Ni no Kuni™ II: Revenant Kingdom – „Von Magie und Märchenhaftigkeit“

                                            Getestet und verfasst von General M

Knapp fünf Jahre ist es her, da verzauberte ein vom weltberühmten Studio Ghibli mitproduziertes JRPG die Herzen der Spieler. Bis heute exklusiv Besitzern einer PlayStation 3 vorbehalten, erzählte Ni no Kuni eine zauberhafte Geschichte im Rahmen einer großen, liebevoll gestalteten Welt, die von allerlei zähmbaren Kreaturen bevölkert ist und in deren Mitte der junge Oliver und seine Gegenspielerin, die weiße Königin standen. Dank komplexem Gameplay und der tollen Inszenierung heimste der Erstling seinerzeit Traumwertungen ein, blieb aber hierzulande mehr Geheimtipp, weniger System Seller. Ab dem 23. März steht endlich die Fortsetzung in den Startlöchern. Besitzer einer PlayStation 4 dürfen sich freuen, erstmal kommen aber auch PC – Nutzer in den Genuss der Fortsetzung, während XBOX – Spieler leider abermals in die Röhre gucken. Und wir haben natürlich den Test zum Spiel. 

Es ist nicht leicht, König zu sein…

Vorneweg: Wenn Ihr den Vorgänger nicht gespielt habt, macht euch keine Sorgen hinsichtlich des Verständnisses der Fortsetzung. Teil II agiert gänzlich eigenständig von allen Geschehnissen rund um die weiße Königin, sondern erzählt stattdessen viel mehr eine Geschichte wie aus einem Paralleluniversum. Im Fokus der Handlung steht zum einen der junge König Evan. Der hatte eigentlich nicht vor, so jung den Thron des Stadtreiches Katzbuckel zu besteigen, aber wie das eben so ist: Da wird intrigiert, geputscht und ehe man sich versieht, ist der Papa tot. Wohl wissend, dass die Verschwörer noch immer in den eigenen Reihen weilen, fällt es dem in Kürze gekrönten neuen König umso schwerer, sein bevorstehendes Schicksal anzunehmen.

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                        Der angehende König braucht vor allem eines: Ein loyales Gefolge. 

Das wahre Abenteuer beginnt, als Roland, der in der „realen Welt“ als Präsident fungiert und nur knapp einem Anschlag entgangen ist, sich plötzlich ebenfalls in Evan´s Welt befindet – genauer gesagt, in dessen Schlafzimmer. Zum Wundern bleibt nur wenig Zeit, denn die Hofintriganten sind just in dem Moment dabei, auch den Thronfolger ins Jenseits zu befördern. Was folgt, ist die Flucht der beiden Recken aus dem Schloss, die gleichzeitig auch als Tutorial fungiert und den Spieler mit den grundlegenden Kampfmechaniken vertraut macht. Die haben sich im Vergleich zum Vorgänger nämlich ganz schön geändert, wie genau besprechen wir später. Nach geglückter Flucht stehen der Kronprinz und der Weltenwanderer mitten in einem gewaltigen Reich voller kleiner autonomer Königreiche. Kurzerhand beschließt Evan, ein ganz neues Reich aus dem Boden zu stampfen, frei von all den Altlasten der väterlichen Hinterlassenschaft. Gleichzeitig sollen alle Königreiche unter einem Banner vereint werden. Eine Mammutaufgabe, erst recht für einen so jungen, so unerfahrenen Prinzen. Während er diesbezüglich in Roland aber schnell einen guten Freund und Berater gewinnt, gilt es natürlich auch, diesen irgendwie wieder nach Hause zu bringen. 

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         Die animierten Sequenzen wissen zu begeistern – leider gibt es davon viel zu wenige. 

