The Quarry – „Blut und Butterpops“

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                                                           Getestet und verfasst von Exe

81On8ycilBL. SL1500 Mit Until Dawn bewiesen Supermassive Games seinerzeit eindrucksvoll, wie gut ein interaktives Horrordrama sein kann, wenn man den Machern nur ausreichend Budget für dessen Umsetzung zur Verfügung stellt. Die Qualität des PlayStation-Exklusivtitels hat das Studio seitdem nicht mehr erreichen können, alle bisher jährlich unter dem Label von Bandai Namco veröffentlichten Ableger der Dark Pictures Anthology humpeln dem großen Vorbild in sämtlichen Belangen hinterher. The Quarry soll endlich wieder an alte Stärken anknüpfen. Angetrieben von einem prominenten Cast macht sich das Spiel genüsslich über die Horrorklassiker der Achtziger her und entpuppt sich dabei tatsächlich als handfester Herausforderer für den Platzhirschden sich Publisher 2K Games aber auch erstklassig bezahlen lässt. 

                          Hinweis: Sämtliches Bildmaterial wurde mit der PC-Version erstellt. 

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Ein denkwürdiger Sommer

Die Kids sind gerade vom Grundstück gerollt, sämtliche Autos abfahrbereit beladen – Für den bunt gemischten Betreuerstab des Hackett´s Quarry Summer Camp neigen sich Wochen der Schufterei inmitten der unberührten Natur ihrem Ende zu. Nur Jacob trauert der anstrengenden Zeit nach, hat ihm Sommerromanze Emma doch jüngst den Laufpass gegeben. In der Hoffnung, das Schicksal in einer weiteren gemeinsamen Nacht doch noch zu seinen Gunsten wenden zu können, macht sich der Muskelberg am Motor zu schaffen – und ahnt nicht, was er damit heraufbeschwört. Bevor sich Campleiter Chris aus dem Staub macht, schwört er die Gruppe darauf ein, ja nicht das Haus zu verlassen. Aber die Verlockung, unter freiem Himmel Party zu machen, ist leider viel zu groß, als das die Gruppe um den rebellischen Dylan ihr widerstehen könnte. Kurzerhand werden Bier und Fressalien aus dem Vorratsraum geklaut, ehe man es sich unter dem Sternenhimmel bei strahlendem Vollmond gemütlich macht. 

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Keine gute Idee, denn der hell erleuchtete Himmelskörper ruft ein ganzes Rudel Werwölfe auf den Plan, die fortan unerbittlich Jagd auf Abigail, Nick, Kaitlyn, Ryan und den Rest der Betreuer machen. Gefangen im Funkloch und ohne Aussicht auf Rettung von Außerhalb muss sich die Gruppe bis zum Morgengrauen durchschlagen. Es dauert nicht lange, bis die Protagonisten getrennt werden und Nick sich nach einem Biss selbst in ein haariges Untier zu verwandeln droht. Dabei kommt es immer wieder zu Begegnungen mit einer Bande undurchsichtiger Hinterwäldler. Je näher der Morgen rückt, desto brutaler werden die Auseinandersetzungen. Wer ist Freund, wer ist Feind? Welches Geheimnis versucht die lokal ansässige Familie Hackett mit aller Macht zu verbergen? Und was ist eigentlich aus den beiden übrigen Betreuern geworden, die angeblich nie zum Dienstantritt aufgetaucht sind? Im verzweifelten Unterfangen, die Blutnacht zu überleben und den uralten Fluch endgültig aufzuheben, müssen ungewöhnliche Allianzen geschlossen werden. Antworten auf alle Fragen gibt es nur für jene, welche die richtigen Entscheidungen treffen und lange genug überleben, um die Sonne aufgehen zu sehen…

Bis zur Morgendämmerung

Man nehme das Setting von Freitag, der 13., vermenge es mit einer Handvoll spleeniger junger Erwachsener, würze kräftig mit einer Prise Evil Dead und fügt zum Abschluss noch Werwölfe hinzu – kräftig umrühren, fertig ist The Quarry! Das neueste Projekt von Supermassive Games erfindet das Rad inhaltlich keineswegs neu, funktioniert im Versatz aber trotzdem überraschend gut. Gekonnt nimmt die Spieleschmiede aus Surrey gängige Klischees der großen Horrorwelle in den Achtzigern auf die Schippe, verwebt diese aber gleichzeitig mit modernen Elementen, besonders bei den Charakteren hat man Wert auf zeitgemäße Manneurismen gelegt. Wo die Campaufseher in den Vorlagen oft als strohdumme Gestalten mit unkontrollierbarem Hormonhaushalt leichte Beute für den ambitionierten Massenmörder gewesen sind, müssen sich die Werwölfe einem merklich reiferen Wunschbuffet auf zwei Beinen entgegenstellen. Bei anfangs noch klar definierten Rollen – z.B. der dümmliche Pumper, das hippe Social-Media-Chick und die taffe Asiatin – verschwimmen die gängigen Klischees im weiteren Spielverlauf immer mehr.

