Microsoft Flight Simulator – „Auf den Schwingen der Freiheit“

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                                                       Getestet und verfasst von General M

71VHTcdC1L. SL1295 Die Menschheit kann in ihrer langen Geschichte auf zahlreiche Errungenschaften zurückblicken. Eisenbahn und später das Automobil ermöglichten es uns, schneller und weiter zu reisen als der menschliche Körper erlaubt. Was blieb, war der Traum vom Fliegen. Und auch der sollte schließlich irgendwann Realität werden. Heute ermöglichen es uns Flugzeuge, in Rekordzeit fast problemlos jeden Winkel der Erde zu erreichen. Aber auch Hobbypiloten durften mit der Zeit vom Wohnzimmer aus ihren ganz eigenen Traum der Freiheit verwirklichen, bereits 1982 erschien der erste Flugsimulator für heimische PC´s. Dass sich seitdem einiges getan hat, beweist der Microsoft Flight Simulator seit knapp einem Jahr eindrucksvoll und schickt sich nun endlich an, erstmals auch Konsolen zu erobern. 

             Hinweis: Sämtliches Bildmaterial wurde auf der XBOX Series X aufgenommen. 

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Über den Wolken…

Doch was bedeutet „Freiheit“ im Rahmen eines Videospiels überhaupt? Bisher war es so, dass selbst umfangreichsten offenen Welten immer irgendwo eine Grenze gesetzt war. Spätestens wenn man sich etwas zu weit in offene Gewässer hinauswagt, stößt man á la Truman Show entweder gegen unsichtbare Barrieren oder wird mit verschiedenen Formen von Gewalt zurück auf begehbaren Grund gezwungen. Die Frage, was hinter diesen Grenzen liegt, bleibt unbeantwortet. Und eben diese Grenzen gibt es beim Microsoft Flight Simulator nicht. Hier wartet nicht weniger als der gesamte Globus darauf, von euch erkundet zu werden. Zur Auswahl stehen dafür unkomplizierter Freiflug oder eine ganze Reihe vorgefertigter Routen und Challenges. Wo ihr eure Reise starten wollt, ist dabei ganz egal. Entweder wählt ihr einen der weltweit 37.000 Flughäfen aus und hebt anschließend mit einer der insgesamt 24 im Basisspiel enthaltenen Maschinen höchstpersönlich vom Boden ab, oder aber ihr lasst euch bequem auf einem x-beliebigen Punkt der Welt direkt in der Luft absetzen. Wie es danach weitergeht, liegt ganz alleine bei euch. 

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Die eigene Stadt samt Haus überfliegen? Kein Problem. Ein Rundflug über Paris, vorbei am Eiffelturm? Logo. Dicht über der afrikanischen Steppe Elefanten, Zebras und Co. bewundern? Auch das ist möglich. Theoretisch könnt ihr in Hamburg starten, einmal die gesamte Erde umrunden und dann wieder dort landen, wo ihr angefangen habt. Kurzum, der Microsoft Flight Simulator definiert spielerische Freiheit völlig neu. Doch wie funktioniert das Ganze überhaupt? Statt die ganze Erde in Dateipakete zu verpacken, die wahrscheinlich jede noch so große Festplatte der Gegenwart sprengen würden, nutzt das Spiel aktuelle Satellitendaten inklusive Wetterinformationen in Echtzeit als Basis. Im Anschluss berechnet eine K.I. basierend auf diesen Daten dann die Spielwelt, ein Großteil der Daten wird von riesigen Servern abgerufen und dann über Clouddienste direkt auf euren Bildschirm gestreamt. Um die Ergebnisse bestmöglich genießen zu können, solltet ihr im Idealfall also eine schnelle Internetverbindung mitbringen. Trotzdem müsst ihr alleine für das Basisspiel knapp über hundert Gigabyte Speicherplatz freiräumen. Die optionalen, aber empfehlenswerten World Updates verschlingen gegenwärtig gut weitere dreißig Gigabyte. Gerade für Besitzer der etwas weniger gut bestückten XBOX Series S eine schwierig zu bewältigende Datenmenge, welche in Zukunft weiter anwachsen dürfte.  

