The M-Factor: One Night Stand III.5 – Das zu erwartende Ergebnis

                                                   Verfasst von General M

   Eigentlich hatte ich angenommen, dass es länger dauern würde, bis sich ausreichend Kommentare unter der letzten Kolumne ansammeln würden, um mein kleines Experiment zu beenden. Letztendlich hat es gerade mal einen Abend und eine Nacht gedauert. Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich unter meinen Kommentaren immer sehr gespaltene Meinungen sammeln. Es gibt Support, aber auch eine Menge Hate. Das ist gut so, das ist beabsichtigt. Denn wie ich bereits in der Einleitung zu ONS III geschrieben habe, locken Kontroversen immer mehr Menschen an, als irgendetwas sonst. 

    Was also war geschehen? Verfasst wurde eine Kolumne, deren Hauptthema die verzerrte Wahrnehmung des WWE – Geschehens und dessen Probanden ist, besonders in Hinsicht auf Nakamura und Co., welche von all jenen, die Wrestling über die WWE hinaus verfolgen als eben die Weltstars im Business wahrgenommen werden, die sie eben sind, während andere die Leistung und den Charakter basierend auf den ihnen vorgeschriebenen Aktionen und Matchabläufen samt Storys im Rahmen des wöchentlichen WWE – Ablaufs wahrnehmen, dabei aber nur schwer bis gar nicht über den Tellerrand blicken können. Eben jener Teil, der übrigens nahezu 90% der gesamten Kolumne ausgemacht hat, wurde mit viel Zustimmung bedacht. Dafür bedanke ich mich. Ein Großteil der negativen Kritik, welche wiederum mit der Oberflächlichkeit und Bedeutungslosigkeit verfasst wurde, welche mir vorgeworfen wird, bezieht sich aber gar nicht auf diese 90%, sondern auf die 10%, die sich negativ über einen Roman Reigns äußern. Jetzt betrachten wir die Sache aber mal im Detail. Wenn man mal genau hinschaut, erkennt man, dass es eigentlich zu keinem Zeitpunkt ein Bashing gegen Reigns gegeben hat. Nirgendwo ist zu lesen, er wäre frei von Talent. Nirgendwo steht, feuert den Mann! Darüber hinaus wurde das entsprechende Banner auf der Hauptseite, auf welchem Roman Reigns samt Titel „Wie man Salami als Fleischwurst verkauft“ weder von mir erstellt, noch genehmigt. Die dargelegten, humorvoll gemeinten Random Reigns Facts™ sind nicht mal beleidigend oder dahingehend als Beleidigung ansatzweise ernst zu nehmen. Und doch brennt vielen Leuten trotzdem sofort die Sicherung durch. Warum ist das so?

    Dass Wrestling nunmal eine Unterhaltungsshow ist, die hauptsächlich auf sportlichen Elementen basiert, muss niemandem gesagt werden. Selbstverständlich vermag uns auch das zu unterhalten, von dem wir wissen, dass es im Ablauf gestellt ist. Wer diese Tatsache nicht akzeptieren kann, sollte mit dem Wrestling gar nicht erst anfangen. Homer Simpson ist auch ein fiktiver Charakter und trotzdem in aller Welt bekannt und beliebt. Selbst fiktive Charaktere stellen etwas dar, dass wir uns zum Vorbild nehmen können, über das wir diskutieren können, von denen wir uns unterhalten lassen dürfen. Diversität ist der Menschheit höchstes gut, dazu zählt auch, dass Menschen unterschiedlicher Meinung sind. Ich betrachte die WWE beispielsweise gerne als eine Tüte Colorado. Ich liebe die Himbeeren, finde die Gummibärchen okay, aber verabscheue die Lakritze. Andere sehen das vielleicht ebenso, wieder andere genau umgekehrt. Die essen die Lakritze zuerst und finden die Himbeeren zum Kotzen. Eine einfache Metapher, ein einfacher Prinzip. Für den einen mag ein Roman Reigns eine Himbeere sein, für andere ist er, was für mich die Lakritze sind. Von mir aus auch ein Gummibärchen, welches eben einfach in der Tüte ist und dem man keine große Beachtung schenken mag. Und das dann ein jeder seine Lieblingsingredienz in einer Diskussion verteidigen möchte, ist absolut legitim. Wenn diese Auseinandersetzung auf satirische Weise geführt wird, dann sollte jeder Leser wissen, dass ich es dennoch mit einem tiefen (wenn auch nicht immer sichtbaren) Respekt gegenüber allen, wirklich allen Performern tue, welche 365 Tage im Jahr jeden Tag on the road sind, um uns, die Fans auf aller Welt in irgendeiner Form zu unterhalten. 