Ein Königreich zu gründen ist dabei gar nicht so schwer, es zu verwalten dagegen sehr. Ni no Kuni II wird dabei weniger persönlich erzählt als der Vorgänger. Dort ging es sehr viel mehr um die Charaktere selbst, wesentlich mehr um Verlust und die Bewältigung innerer Konflikte. Die Fortsetzung betrachtet dagegen eher das große Ganze und thematisiert den Wunsch weniger Menschen, einfach eine bessere Welt erschaffen zu wollen. Das bedeutet nicht, dass es den Protagonisten (und Antagonisten) an Persönlichkeit mangelt, denn die Motivation der handelnden Charaktere bleibt stets nachvollziehbar und verfügen über Ecken und Kanten. Der klassischen Formel des JRPG, jedem Charakter eine festdefinierte Rolle ohne Ausbruchsmöglichkeit aufzuzwängen, bleibt den Spielern glücklicherweise erspart. Die Tiefe der Charakterzeichnung des Vorgängers wird aber dieses Mal nicht erreicht. 

Viel zu tun, viel zu sehen 

Um ein Königreich zu gründen, bedarf es in erster Linie eines Volkes. Potenzielle Kandidaten lassen sich überall finden, überreden lassen sie sich meist aber erst nach dem Bewältigen kleinerer Aufgaben mit Nebenmissionscharakter. Die sind aber überaus simpel gestaltet und bestehen zumeist in einfachen Botengängen oder Itemwünschen. Diesbezüglich folgt das Spiel klassischen, innovationsarmen Formeln, zumal besagte Missionen schnell repetiv wirken und das Spiel mitunter sogar unnötig in die Länge ziehen. Während einen die Haupthandlung mindestens 20 Stunden auf Trab hält, steigt die Zahl der Spielstunden aber besonders durch das Drumherum nochmal kräftig an. Der Aufbau des Reiches ist nämlich kein automatisierter Prozess, dem man nebensächlich beiwohnt, sondern muss gänzlich vom Spieler verwaltet und organisiert werden. Aus dem Rollenspiel wird dadurch gleichzeitig auch ein handfestes RTS. Und hier glänzt das Spiel im Rahmen des Genres tatsächlich mit viel Innovation. Was als kleines Camp beginnt, entwickelt sich alsbald zu einem Dorf, von da an geht es eben weiter Richtung Königreich. Neue Bewohner bedeuten neue Gebäude, welche die Gruppe um Evan mit nützlichen Buffs oder neuen Ausrüstungsgegenständen belohnen, sobald die jeweiligen Forschungsprojekte abgeschlossen sind. Gleichzeitig produzieren die Bewohner aber auch Materialien, die unter anderem auch im Rahmen der Nebenmissionen genutzt werden können, was natürlich die ein oder andere Suche in der Welt erspart. Zwar bietet das Spiel hier natürlich nicht die Freiheit eines reinen RTS, so lassen sich Gebäude beispielsweise nicht frei platzieren, sondern lediglich die Reihenfolge deren Erbauung festlegen, dennoch kann man tatsächlich extrem schnell in der Stadtverwaltung versinken und darüber sogar die Hauptgeschichte vergessen. Dass das alles natürlich nicht ohne eine Ladung Goldmünzen funktioniert, ist wahrscheinlich jedem klar, der nicht Mitglied der Linken ist. Zum Glück baut das Spiel hier keine Pay-2-Win – Mechaniken ein und bietet entsprechende Währung gegen Echtgeld an, sondern setzt einzig und allein auf den wirtschaftlichen Erfolg beim Aufbau, der einem früher oder später mit steigendem Einfluss ganz automatisch die Taschen ausreichend füllt. 

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Der Aufbau des Königreichs ist eines der Highlights im Spiel – und macht süchtiger als Tomacco!

Aber mit dem Erfolg kommen natürlich auch die Neider. Nicht selten wird das junge Reich von den umliegenden Ortschaften angegriffen. Die Verteidigung obliegt in dem Moment ebenfalls dem Spieler und funktioniert ähnlich simpel dem Schere-Stein-Papier – Prinzip: Vier Streitzüge stehen wiederum vier Streitzügen aus einer isometrischen Perspektive gegenüber, es gilt, der angreifenden Partei den richtigen Konter entgegen zu setzen. Bei allen spielerischen Elementen ist es den Entwicklern überraschenderweise gelungen, die zumeist immer einfach gehaltenen Mechaniken doch extrem spaßig zu verpacken, was auch für die gelegentlich auftauchenden Rätselaufgaben gilt. Natürlich wird die Welt von Ni no Kuni II nicht nur von Humanoiden in allen Farben und Formen bevölkert, auch die Pokémon – ähnlichen Kreaturen sind wieder mit dabei und lassen sich neben der im weiteren Spielverlauf wachsenden Anzahl von Gruppenmitgliedern sehr nutzbringend einsetzen. Hinsichtlich der Begleiter geht Teil II im Vergleich zum Vorgänger in Sachen Komplexität ebenfalls einen Schritt zurück und vereinfacht vor allem das Kampfsystem stark. 