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Bei circa zehn bis zwölf Stunden Spielzeit pro Durchgang bekommen die Charaktere angenehm viel Zeit zur Entfaltung, so dass sich jedes Ableben gewichtig anfühlt. Wokes Gewäsch muss man dabei bis auf einen sehr kurzen und gerade deswegen besonders aufgesetzt wirkenden Moment nicht befürchten. Zudem offeriert der Plot den ein oder anderen gelungenen Twist. Wer überlebt und wieviel man am Ende bezüglich der Hintergründe erfährt, liegt genretypisch wie immer ganz beim Spieler. Die zahlreichen Collectibles liefern wichtige Infos über die Familie Hackett, die Ursprünge des Fluchs und mehr, werden in Form von Beweisen teilweise aber auch für das bestmögliche Ende benötigt. Es lohnt sich also, nicht nur ein waches Auge auf die Betreuer zu haben, sondern auch auf deren momentane Umgebung. Der Wiederspielwert definiert sich ausschließlich darüber, wie groß der Anspruch des Spielers ist, jedes nur denkbare Ende zu erreichen und dabei jeden Stein umzudrehen. Wer unachtsam jeden Charakter bei der erstbesten Gelegenheit in sein Verderben führt, sieht den Abspann natürlich auch sehr viel schneller. 

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Was mir bei The Quarry im Vergleich zu Until Dawn ein bisschen gefehlt hat, ist die soziale Komponente unter den Betreuern. Letzteres beinhaltete die Möglichkeit, durch Dialoge und Entscheidungen Freund- und Feindschaften unter den Überlebenden zu intensivieren. Je nach Sympathiewert konnte es dann schonmal vorkommen, dass ein Charakter dem anderen in einer entscheidenden Situation nicht zur Hilfe eilte. Generell fühlt sich The Quarry in Sachen spielerischer Freiheit nochmal ein gutes Stück linearer als ähnlich gestrickte Titel an. Selbst The Dark Pictures Anthology ist da mit seinen freischaltbaren Persönlichkeitsattributen weiter gewesen. So richtige Schockmomente wollten sich bei mir ebenfalls nicht einstellen. Die Todesszenen sind herrlich blutig, die Atmosphäre allgegenwärtig düster und bedrohlich, richtiger Horror will sich aber besonders für Kenner der jeweiligen Vorbilder nie einstellen. Das Positive daran ist, dass einem zumindest nicht wieder die ewig wiederverwerteten lahmen Jumpscares vorgesetzt werden.

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Wer sich damit und dem gewohnten Mindestmaß an spielerischer Interaktion abseits zahlreicher QTE´s und Dialogentscheidungen arrangieren kann, bekommt mit The Quarry aber trotz aller kleinen Kritikpunkte den gegenwärtig besten Genrevertreter nach Until Dawn geliefert, dem man lediglich vorwerfen muss, dass er sich in vielen Momentan insgesamt etwas zu identisch gestrickt anfühlt und neue Ideen konstant vermissen lässt. So werdet ihr auch hier zwischen den einzelnen Kapiteln zur Audienz gebeten, dieses Mal wartet statt Psychodoktor und Kurator eine alte Hexe darauf, für euch auf Wunsch einen Blick in die mögliche Zukunft zu wagen. Und das ist nur eines von vielen möglichen Beispielen für das hier munter betriebene Copy and Paste. Das und einiges mehr sollte man vor dem Kauf gründlich bedenken. 