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Leider lassen sich Erweiterungen aller Art wie schon auf dem PC auch auf XBOX Series X|S nur direkt über den Ingamestore abrufen und herunterladen, der wie alle anderen Menüs auch nicht unbedingt ein Vorreiter in Sachen Übersichtlichkeit darstellt. Sich durch die zahlreichen verschachtelten Blockmenüs zu wuseln ist mit Controller ungleich schwerer als via Maus und Tastatur. Ferner verstecken sich unter den kostenlosen Inhalte auch zahlreiche, für die ihr teilweise unerhört kräftig in die Tasche greifen müsst. Bessere Flughaftentexturen für knapp vierzehn Euro zählen da noch zu den preisgünstigeren Angeboten. All das stammt übrigens nicht von Microsoft oder dem Asobo Studio selbst, sondern von Drittanbietern. Zum Glück ist all das komplett optional und hat keinerlei Einfluss auf die Spielbalance. Es bleibt letztendlich also wie immer komplett euch überlassen, ob ihr für ein paar neue Flugzeuge etc. nochmal Geld ausgeben wollt. 

Aus nächster Nähe

Blutige Fluganfänger werden mit dem Microsoft Flight Simulator ebenso viel Spaß haben wie erfahrene Hobbypiloten oder sogar Berufsflieger. Damit das Frischfleisch mit den Rädern überhaupt von der Startbahn kommt, stehen umfangreiche Tutorials zur Verfügung, die euch von der grundlegenden Bedienung über Start und Landung bishin zur Instrumentenkunde sowie Navigation mit viel Ruhe und Geduld durch die virtuelle Ausbildung geleiten. Hat man danach immer noch Schwierigkeiten, kann man über tonnenweise frei zuschaltbarer Hilfen verbliebene Defizite mühelos ausgleichen. Wer will, kann sogar sämtliche Aspekte komplett vom Autopiloten managen lassen. Alles, was ihr dann noch tun müsst ist, die schöne Aussicht zu genießen. Die vielen Optionen zur Regulierung des Realitätsgrades sorgen dafür, dass sich das Spiel jedem Anspruch anpassen lässt. 

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Sobald man aber erst ein Gefühl für die einzelnen Flugzeuge samt deren spürbar unterschiedlicher Bedienung entwickelt hat, traut man sich ganz automatisch zu mehr und mehr Eigenverantwortung, erste Erfolge mit stetig weniger Hilfen motivieren zu immer neuen Herausforderungen. Dann dauert es nicht lange, bis man nicht nur alte Propellermaschinen, sondern auch einen hochmodernen Airbus gelassen über die Koninente manövriert. Die Liebe zum Detail, mit welcher sämtliche Flugzeuge von außen bis innen für den virtuellen Rundflug nachgebaut worden sind, ist einfach nur sensationell. Umso mehr ist es schade, dass der Besuch im Hangar lediglich lohnt, wenn man Lackierungen ändern will. Freies Betreten oder eine Außenbesichtigung aus der ersten Person wird einem nämlich nicht gestattet, selbst ein mittlerweile in den meisten Spielen rudimentärer Fotomodus fehlt komplett. Aus der aktiven Pause heraus lässt sich zwar Bildmaterial auf gewohntem Wege aufnehmen, dabei im Vorfeld das HUD ausblenden oder mit schicken Filtern nachhelfen bleibt aber ein Wunschtraum für die Zukunft. 