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   Das Kampfsystem wurde deutlich überarbeitet und ist nun zugänglicher sowie übersichtlicher. 

Statt rundenbasierter Kämpfe spielen sich die Gefechte nun in Echtzeit ab, wobei der Spieler selbst immer nur einen Charakter kontrollieren kann, die restlichen Begleiter agieren autonom. Sobald eine Begegnung beginnt, zieht sich rund um die Gefechtszone ein Kreis, der als Schlachtfeld dient und nicht überschritten werden kann. Neben Nahkampfattacken und Magie steht jedem Charakter dabei auch eine Fernkampfwaffe zur Verfügung. Angreifen kann der jeweilige Charakter dann mit einem leichten oder schweren Angriff. Beißt der kontrollierte Charakter mal ins Gras, übernimmt man einfach die Steuerung über den nächsten. Begleiter Remmi ist ebenfalls mit von der Partie und versorgt die Gruppe ganz ohne spielerisches Zutun mit nützlichen Verbesserungen sowie Heilungs- und Manakugeln. Die Gnuffis, von denen man immer vier Gattungen zugleich in den Kampf führen kann, agieren dabei ebenfalls als sehr nützliche Verbündete. In Form von Ankerpunkten manifestieren sie sich auf dem Schlachtfeld, bewegt man sich auf den jeweiligen Punkt, entfesseln die kleinen Kreaturen beispielsweise Heilkreise, oder aber sogar mächtige Angriffe. Insgesamt ist das Kampfgeschehen wesentlich actionorientierter als im Vorgänger, gleichzeitig aber auch wesentlich weniger fummelig und frustrierend. Allerdings haben es die Entwickler wohl etwas zu gut mit der Vereinfachung gemeint, was insgesamt ein Problem des Spiels ist: Es ist durchgehend einfach etwas zu leicht. 

Hübsch, aber nicht frei von Macken

Die Handschrift des Studio Ghibli ist auch hier unverkennbar spürbar. Wie im ersten Teil orientiert man sich hier sehr stark am Grunddesign der zeitlosen Werke aus der Animeschmiede, allerdings wird die Präsentation dieses Mal durch wesentlich weniger animiertes Videomaterial begleitet. Das liegt leider auch daran, dass besagtes Studio momentan einige finanzielle Probleme hat und deren Involvierung nun wesentlich spärlicher ausgefallen ist. Wer die zahlreichen, qualitativ extrem hochwertigen Sequenzen des Erstlings kennt, wird hier wahrscheinlich enttäuscht werden. Die Erzählung wird viel mehr in JRPG – typischen Spielsequenzen vorangetrieben, von denen leider viele nicht vertont wurden. So wechselt das Spiel viel zu oft zwischen eingesprochenen Dialogen, die lediglich in Textform verfügbaren Gespräche überwiegen aber. Die weniger konsequente Umsetzung sorgt immer mal wieder für Einbrüche des Spielflows. 

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      Abseits der Städte wechselt die Präsentation in einen klassischen JRPG – Modus á la FF V.