Außer Fassung

Ärgerlich ist, dass die Mehrspielerkomponente gegenwärtig nur lokal angeboten wird. Support für gemeinsames Gruseln mit Freunden via Internet soll in knapp einem Monat nachgereicht werden. Noch weniger begeistert bin ich von der Preisgestaltung des Spiels. Dass 2K Games beim Plattformwechsel auf Konsolen gerne extra in die Brieftasche der Konsumenten langt, ist längst nichts Neues. Dass man aber nur mit der überteuerten Deluxe Edition plattforminternen Zugang zur jeweiligen Fassung für alte und neue Hardware bekommt und dabei trotzdem komplett auf Crossplay verzichtet wird, ist gerade gemessen daran, dass solche Spiele im Team am meisten Spaß machen, wirklich unverzeihlich.

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Ein paar zusätzliche visuelle Filter, der sogenannte „Blutbad-Modus“ für den komplett interaktionsbefreiten Filmabend und eine vorab freigeschaltete Option, bei einem unbeabsichtigten Tod die Uhr pro Spieldurchlauf insgesamt dreimal zurückdrehen zu können, machen den Kohl wirklich nicht fett. Knapp siebzig Euro werden bereits für die Standard Edition auf XBOX One und PlayStation 4 fällig, bei der Current Generation kommt nochmal ein zusätzlicher Zehner drauf. Es ist klar, dass Spiele immer teurer werden. Und ja, The Quarry macht Spaß, wenn man sich auf das Spielprinzip einlassen kann – den extrem hohen Preis und die beispiellos unfreundliche Verbraucherpolitik beim Upgraden rechtfertigt das aber zu keinem Zeitpunkt. 

Schaurig schöne Technik

Mit David Arquette, Lance Henriksen und Lin Shaye haben die Macher einige der größten Horrorlegenden von der Leinwand direkt auf den Monitor geholt, ergänzt werden die Veteranen von einem ebenfalls nicht unbekannten Cast an Jungschauspielern, darunter Halston Sage, Evan Evagora und Ariel Winter, die ihren jeweiligen Charakteren im englischen Original natürlich auch ihre Stimmen leihen. Dass die Riege im Spiel so lebensecht wirkt, liegt am umfangreichen Motion Capturing im Verbund mit der Unreal Engine 4. Letztere sorgt mit ihren eindrucksvollen Licht- und Partikeleffekten einmal mehr für eine stimmige Atmosphäre, als Spieler fühlt man sich spätestens mit Einbruch der Nacht direkt in einen klassischen Horrorfilm versetzt, nur die Wasserqualität lässt zu Wünschen übrig. 

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Kleinere Bugs wie gelentliche Animations- und Physiksaussetzer sowie unschön über dem Boden schwebende Charaktere sind vorhanden, auch werden manchmal Untertitel eingeblendet, selbst wenn diese komplett deaktiviert worden sind. Insgesamt muss man sich bei The Quarry aber nicht mit den teils gravierenden technischen Schwierigkeiten eines The Dark Pictures Anthology herumplagen. Auch Abstürze sind mir über den Testzeitraum keine aufgefallen. Lediglich kleinere Ruckler beim Szenenübergang inklusive plötzlicher Texturnachlader kann es auf allen Plattformen geben – das allerdings ist seit jeher eine Kinderkrankheit der Engine und den Machern daher kaum zum Vorwurf zu machen. Wirklich gut gelungen ist dagegen die packende Geräuschkulisse inklusive Soundtrack. Dafür ist deutsche Synchronfassung nur sehr bedingt zu empfehlen, besonders die männlichen Sprecher klingen extrem unmotiviert und teilweise auch komplett falsch besetzt. Dann lieber zum Originalton wechseln und notfalls Untertitel zuschalten. 

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Auf PlayStation 4 und XBOX One inklusivere deren jeweils verbesserten Modellen ist The Quarry nur sehr bedingt genießbar. Maximal 30 Frames pro Sekunde sind auf der Last Generation möglich, was aber nicht weiter schlimm ist, da das Gesamterlebnis ohnehin eher filmischer Natur ist. Dafür muss das Spiel auflösungstechnisch teilweise krass Federn lassen. Auf den Basismodellen sieht der Titel durchgehend extrem matschig aus, was besonders auf Kosten der allgemeinen Atmosphäre geht. Eine PlayStation 4 PRO oder XBOX One X sollte mindestens vorhanden sein. XBOX Series X|S und PlayStation 5 bieten den besten Kompromiss aus Leistung und Optik, bei Auflösungen bis maximal 4K bleibt die Bildrate jedoch auf 30 Frames pro Sekunde beschränkt, was gameplaytechnisch aber in Ordnung geht. Die gut umgesetzte PC-Version bietet ausreichend Optionen zum Feintunung, um das Spiel auch auf Mittelklassehardware gut lauffähig zu machen. Für echtes 4K und Bildraten jenseits der 60 Frames sollte man aber über etwas potentere Komponenten verfügen. Eine SSD verkürzt die Ladezeiten zwischen den Szenen zudem auf gerade mal ein-zwei Sekunden. Nur der fehlende Support für Ultra-Wide-Displays dürfte Besitzern der hochpreisigen Panoramaschirme einmal mehr Kopfschmerzen bereiten. 

