Panoramen und malerischer Landschaft.

Auf den Konsolen sind die ausgegebenen Auflösungen je nach Plattform dabei ganz unterschiedlich. Während PlayStation 4 und XBOX One in ihren Grundversionen natives 900p bei meist flüssigen 30 Bildern pro Sekunde ausgeben und entsprechend hochskalieren, gibt die stärkere PlayStation 4 Pro bereits natives Full HD aus. Die wesentlich leistungsstärkere XBOX One X sogar natives 2K. Um diesen Output ohne große Probleme erreichen zu können, müssen die Konsolen aber einige technische Abstriche in Kauf nehmen, zumal die Cry Engine noch nie dafür bekannt war, sonderlich gut mit Konsolenhardware aller Art zu harmonieren. Besonders auffällig ist hier das komplette Fehlen von Partikeleffekten bei der Beleuchtung, welche das Interieur vieler Häuser bei Sonneneinstrahlung eben nicht nur erhellt, sondern den Lichteinfall noch mit vielen kleinen Staubpartikeln erweitert. Dieses Feature bleibt ausschließlich PC´s vorbehalten. Gleichzeitig fehlen hier und da Schatten an vielen Objekten, auch Texturen an entfernt platzierten Flaggen wurden gestrichen, um das Geschehen in direkter Umgebung flüssig darstellen zu können. Dabei sieht der Titel auch auf Konsolen sehr gut aus, muss sich aber selbst auf den hochpreisigen X – und Pro-Varianten dem PC beugen. Konsoleros haben hier neben technischen Abstrichen vor allem bei der Steuerung die rote Karte gezogen. Die unübersichtlichen, fummeligen Menüs lassen sich mit dem überladenen Controller – Layout nur schwer entwirren, oftmals befördert man sich ganz ohne es zu wollen einfach aus dem Menü zurück ins Spiel und muss sich dann abermals durch die zahlreichen Reiter manövrieren. Noch viel schlimmer ist augenblicklich das Schlösserknacken. Statt auf eine vereinfachte Mechanik á la Skyrim zurückzugreifen, muss man bei Kingdom Come den Cursor stetig auf einem sich bewegenden Punkt balancieren, während man gleichzeitig das Schloss dreht. Während das komplizierte System mit Maus und Tastatur gerade noch so zu beherrschen ist, sofern sich der forcierte Punkt denn überhaupt zeigt (ein nerviger Bug, der auf dem PC bereits das Knacken der allerersten Truhe im Spiel unmöglich gemacht hat), ist das Halten mit dem Controller eine derart fummelige, ja nahezu unmögliche Angelegenheit. 

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              Die Vegetation ist eindrucksvoll, ein Waldspaziergang wird schnell zum Erlebnis. 

Und das ist nur einer von vielen Punkten auf der Checkliste, was Bugs und Glitches angeht. Nehmen wir die allererste Quest im Spiel als Beispiel. Heinrich wird von seinem Vater gebeten, im Dorf 10 Säcke Kohle zur Fertigstellung eines neuen Schwerts zu besorgen. Das nötige Geld soll er vorher in Form von einem Schuldner eintreiben, der seinerzeit Hammer und Nägel auf Kredit erworben hat. Das große Problem: Der Kerl will einfach nicht zahlen, mit Redekunst kommt man zu dem Zeitpunkt trotz Starter Perk auch nicht weiter. Zwei Optionen bleiben: Entweder, man schleicht sich heimlich ins Haus und knackt die Truhe (was wie erwähnt dank Bug gar nicht möglich war), oder aber man schlägt den Schuldner einfach mit seinen Freunden zusammen. Da am Ende nur die letzte Option blieb und man sich kurz darauf mit dem ausgehändigten Schlüssel endlich Zugang zur Truhe verschaffen konnte, stand nun der nächste Schritt auf dem Plan. Mit den Werkzeugen ging es ab zum Händler. Der aber will selbst nach zahlreichen Feilschversuchen nicht mal ansatzweise genug Münzen für 10 Säcke Kohle herausrücken. Wie man nun an das restliche Geld gelangt, diese Frage lässt das Spiel völlig unbeantwortet. Weitere Wertsachen ließen sich im Hause des Schuldners nicht finden, weitere Verdienstmöglichkeiten im zu dem Zeitpunkt noch abgeriegelten Dorf gibt es ebenfalls nicht, zumindest aber weist das Spiel nicht darauf hin. Neben dem Kohlenknecht steht ein Würfelbrett. Vielleicht lässt sich die Summe hier entsprechend vergrößern. Pustekuchen: Der Gegner spielt einen stets an die Wand, ganz gleich was wir auch versuchen. Heinrich steht wenig später ganz ohne Groschen im Dorf rum und weiß nicht weiter. Und so erging es mir vor dem Bildschirm ebenfalls. Die einzige Option: Neu laden. Dieses Mal gelingt mit Glück das Knacken der Truhe, der Händler will für das offensichtliche Diebesgut aber nun noch weniger zahlen. Bis ich eine Lösung für das Problem fand, nämlich gleichzeitig auf die Axt des Schulderns mitzunehmen, verging über eine Stunde. Nebenbei gibt es allerhand Glitches und Probleme mit der Kollisionsabfrage, auch der Ton ist ab und an so leise abgemischt, dass man kaum noch etwas von den Dialogen mitbekommt, zumal die Untertitel oftmals etwas ganz anderes aussagen als das tatsächlich gesprochene Wort. Ein lästiger Schnitzer in der eigentlich hervorragenden Deutschen Synchro, wäre diese denn mal lippensynchron. Am Ende meiner Reise ist Kingdom Come: Deliverance eine beeindruckende Leistung für ein so kleines Team, muss sich aber dennoch den Vorwurf gefallen lassen, an vielen Stellen unfertig zu werden. Die Kampfmechaniken müssen dringend angepasst werden, das Speichersystem ist Murks und die Bedürfnisse von Heinricht völlig überzogen. Dringend überarbeitet werden muss auch das Schlösserknacken. Unverkennbar bleibt trotzdem das immense Potenzial. Im augenblicklichen Zustand bleiben die vielen Mankos aber zu gewichtig für eine hohe Wertung. Daher abwarten, bis die Entwickler das Spiel poliert haben. Am Ende darf man nicht vergessen, dass auch ein Witcher III viel Zeit gebraucht hat, bis es zu dem wurde, was es noch heute ist, nämlich ein gewaltiger Erfolg. 