    Für mich persönlich, als jemand der nun seit Ende der Neunziger Wrestling schaut und der auch Jahre später voller Begeisterung dafür war, dass Bobby Lashley in einem Friday Night Smackdown – Match gegen Finlay ein Auto umgeworfen hat, wird Roman Reigns aber immer ein Charakter sein, der vielen Fans gegen ihren Willen zwangsverfüttert wird. Reigns selbst, der Charakter den er darstellt wohlgemerkt, nicht die Privatperson. Dass er wohl stets einen schweren Stand haben wird, liegt nicht zwangsläufig an ihm selbst. Viel mehr an der oftmals kritisierten und verblendeten Haltung von Vince McMahon, welcher ihn seit Jahren gegen alle Widerstände zum Top Face der Company aufbauen will und dabei jedwede Kritik vollständig ignoriert. Und exakt darum ging es auch in der Kolumne: Darum, dass die Entscheidungen von oben, der Chefetage und dem Kreativteam, einen entscheidenen Einfluss darauf haben, wie wir einen Performer und die Rolle, die er verkörpert, wahrnehmen. Darauf bauen wir unsere Meinungen auf, versäumen es dabei aber viel zu oft, über den Tellerrand hinaus zu blicken. Dabei muss man aber auch sehr zwischen einem Roman Reigns und Shinsuke Nakamura differenzieren. Letzterer war bereits vor seiner WWE – Karriere ein absoluter Topstar in Japan, gleiches gilt für Asuka, AJ Styles und Kevin Owen, die Liste ist diesbezüglich lang. John Cena, Roman Reigns und sogar ein Jason Jordan sind aber in der WWE erschaffene Produkte, die vorher nirgendwo anders in den Ring gestiegen sind, sondern von der Grundauf in den alten Farmligen und zuletzt dem Performance Center ausgebildet worden sind um das zu werden, was sie heute sind. Dass diesen „Eigenkreationen“ auf Dauer oftmals größere Bedeutung beigemessen wird als den teuer eingekauften Weltstars, ist dabei rein ökonomischer, rein geschäftlicher Natur. Natürlich hat ein Eigenname zu Beginn seiner Zugkraft stets weniger Bedeutung als ein bereits überall bekannter Superstar, bietet dafür aber auch weitaus mehr Möglichkeiten in der Gestaltung seines Charakters und kostet dabei trotzdem weniger. Beide Kategorien unterliegen zwar trotzdem der Vorschrift der Chefetage, aber im Endeffekt hat die WWE die hauseigenen Pferde im Stall immer etwas mehr hervorgehoben, frei nach dem Motto einer Präsentation: „Den da, den haben wir übernommen. Aber DEN da, den haben wir GEMACHT.“ Und nur darum geht es. So wird Salami als Fleischwurst verkauft. Das war das Thema der Kolumne. Verdienen diese Eigenkreationen nicht auch die Chance, den gleichen Erfolg und den gleichen Ruhm zu genießen? Sie verdienen sie absolut, müssen aber geduldiger aufgebaut werden. 