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Was das Spiel so faszinierend macht, ist seine immense Sogwirkung. Ich persönlich habe mit dem Fliegen nie viel am Hut gehabt und versuche es in der Realität sogar so gut es geht zu vermeiden. Und trotzdem wurden aus geplanten ersten dreißig Minuten mit dem Microsoft Flight Simulator in Windeseile ganze drei Stunden. Drei Stunden, in denen mir immer neue Ziele einfielen, die ich entdecken wollte. Das Haus der Großeltern, ehemalige Urlaubsorte, bekannte Wahrzeichen. Und just, wenn man sich sagt, dass es für einen Abend genug ist, kommen einem direkt die nächsten Ideen und man schaltet die Konsole gleich wieder an. Weil unter anderem für Deutschland aber gegenwärtig noch kein World Update verfügbar ist (soll im kommenden Monat nachgereicht werden), sollte man sich abseits größerer Städte nicht zu sicher sein, dass man die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen – lasst es zum Beispiel eine Straße in Pinneberg sein – momentan nicht oder zumindest nicht so wie erwartet vorfinden wird. 

Kein schöner Land

Der Microsoft Flight Simulator zählt grafisch zweifelsohne zu den schönsten Spielen, die man gegenwärtig auf dem Markt finden kann. Dass so viel Schönheit ihren Preis hat, war abzusehen, selbst die leistungsstärkste Hardware vermag es gegenwärtig nicht, den Titel in nativem 4K bei maximierten Details konstant auf mindestens 60 Frames pro Sekunde laufen zu lassen. Wie also, fragten sich die meisten Leute vor Release der Konsolenfassung, soll das ohne große Abstriche überhaupt auf XBOX Series X|S laufen? Die einfache Antwort: Es geht. Und das sogar ohne nennenswerte Abstriche bei der Grafikqualität. Beide Versionen agieren extrem nahe oder sogar identisch an den Höchsteinstellungen der PC-Version, sind jedoch bei maximal 30 Frames pro Sekunde gelocked. Echtes 4K gibt´s auf der XBOX Series X, während der kleine Bruder mit 1080p auskommen muss. Und das war´s im Grunde schon. Im Kern bedarf es auch keiner höheren Bildrate, denn das Spiel lebt weder von schneller Action noch erfordert es hektische Eingaben. Die angepeilten 30 Frames sind also mehr als zweckdienlich. 

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Obwohl beide Konsolen die angepeilte Bildrate in den allermeisten Fällen problemlos erreichen und auch halten können – wobei die XBOX Series S auflösungsbedingt sogar minimal stabiler läuft als der große Bruder -, kann es besonders in den dichtbesiedelten und nachträglich von Hand verbessert dargestellten Stadtgebieten wie New York, Tokyo und Co. immer mal wieder zu kleineren Einbrüchen kommen. Grundsätzlich gilt: Je näher am Boden, desto mehr gerät die Hardware ins Schwitzen. Da Objekte wie Gebäude und Vegetation allerdings aus der Nähe betrachtet alles andere als hübsch ausschauen , hat man gleich zwei Gründe dafür, lieber oberhalb zu fliegen und den Rest seiner Fantasie zu überlassen. Satellitendaten und K.I. erschaffen zwar eine realistische Basisumgebung, um aber jedes einzelne Gebäude samt allen Details komplett wirklichkeitsgetreu darstellen zu können, werden locker noch ein paar Jahre ins Land gehen. Alles in allem kann man aber jetzt schon voll zufrieden sein. Das Wagnis, einen so anspruchsvollen Titel auf aktuelle Konsolen zu bringen, ist trotz kleinerer Optimierungsschwierigkeiten definitiv gelungen. 