Fazit und Wertung 

ava2 „Etwas ist faul im Königreich Böhmen! Entwickler Warhorse schickt Mittelalterfans und solche, die es werden wollen, in eine fantastische, detailverliebte und historisch belegbare Welt mit Wiedererkennungswert. Zwar bietet die Hauptgeschichte nur wenig Überraschungen, ist aber in sich stimmig und unterhaltsam. Außerhalb davon wird eine immense spielerische Freiheit geboten, die jeweils bevorzugte Vorgehensweise stets belohnt. Die Hauptzutaten für ein grandioses RPG sind also definitiv gegeben, trotzdem bleibt immens viel Raum für Verbesserungen. Während PC – Spieler sich neben vielen Bugs und Glitches kleinerer, aber auch größerer Natur sowie Bildrateneinbrüchen plagen müssen, frustriert auf den technisch klar unterlegenen Konsolen besonders die überladene Steuerung sowie die fummelige Menüführung. Auch in Sachen Balancing und Kampfmechanik muss noch einiges getan werden. Sind all diese Probleme mit der Zeit behoben, sollten RPG – Fans mit Anspruch definitiv zugreifen. Augenblicklich rate ich aber noch zur einfachen, aber effektiven Devise, die da heißt: Abwarten und Met trinken.“

PRO:

+ Große Spielwelt mit Wiederkennungswerten
+ Tolle Lichtstimmungen
+ Dynamischer Wetter- sowie Tag- und Nachtzyklus
+ Lebendige, dichte Vegetation
+ Umfangreiches Alchemie – Feature
+ Umfangreiche Hauptgeschichte, zahlreiche Nebenaktivitäten
+ Enorme spielerische Freiheit
+ Oft mehrere Herangehensweisen an eine Aufgabe möglich
+ Exzellente Deutsche Sprecher
+ Atmosphärischer Soundtrack
+ Vielseitiger Talentbaum mit zahlreichen nützlichen Perks
+ Spiel belohnt bevorzugte Spielweise, ermöglicht so einfache Spezialisierung
+ NPC´s begegnen Heinrich je nach Kleidung, Ruf und Bildungsgrad unterschiedlich
+ Heinrich muss essen, schlafen, trinken und sich waschen
+ Schnellreisesystem

CONTRA:

– Animationsqualität der Charaktere schwankt
– Auch auf High End – Rechnern stark schwankende Bildrate (dank Patch leicht verbessert)
– Sichtbarer Wechsel zwischen Spielgeschehen und Rendersequenzen
– Geschichte bietet wenige Überraschungen
– Interessante Nebencharaktere werden zu schnell in den Hintergrund gerückt
– Frustrierendes Schlösserknacken (dank Patch stark verbessert)
– Regen optisch wenig imposant
– Überladenene, fummelige Menüs
– Übertriebene Auswirkungen von Verletzungen und Heinrich´s Bedürfnissen
– Gefechte oft hektisch und selten übersichtlich
– Fast nie lippensynchrone Dialoge
– Abmischungsprobleme beim Ton
– Untertitel passen oftmals nicht zum gesprochenen Wort
– Umständliches, inadäquates Speichersystem (dank Patch stark verbessert)
– Kein Quicksave möglich
– Mit Gamepad in manchen Aspekten unspielbar
– Viele kleine und große Bugs sowie Glitches, die von harmlos bis spielzerstörend reichen 
– Oftmals nicht ausreichende Handlungsanleitung


                                                 GESAMTWERTUNG:     79% 
                                                                                                                                  Aufgewertet im Juli 2018
                                      

Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.
 
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