   Kritisiert wird ja oftmals, dass die schlechte vorgeschriebene Darstellung eines Charakters immer beim Creative Team zu suchen ist und ich vertrete die Meinung, dass ein Großteil dieser Schuld auch genau dort zu finden ist. Andererseits (und das sollte man keineswegs vergessen), ist natürlich auch der Darsteller selbst verpflichtet, für eine gute Darstellung grundlegendes Talent mitzubringen, ein Roman Reigns ist noch jung im Business und hat noch viel Zeit, sich weiterzuentwickeln, besonders am Mikrofon fällt es ihm einfach noch schwer, das zu tragen, was ihm von oben zugedacht wird. Dabei liefert er allerdings schon solide Leistungen im Ring ab, ist in meinen Augen aber noch nicht soweit, das Gesicht einer ganzen Company zu sein. Dass er bei diesen momentanen Schwächen aber bereits krampfhaft als solches dargestellt werden soll ist, was viele so verärgert, während mich stets so wütend macht, dass man seitens der WWE partout nicht die nötige Geduld aufbringen kann, diesen Aufbau langsam und gemessen am persönlichen Fortschritt des Athleten zu vollziehen. Und diese Praxis ist seit Jahren bei so vielen Stars Gang und Gebe. Versteht ihr, es geht prinzipiell gar nicht um Reigns selbst, der kann wenig dafür, aber er ist momentan DAS Beispiel für vieles, was in der Planungsetage der WWE schiefläut, da so viele andere wenigstens im Augenblick viel mehr verdient hätten, das Aushängeschild der WWE zu sein. Wenn es also soweit kommt, dass sofort die Fluch- und Schimpfkelle ausgegraben wird, wenn man nur das Gefühl hat, dass diese Kritik dem persönlichen Empfinden wiederspricht, dann kann ich das nur belächeln. Denn ich sehe mich dann deswegen im Vorteil, weil ich diese andere Meinung respektieren kann, ohne gleich ausfallend zu werden.  

   Großen Respekt hatte ich vor dem Kommentar, welchen „Jana RomanEmpire“ verfasst hat und der eines der zentralen Probleme verdeutlicht, welche die Kolumne ganz subtil durch die Kommentare entlarven wollte. Jedem Fan, der Spaß am Programm der WWE hat und über dies mit Leidenschaft Fan eines Charakters ist, sollte stets respektvoll behandelt werden, auch wenn der entsprechende Charakter vielleicht nicht jedermanns Liebling ist. Jemanden dafür zu bespucken und zu beleidigen, weil eine Meinung aufgrund eines Plakats, Shirts oder Social Media – Posts nicht mit der eigenen Meinung konform ist, ist inakzeptabel. Gleiches gilt für die kritische Auseinandersetzung mit einer Kolumne. Satire ist selten nur oberflächliche Beleidigung. Wer sie als solche betrachtet, hat das Prinzip nicht verstanden. Ich lege immer großen Wert darauf, dass ihr ein intelligenter, streitbarer Kern zugrunde liegt. Umso mehr erschreckt es mich, wenn man so Sachen liest wie „Dann schau halt kein WWE mehr“. Klar, die Möglichkeit besteht. Aber wäre das nicht etwas zu einfach? Würde es nicht am Ende jemanden schlicht dazu animieren, sein Recht auf Kritik abzutreten, nur weil jemand anderem diese Kritik nicht passt? Nein, niemals. Denn dann lässt man genau diejenigen gewinnen, die genau das sind, was sie anderen vorwerfen.

   Man darf alles kritisieren. Kann sich darüber ärgern, dass der Wetterbericht sagt, dass die Woche aus sechs Tagen Sonne, aber einem Tag Regen besteht. Wenn es dann regnet, ist der Wetterbericht schuld. Auf der anderen Seite freut sich jemand nach den sechs Tagen auch einfach mal über einen Schauer, wird daraufhin aber von dem Sonnenanbeter blöd angemacht. Und doch ist die WWE am Ende wie das Wetter. Gelegentlich wissen wir im Vorfeld, was uns erwartet. Und doch schauen die allermeisten von uns jeden Tag neugierig aus dem Fenster und werden vielleicht überrascht, dass sich die Vorhersagen geirrt haben. In dieser oder jener Hinsicht. 

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