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Gleiches gilt für die Bedienung via Controller. Lässt man die fummeligen Menüs außer Acht, lässt sich der Microsoft Flight Simulator relativ problemlos mit dem Gamepad bedienen. Zusätzliche Peripherie, beispielsweise Steuerknüppel und Pedalen, sind optional erhältlich und verbesserten den Steuerungskomfort noch weiter, von der zusätzlichen Immersion einmal abgesehen. Nur in bestimmten Situationen fühlt sich die Bedienung etwas überladen an, weil neben der regulären Bedienung noch zahlreiche Tastenkombinationen genutzt werden müssen, die man erst erlernen muss. Wem das alles zu umständlich ist, kann übrigens auch Maus und Tastatur an die Konsole anschließen, was die Menüführung erleichtert, dafür aber während der Flüge selbst Einbußen bei der Präzision bedeutet. Da das Spiel kein Quick Resume unterstützt, solltet ihr darauf achten, bereits begonnene Touren vor dem Verlassen zu speichern. Trotz schneller SSD müsst ihr euch zu guter letzt noch auf recht ordentliche Ladezeiten von bis zu einer Minute einstellen.

Fazit und Wertung 

profilbildapril„Wer im Vorfeld zur um knapp ein Jahr verspätetet aufschlagenden Konsolenfassung des Microsoft Flight Simulator davon überzeugt gewesen ist, dass die Hardware der aktuellen Generation nicht genug Leistung bieten würde, um einen DER Hardwarefresser schlechthin auf Konsolen lauffähig zu machen, muss spätestens jetzt eines Besseren belehrt zurück in seinen Keller huschen. Asobo Studio hat es geschafft, eine weitestgehend kompromisslose Portierung abzuliefern, die lediglich in Sachen Bildrate Abstriche hinnehmen muss. Was bleibt, ist ein auch auf XBOX Series X|S wunderschöner und atemberaubend atmosphärischer Simulator, der euch als Spielwiese nicht viel mehr offeriert als den gesamten Globus. Kleinere Mängel gibt es dagegen bei der etwas geringen Flugzeugvielfalt, Menüführung und Storeverwaltung. Auch die Bedienung ist nicht immer perfekt, zudem fehlen mir Optionen für eine bessere Erkennbarkeit der ausgeschriebenen Landmarks. Wenn die Macher jetzt noch einen Fotomodus nachliefern und das angekündigte World Update für Deutschland gut hinbekommen, wäre ich voll zufrieden. Doch auch gegenwärtig spricht absolut nichts dagegen, sich hinter das Steuer zu schwingen und eine bisher ungekannte Form der Freiheit zu erleben. Hier gilt wirklich: Nur echtes Fliegen ist schöner.“ 

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PRO:

+ Traumhaft schöne Panoramen
+ Detailverliebt nachgebildete Flugzeuge
+ Beeindruckende Weitsicht
+ Immense spielerische Freiheit
+ Umfangreiche Tutorials
+ Für Einsteiger und Profis gleichermaßen zugänglich
+ Tageszeit, Realismusgrad, Wetter und vieles mehr quasi komplett individuell anpassbar
+ Nützlicher Autopilot
+ Authentischer Funk

+ Gute musikalische Untermalung
+ Freies Speichern und Laden ist jederzeit möglich

+ Support für zusätzliche Peripherie abseits des regulären Controllers
+ Support für Crossplay und Crosssave

CONTRA:

– Grafische Qualität schwankt regionsbedingt
– Gebäude und Umgebung aus der Nähe nicht gerade ansehnlich
– Abseits des freien Fliegens nur sehr wenige vorgefertigte Missionen
– Relativ kleine Auswahl an Flugzeugen
– Schlecht an Konsolenbedürfnisse angepasste Menüführung
– Bildrate besonders in dichtbesiedelten Gebieten etwas wankelmütig
– Kleinere Bedienungsschwächen dank gelegentlich überladen wirkender Steuerung
– Umständlich: Updates lassen sich nur direkt über das Spiel beziehen
– Kostenpflichtige Zusatzinhalte maßlos überteuert
– Gegenwärtig sind nur eine Handvoll Mods mit der Konsolenfassung kompatibel
– Komfortfunktionen wie Fotomodus, Rücksetzoption oder Showcase werden vermisst

 
                                                 GESAMTWERTUNG:     8.6/10

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