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Wer schon ein wenig Zeit mit Until Dawn und The Dark Pictures Anthology verbracht hat, dürfte mit der Steuerung von The Quarry vom ersten Moment an perfekt zurechtkommen. Neuankömmlinge im Genre freuen sich über die witzig animierten Tutorialvideos, die jeden wichtigen Aspekt der Bedienung erklären. Mit Maus und Tastatur sollte man jedoch nur spielen, wenn es gar nicht anders geht, denn dann bewegen sich die Betreuer eher klobig durch die Umgebungen, zumal die Kamera immer sehr nahe an den Charakteren bleibt und es das Spiel mit der Unschärfedarstellung gerne mal übertreibt, was das Manövrieren in vielen Situationen zusätzlich arg erschweren kann. Dafür gibt es Pluspunkte bei der Zugänglichkeit: Egal ob QTE´s, Atemspielchen oder Dialogauswahlfristen, all das und mehr lässt sich in der Schwierigkeit anpassen und auf Wunsch sogar komplett abschalten. 

Fazit und Wertung

profilbildapril„Das Rad neu erfindet The Quarry sicher nicht, dafür fühlt sich das Spiel in vielerlei Hinsicht zu sehr wie ein mechanisch entschlackter Reskin von Until Dawn an. In Kombination mit dem an die Horrorklassiker der Achtziger angelegten Setting, überwiegend gut geschrieben Charakteren und einer gelungenen Atmosphäre weiß das Spiel trotzdem zu gefallen. Die via Motion Capturing digitalisierten Schauspieler sorgen trotz gelegentlicher Aussetzer für bisher ungekannten Realismus. Echten Horror findet man in meinen Augen aber nur bei Preisgestaltung, der verbraucherunfreundlichen Upgradepolitik und den überwiegend miesen deutschen Sprechern. Zudem wird die Mehrspielerkomponente via Internet erst später nachgereicht. Wer sich nicht daran stört, bei einem Mindestmaß an Interaktion mehrere Spieldurchläufe zu absolvieren, wird mit The Quarry aber trotz aller Kritik gut bedient.“ 

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PRO:

+ Exzellenter Cast
+ Überwiegend gut geschriebene Charaktere und Story…
+ …mit vielen Referenzen auf das Horrorkino der Achtziger Jahre
+ Stimmige Atmosphäre
+ Hoher Wiederspielwert dank teils komplett unterschiedlicher Enden
+ Entscheidungen wirken sich spürbar auf das weitere Spielgeschehen aus
+ Zahlreiche Collectibles liefern nützliche Hintergrundinformationen
+ Toll gemachte Tutorialvideos
+ Optionaler Filmabend-Modus mit konfigurierbaren Parametern
+ Gute zehn Stunden Spielzeit pro Durchgang (abhängig von der Überlebendenanzahl)
+ Hervorragender Soundtrack
+ Zugängliche Bedienung via Gamepad
+ Vorbildliche Zugänglichkeitseinstellungen

CONTRA:

– Keine neuen Ideen
– Viele Elemente sind direkt aus Until Dawn wiederverwertet worden
– Kaum fordernd
– Mechanisch extrem repetiv
– Kaum bis keine echten Schockmomente
– Überwiegend miserable deutsche Sprecher
– Kein Crossplay
– Gegenwärtig kein KoOp via Internet möglich (Stand 11. Juni 2022)
– Gelegentliche Aussetzer bei Animationen, Mimik und Physik
– Kamera mit Macken
– Nicht mehr zeitgemäße Wasserdarstellung
– Teils viel zu krasse Unschärfeeffekte
– Klobige Maus- und Tastatursteuerung
– Völlig überteuert
– Konsolenfassungen leiden unter verbraucherunfreundlicher Upgradepolitik


                                                 GESAMTWERTUNG:     
7.2/10

  
                                         Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab
                                                               von 2K Games  zur Verfügung gestellt worden. 

Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.


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