Dabei macht das Spiel technisch vieles richtig. Die Animationen sind gelungen, besonders die großen Städte sehen teilweise wunderschön aus und laden stets zum Erkunden ein. Der hervorragend konservierte Anime – Stil verleiht die nötige Atmosphäre. Auf der normalen PlayStation 4 läuft das Spiel bei nativem Full HD auf angepeilten 60 Frames in der Minute. Die Bildrate ist zumeist stabil und sorgt für ein überaus flüssiges, intuitives Spielgeschehen, erleidet aber bei besonders großen, effektreichen Kämpfen immer mal wieder spürbare Einbrüche. Besitzer einer PlayStation 4 Pro erhalten die Möglichkeit, sich zwischen zwei Modi zu entscheiden, welche jederzeit gewechselt werden können, ohne das Spiel vorher abbrechen zu müssen. Im Performance Modus bleibt es bei Full HD, aber die Bildrate ist stabiler. Die Alternative: Dynamisches 4K bei nicht gelockter Bildrate. Das bedeutet höhere Auflösungen basierend auf Upscaling, aber kein gänzlich natives UHD – Erlebnis. Ferner kann die Bildrate hier ebenfalls schwanken. Im direkten Vergleich zeigt sich aber grundlegend kaum ein Mehrwert bei der Darstellung zwischen allen verfügbaren Modi, lediglich ein kleiner Schärfegewinn ist für Pro – Besitzer rauszuholen.

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    Die toll in Szene gesetzten Städte laden zum Entdecken ein. Zu sehen gibt es überall etwas. 

Die kompromisslose Lösung bietet nur die PC – Version. Die bietet bei entsprechender Hardware natives 4K bei absolut flüssigen 60 Frames und wirkt somit ein gutes Stück runder als die Konsolenfassung. Aber auch auf schwächerer Hardware ist das Spiel gut lauffähig, die Optimierung gelungen. Dank vorbildlichem Gamepad – Support ist die PC – Fassung also eine exzellente und ernstzunehmende Alternative und erscheint gleichzeitig am 23. März exklusiv via Steam. Am Ende bleibt es aber wie immer jedem selbst überlassen, auf welchem System er Ni no Kuni II genießen möchte, welches übrigens zu guter letzt erwähnt auch wieder durch einen ganz fantastischen Soundtrack besticht! 

Fazit und Wertung

ava2 „Insgesamt stellt Ni no Kuni II eine mehr als würdige Fortsetzung dar, wenngleich die erzählerische Tiefe des Vorgängers nicht ganz erreicht wird und auch die Inszenierung etwas preisgünstiger daherkommt. Nichtsdestotrotz erwartet den interessierten Spieler ein märchenhaft schönes Abenteuer, dessen Verwaltungsfeature eine erschreckend gute Eigendynamik mit Sogwirkung entfaltet. Die entschlackten Spielmechaniken machen das Spiel einsteigerfreundlich und dabei dennoch unterhaltsam, insgesamt hätte ich mir aber doch etwas mehr Herausforderung gewünscht. Trotzdem kann das Spiel bedenkenlos jedem ans Herz gelegt werden, der Geschichten mit positivem Einschlag mag und gute, vielschichtige Unterhaltung sucht, ohne dabei zu viel Komplexität zu erwarten.“

PRO:

+ Toller Grafikstil im Stil des legendären Studio Ghibli
+ Wunderbare Story um Idealismus und dem Schaffen einer besseren Welt 
+ Charaktere ganz ohne klassische Klischees
+ Große, abwechslungsreiche Spielwelt
+ Umfangreiche Hauptgeschichte
+ Massig Nebenmissionen
+ Grandioses Stadtverwaltungsfeature mit hohem Suchtfaktor…
+ …welches kluges Vorgehen spürbar belohnt
+ Gute englische Sprecher
+ Toller Soundtrack
+ Wahlweise Japanische Sprachausgabe anwählbar
+ Gut durchdachtes, actionorientiertes Kampfsystem
+ Nützliche Begleiter
+ Praktisches Schnellreisesystem
+ Auch für Einsteiger ohne Kenntnisse über den Vorgänger hervorragend geeignet
+ Zugängliche Bedienung

CONTRA:

– Erzählerische Tiefe reicht nicht ganz an die Qualität des Vorgängers heran…
– …auch die Charaktere sind nicht ganz so prägnant
– Wesentlich weniger animierte Sequenzen als in Teil 1
– Sehr repetive Nebenmissionen
– Spielgeschehen wechselt oft zwischen vertonten und nicht vertonten Dialogen
– Insgesamt zu leicht

                                                   
   GESAMTWERTUNG:     88%

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